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„Why I still use DOS“ und warum ich das sehr gut verstehe

Gerade macht die Aussage von George RR Martin, dem Autor von Game of Thrones, die Runde, dass er auf einem völlig veralteten Rechner schreibt (siehe BBC Artikel). Er nutzt Wordstar 4.0 auf einem Rechner unter MS-DOS.

Kopfschütteln und Lachen

Bei vielen wird er damit auf Missverständnis stoßen. In dem unten gezeigten Interview schütten sich die Zuhörer aus, vor Lachen. Er selber bezeichnet sich als Dinosaurier und bedient damit (auch optisch) das Klischee von dem alten Mann, der irgendwie stehen geblieben ist und den alten Zeiten nachtrauert.

 

Nicken und Zustimmung

Der Eindruck täuscht. Ich halte Martin nicht für rückständig, sondern für zielorientiert. Er fokussiert sich auf das Ziel, eine Geschichte zu schreiben. Dazu benutzt er das Werkzeug, das ihn am besten dabei unterstützt. Martin ist der Meinung, dass dieses alte System wesentlich besser dafür geeignet ist, als moderne Software auf neuen Rechnern. Als Begründung führt er vor allem die automatische Rechtschreibkorrektur an, die regelmässig seine Texte zerschreddert. Das führte im Internet zu wohlmeinenden Kommentaren, wie bei Office die Rechtschreibkorrektur auszuschalten ist. Diese Kommentare gehen aber eigentlich am Problem vorbei, denn Martin hat recht. Er ist in diesem Fall der Experte. Wer hier eindeutig nicht Experte ist:

  • Börsenanalysten, die Softwarefirmen bewerten
  • Marketing Spezialisten von Software Firmen
  • Produktmanager von Software Firmen
  • User Interface Designer bei Software

Die o.g. Personengruppen haben zum Ziel, ständig neuen Umsatz zu erzeugen, indem sie ständig neue Software auf dem Markt bringen.

Martin hingegen will nur ein möglichst effizientes Werkzeug zum Schreiben. Er sagt „I like Wordstar 4.0. It’s a word processor that does everything I need. And it does nothing else“ und bringt damit eine zunehmend problematische Entwicklung auf den Punkt:

Die digitalen Werkzeuge werden schlechter

Die Autokorrektur ist nur ein Beispiel unter vielen: Ständige Ablenkung durch aufpoppende Nachrichten, Update Meldungen, E-Mails, Twitter Nachrichten und so weiter. Permanente Nerverei durch Antiviren Software, Firewalls, Zwangsupdates, Bedienoberflächen, die alle paar Monate geändert werden, Daten die man nicht mehr lokal speichern kann, gültige URLs, die der Browser nicht akzeptiert, weil sie nicht mit www anfangen oder mit .com aufhören.

Zwang, Besserwisserei, Bevormundung, Überfrachtung, wohin man auch sieht. Und weil Computer mittlerweile in so ungefähr alles eingebaut werden, gibt es auch keine reifen Produkte mehr. Immer muss irgendwas upgedatet und ausgebessert und nachgerüstet werden. Junge Leute von heute wissen vermutlich gar nicht, dass man ein Produkt früher fertig entwickelt hat, bevor man es auf den Markt brachte.

In der Vergangenheit, haben uns Computer viel Nützliches gebracht: Bessere Produkte durch präzise Fertigung, Saubere Motoren und Heizungen durch bessere Steuerung, demokratisierung der Medienproduktion und so weiter.

Ich werde aber das Gefühl nicht los, dass sich die Entwicklung der Nützlichkeit vor einiger Zeit den Höhepunkt erreicht hat und nun eher wieder sinkt.

Gibt es neben Peak Oil vielleicht auch Peak Digital – den Zeitpunkt, ab dem es mit der Nutzung digitaler Güter wieder abwärts geht?