tiny little gizmos

…aber er arbeitet!

Heute war ein etwas seltsamer Tag.

Auf dem Weg zur Arbeit bin ich morgens fast verprügelt worden, weil… tja, weil ich die Treppe von der S-Bahn herunterging. Der Vollständigkeit halber: Der Typ war Deutsch, Mitte 30, gut gekleidet mit Mantel und Stockregenschirm, den er mir auf der Treppe absichtlich zwischen die Beine schob, bevor er mir Prügel androhte. Was für ein scheiß Psycho…

Kurz danach werde ich gefragt wo es zum Bundeskriminalamt geht. In Treptow? Ich dachte das ist in Wiesbaden, aber was weiß denn ich…

Den Nachmittag hatte ich frei genommen und wollte zu einem Modellbaufachgeschäft in Reinickendorf – also quer durch Berlin. Ich gehe zur S-Bahn, steige ein – und das Ding fährt in die entgegengesetzte Richtung los. Was zum Geier…? Nächte Station ausgestiegen und die Bahn in die richtige Richtung genommen.

Reinickendorf - verkehrsgünste Lage

Reinickendorf - verkehrsgünste Lage

Wirklich bemerkenswert fand ich aber, dass ich heute den Halbsatz „…aber er arbeitet“ gleich drei mal gehört habe. Jedes mal gingen zwei Frauen an mir vorbei, die sich unterhielten und ich hörte jedes mal dieses Satzfragment. Einmal in Reinickendorf als ich aus dem Geschäft kam (Deutsche, vermutlich Arbeitermilieu), einmal im Wedding in der S-Bahn (Türkinnen, die sich auf Deutsch unterhielten) und einmal im Prenzlauer Berg (Deutsch, Mittelschicht).

Mich würde mal interessieren, wie jeweils die erste Satzhälfte war. „Er verprasst Geld für seine blöden Hobbies, aber er arbeitet.“, „Er säuft und vögelt rum, aber er arbeitet“, „Er trägt rosa Spitzenunterwäsche, aber er arbeitet“. Was auch immer.

Jedenfalls scheint es millieuübergreifend bemerkenswert zu sein, wenn „er arbeitet“.

Der E-Commerce Zirkus gastierte in Jena

Vom 12. bis zum 14. März fand das eCommerce Camp 2015 in Jena statt. Im Vorfeld hatten mir Joscha Krug von Marmalade und Marco Steinhäuser von OXID die Teilnahme an der Unconference empfohlen. Die im Vorfeld eingereichten Sessionvorschläge ließen interessantes erwarten, also machte ich mich auf nach Thüringen.

Jenaer Mischung: Tradition und Moderne

Jenaer Mischung: Tradition und Moderne

Stadtmauer mit Türmen

Stadtmauer mit Türmen

Jena – die Stadt von Carl Zeiss, Schott, Intershop und meinem Lieblings Web-Comic Zeichner „JoJo Beetlebum“ Johannes Kretzschmar. Vor 16 Jahren war ich einmal kurz dort und hatte einen angenehmen Eindruck behalten, der sich wieder bestätigt hat.

Jena ist ein charmantes Städchen im Saaletal mit vielen Studenten. Genau die richtige Mischung aus Tradition und Moderne, aus jung und alt. In den zwei Tagen konnte ich alles locker zu Fuß erledigen. Länger als 10 Minuten braucht man kaum für einen Weg – sehr angenehm. Das Wetter war leider nicht ganz so toll: Tief im Tal hängende Wolken, kleinere Regenschauer und am Freitagabend sogar ein paar Schneeflocken. Aber wir waren ja nicht zum Sonnenbaden gekommen, sondern zum Gedankenaustausch, was auch hervorragend funktioniert hat.

 

Der Rahmen

Am Vorabend erschien bereits ein Großteil der fast 200 Besucher zu einem Get-together in der Altstadtkneipe „Zur Nolle“. Es gab gutes Essen, Freibier und bereits viele interessante Gespräche. Dazu ein etwas Klatsch und Trasch und einige Personalrochaden. Das Ganze fühlte sich ein bißchen wie ein Klassentreffen an.

