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Vintage Computing Festival Berlin – Tag 1

Am Samstag, den 4.Oktober hat das Vintage Computing Festival Berlin im Pergamon Palais seine Tore geöffnet. Der Besucherandrang war recht beachtlich. Sehr schön zu sehen, dass nicht nur Nerds, sondern auch viele ’normale‘ Besucher und Familien kamen. So konnte dem staunenden Nachwuchs gezeigt werden, dass die Geschichte der Informationstechnik sehr viel mehr als nur Windows PC und iPads zu bieten hat. Im Laufe des Tages streiften auch mehrere Kamerateams durch die Ausstellung

Dot-Matrix Display zeigt die Veranstaltungen

Dot-Matrix Display zeigt die Veranstaltungen

Es gab nicht nur viel interessante Hardware zu sehen, sondern auch spannende Vorträge, wie auf dieser Anzeigetafel zu sehen ist. Ich selber habe mit „Über die Besonderheiten beim Sammeln historischer Grossrechner“ von Wolfgang Stief angesehen. Die paar alten Heimcomputer und PC, die ich selber besitze nehmen schon erstaunlich viel Platz weg, aber wo stellt man eine 30 Tonnen schwere Control Data Cyber 960 oder eine aus 12 19″ Racks bestehende Cray T3 hin? Aktuell stehen die Schätze des Computermuseum München in einem ausgemusterten Flugzeughangar. Die Herausforderungen solch einer Sammlung sind jedenfalls nicht gerade alltäglich, wie die Stichworte Gabelstaplerschein, Platzverbrauch, 63A Stromversorgung mit 400Hz usw. aufzeigen.

Von den ganz grossen zu den ganz kleinen Maschinen: Es wurden drei Generationen von Hewlett Packard Tischrechnern von 1969 bis 1975 gezeigt. Das geöffnete Modell HP9810A aus dem Jahr 1971 hatte ein dreizeiliges numerisches Display, konnte sage uns schreibe 111 Zahlen und 2000 Programmschritte speichern. Das genügte, um die komplexe Zeichnung zu berechnen, die der angeschlossene Plotter zu Papier brachte. Das Modell wurde ursprünglich zur Berechnung von Baustatik verwendet.

70er Jahre Tischrechner von Hewlett Packard

70er Jahre Tischrechner von Hewlett Packard

Das Thema Ein- und Ausgabegeräte war ohnehin interessant. Bis hinein in die 70er Jahre war der Einsatz von Fernschreibern als Ein-/Ausgabemedium nicht ungewönlich. Das an der PDP-11/34 angeschlossene Modell Teletype ASR33 war seinerzeit ein preiswertes Standardgerät. Mir fiel sofort eine Besonderheit auf, die es von normalen Fernschreibern unterschied: Anstatt die Fernschreibverkehr üblichen 17,5mm Lochstreifen mit 5 Datenlöchern verwendet der Leser/Stanzer 1 Zoll breite Lochstreifen mit 8 Datenlöchern. Er ist damit kompatibel zu den Medien, die DEC für die Speicherung von Programmen und Daten verwendet hat.

Fernschreiber als Terminal

Fernschreiber als Terminal

Lochstreifen als Programmspeicher

Lochstreifen als Programmspeicher

Der Fernschreiber und die Lochstreifen gehörten zu einer mit dem Betriebssystem RT-11 betriebenen PDP-11/34 ungefähr Baujahr 1976. Es ging zu der Zeit allerdings auch schon wesentlich moderner. Die ältere PDP-8/e von 1970 war mit zwei Wechselplattenlaufwerken und einem Doppel-Magnetbandlaufwerk ausgestattet und wurde über ein VT05 Videoterminal bedient. Dieses extrem stylishe Gerät von 1970 war mein erster Berührungspunkt mit Computern. Es muss so um 1972/73 herum gewesen sein, als mich ein Kollege meiner Mutter auf solch einem Terminal hat herumtippen lassen. Wir haben aus ASCII Zeichen ein Burg gemalt…

DEC VT05 Videoterminal

DEC VT05 Videoterminal

DEC PDP8/e

DEC PDP8/e

Ein kleiner Wehmutstropfen war, dass ich die Mailbox nicht zum Laufen bekommen habe. Den Rechner und die Software hatte ich in den letzten Wochen sorgsam vorbereitet, aber am ersten Tag ging die Pufferbatterie für den CMOS Speicher kaputt. Leider war auf die Schnelle kein Ersatzteil aufztreiben. Ein ersatzweise herangeschafter PC hatte Probleme mit dem SCSI CD-ROM Controller. Kaum war das Problem gelöst, fiel vier Mal hintereinander der Strom aus, während ich gerade dabei war, den das Betriebssystem neu aufzusetzen. Mittlerweile war es 12:30 und die Telefonanlage, an die das Modem angeschlossen war, hatte sich von den Stromausfällen auch nicht mehr erholt.

Sehr sehr ärgerlich.

Immerhin hatte zum Thema „Onlinedienste“ ein recht interessantes Gespräch mit Eva Kudraß, die als wissenschaftliche Mitarbeiterin im Deutschen Technikmuseum für die Computerabteilung zuständig ist. Das Bewahren alter Rechner und Software ist schon aufwändig genug, aber die Onlinedienste (BTX, Mintel, Plato, BBS, …) sind spurlos verschwunden, sobald sie abgeschaltet wurden. Wie dieses Problem gelöst werden kann, ist noch völlig unklar.

Mir fiel die fast durchgehen enorm hohe mechanische Verarbeitungsqualität der alten Hardware auf. Fast alle Ausstellungsstücke – abgesehen von einigen extrem günstigen Heimcomputern – hatten massive Metallrahmen, solide Tasten, waren in sauberen Modulen aufgebaut und generell sehr servicefreundlich. Heute haben wir schnelle, billige Wegwerfcomputer, die eher an Tupperwaredosen erinnern. Schade.