Durch diese hohle Gasse...

Durch diese hohle Gasse...

Markt bei Nacht

Markt bei Nacht

 

Der Freitag startete ein wenig mit Verzug in der Ernst-Abbe Fachhochschule, weil das Frühstück verspätet angeliefert wurde und sehr viele Vorschläge für Vorträge eingereicht und vorgestellt wurden. Das schmälerte aber weder die Stimmung, noch die Qualität der Veranstaltung. Es gab vier parallele Tracks und so manches Mal wünschte ich, mich dreizuteilen.

Vier Tracks für Freitag

Vier Tracks für Freitag

 

Zwischen den Sessions

Zwischen den Sessions

Im Gegensatz zu Veranstaltungen wie der Oxid Commons, ist das Themenspektrum beim eCommerce Camp breiter aufgestellt. Es gab sowohl Sessions „aus dem Maschinenraum“, aber auch die Adlerperspektive auf sich permanent im Wandel befindliche Geschäftsmodelle die ständig neue Anforderungen auch an die Technik bedingen. Hier erwarte ich in nächster Zeit einige Bewegung auf dem Markt. Im Bereich kleinerer Shops macht sich Presta verstärkt daran, Kunden die bisher u.a. XTCommerce einsetzen, für sich zu gewinnen.

Im Bereich großer Online Shops bekommt der eher monolithischen Ansätze herkömmlicher Shopsysteme, wie Shopware, OXID oder Magento bekommen zunehmend Konkurrenz. Es wurde offen über verschiedene Ansätze für eCommerce Architekturen geredet und entsprechende Projekte und Produkte präsentiert.

 

Technik im Wandel

Für so manches Geschäft mag ein Framework, wie sphere.io die passende Grundlage für eine eigene Lösung sein.

Seit einiger Zeit ist Spryker im Gespräch; Ein auf den Ideen der „Alice and Bob“ Architektur von Zalando basierendes eCommerce Enviroment. Es war zu erfahren, dass der Code auf der Zielgeraden sei. Spryker besticht mit einer sehr durchdachten Architektur, verschreckt aber mit einem sehr ambitionierten Lizenzmodell.

Eine Zwischenlösung, die für viele mittelgroße Shops passend sein kann, ist Ongr – ein Framework, das für den Bau individueller, hochperformanter Katalogserver gedacht ist, und als Ergänzung vor herkömmliche Systeme, wie OXID oder Magento gesetzt wird. Simonas Šerlinskas führte das in einer Live-Coding Session vor.

Technisch noch eine Ebene tiefer setzte der Vortrag von Jan Peschke an. Er stellte eine auf OpenStack basierende Infrastrukturlösung vor, die seit ca. einem Jahr bei SysEleven, einem auf Hochlast eCommerce spezialisierten Hostingprovider, entwickelt wird. Das Projekt befindet sich in der Alphaphase und wird bereits mit ausgewählten Kunden eingesetzt. Mit der Lösung lassen sich komplette Infrastruksetups nach Belieben klonen, hoch- und runterfahren. Für mich ist das Highlight, das vollständige Setup eines Rechenzentrums versionieren zu können. So können Deployments künftig nicht mehr nur auf Codeebene, sondern auf Infrastrukturebene durchgeführt werden.

Feine Details

Es gab aber nicht nur die ganz großen Themen, sondern auch erfreulich viele nützliche Details zu erfahren. Florian Gilcher von Asquera erzählte von „Fallen, verpassten Gelegenheiten und schlechten Abkürzungen“ beim Einsatz von Elasticsearch. Spannend war, dass viele Praxisprobleme gar nicht technischer, sondern semantischer und linguistischer Natur sind.

Für viele kleine Probleme des eCommerce Alltags wurden nützliche Kleinigkeiten vorgestellt. Marmalade zeigte das Modul YAMM (Yet another Meta Module), mit dem in einem OXID Shop die Einstellungen aller Module in einerm Rutsch gesichert und wiederhergestellt werden können – inklusive der Reihenfolge, in der Klassen überladen werden.

Marmalade zeigte ebenfalls, wie PHP basierte Webapplikationen ohne den Einsatz üblicher komplexer Tools, wie Capistrano mittels Deployer vorgenommen werden können.

Fazit

Jena war auf jeden Fall die Reise Wert. Das Camp bot massenweise guten fachlichen Input und ist von der Größe und Besetzung ideal zur Pflege der fachlichen Kontakte.

Berlinale – knapp daneben

Seit 1987 lebe ich in Berlin. In all den Jahren ist es mir gelungen, der Berlinale konsequent aus dem Weg zu gehen. Das hat auch in diesem Jahr ganz gut geklappt, obwohl es zweimal recht knapp war. ;-)

Nicht etwa deshalb knapp, weil mir fast einen Wettbewerbsfilm angesehen hätte, sondern weil ich mich innerhalb weniger Tage mit zwei der wirklich großen Filmschaffenden der letzten Jahrzehnte auseinandergesetzt habe: Ken Adam und Ennio Morricone.

Kleiner als erwartet: Die Medienblase der Berlinale

Kleiner als erwartet: Die Medienblase zur Berlinale

Am Sonntag habe ich mir endlich die Ausstellung „Bigger Than Life. Ken Adam’s Film Design“ in der Deutschen Kinemathek angesehen. Das hatte ich zwar schon länger vor, aber nun hat es endlich geklappt. Die Kinemathek und das Filmmuseum sind im Sony Center am Potsdamer Platz – also mitten im Berlinale Trubel.

Sir Kenneth Adam ist einer der bekanntesten Set Designer, der seit Ende der 50er Jahre so bekannte und prägnante Kulissen, wie den War Room für Stanley Kubriks „Dr. Seltsam: oder wie ich lernte, die Bombe zu lieben“ entwarf. Ebenso sind viele der futuristischen Gebäude und Fahrzeuge in James Bond Filmen (Goldfinger, Man lebt nur zweimal, Der Spion der mich liebte, Moonraker) sein Werk. Die Ausstellung besticht durch Mengen an Zeichnungen, Modellen und Filmausschnitten, von denen jedes einzelne von sehr hoher Qualität ist. Es ist ein Augenschmaus. Leider war das Fotografieren nicht erlaubt, weshalb ich hier einfach mal die Eintrittskarte zeige.

Eintrittskarte - Bigger than Life

Eintrittskarte - Bigger than Life

Aber nicht nur die Werke faszinieren, sondern das ganze Leben dieses Mannes ist sehr bemerkenswerk und interessant. 1921 wurde er als Klaus Hugo Adam in Berlin geboren und emigrierte 1934 mit seinen Eltern nach London. Dort besuchte er die St. Pauls Public School und war später im zweiten Weltkrieg als Jagdflieger der einzige Deutsche in der Royal Airforce. In den 50er Jahren begann er als Szenenbildner beim britischen Film. Die sehr empfehlenswerte Ausstellung geht noch bis zum 17. Mai 2015.

Am Dienstag habe ich unerwarteterweise Karten für das Ennio Morricone Konzert bekommen. Über die Musik von Ennio Morricone muss man nicht viel sagen – über 500 Filmmusiken, darunter viele Italo Western von Sergio Leone, aber auch Filme wie Es war einmal in Amerika, die Unbestechlichen.

Eintrittskarte - Ennio Morricone

Eintrittskarte - Ennio Morricone

Morricone dirigierte trotz seines hohen Alters von 87 Jahren das immerhin knapp 3 Stunden dauernde Konzert (abzüglich 30 Minuten Pause) – allerdings sitzend. Das tat der Musik jedoch keinen Abbruch. Sein Werk ist bekanntermassen ziemliche emotional. Bei „Spiel mir das Lied vom Tod“ musste ich mich sehr zusammenreissen nicht laut loszuschluchzen und bei dem Titelsong von „Der Profi“ ging es mir nicht viel besser.

Zwar war die Musik sehr bewegend, aber der Veranstaltungsort leider weniger. Die O2 World ist vom Ambiente her toll für Veranstaltungen, wie Boxen oder Wrestling geeignet, aber nicht für kulturelle Dinge oberhalb eines Rockkonzerts. Wirklich ärgerlich war der schlechte Klang. Man sieht ein sage und schreibe 120 Mann starkes Orchester, aber man hört nur platten Sound wie aus einem lauten Radio. Die Philharmonie wäre ein entscheidend passenderer Ort gewesen.

Alles in allem war es dennoch ein sehr schöner Abend.

31C3 – Tag 3 Prayers and Beamriders

Tag drei der Konferenz ist vorbei. Und auch dieser Tag hatte es wieder in sich.

Kurz nach dem Aufstehen (um 11:30) startete die Predigt von Reverend Richard Stallmann von der Church of Free Software. Scherz beiseite: Der Mann ist Profi und weiß sein Anliegen plakativ und unterhaltsam zu präsentieren. Auch wenn er seine m.E. unnötigen Seitenhiebe auf Linus Torvalds und den Begriff „Open Source“ brachte, stieß er auf ein Publikum, das seine Ideen zu mindesten 90% unterstützt.

Richard Stallmann redet über Freiheit

Richard Stallmann redet über Freiheit

Den Lightning Talk von Plomlompom über die Programmierung von Roguelike Games habe ich leider ziemlich exakt verpasst. Als ich mich in Saal G setzte, zeigte er gerade seine letzte Folie. Schade!

Dafür hatte ich nette und interessante Gespräche über Netzwerke, Tools, Medienpolitik und Filmfinanzierung.

Sehr interessant war der Vortrag darüber, wie in aktuellen Rechnern von Apple die Firmware durch einstecken eines manipulierten Thunderbolt Gerätes überschrieben werden kann. Kurioserweise über ein eigentlich unnötiges Überbleibsel aus dem IBM PC aus dem Jahr 1981 – den Option ROMs. Zwei Dinge machen diesen Angriff wirklich unangenehm: Nach einer vergleichsweise komplizierten Vorbereitung ist die eigentliche infizierung des Rechners schnell und unauffällig durchführbar – Stichwort „Evil Maid Attack“. Zudem ist die Infizierung aus laufenden Programmen oder auf der Betriebssystemebene nicht nachweisbar.

Der Vortrag „Living Drones“ gab einen historischen Überblick, wie bereits in der Vergangenheit lebende Tiere als Waffen im Krieg eingesetzt wurden. Lange bevor neuroelektronische Experimente Insekten fernsteuerbar machten, wurden Tauben zur Nachrichtenübermittlung und Hunde als laufende Sprengsätze missbraucht.

Den für mich letzten Vortrag des Tages lieferte Kai Kunze mit dem Titel „Eye wear computing“. Erstaunlich, dass man aus dem Blinzeln der Augenlieder mit hoher Wahrscheinlichkeit die momentane Tätigkeit eines Menschen herauslesen kann, wie ein Live Experiment mit einem leicht modifizierten Google Glass Modell zeigte.

Obwohl Fotografieren auf dem Kongress eher unerwünscht ist, konnte ich dennoch das eine oder andere interessante Motiv ablichten, ohne die Persönlichkeitsrechte der Anwesenden zu verletzen.

Wichtige Hinweise gibt es auch offline

Wichtige Hinweise gibt es auch offline

Der Beamrider...

Der Beamrider...

...steuert das Lichtspiel

...steuert das Lichtspiel

Lachen beim "My Little Pony" Prügelspiel

Lachen beim "My Little Pony" Prügelspiel

Biometrie - Eye wear computing

Biometrie - Eye wear computing

Zuletzt doch noch Schnee in Hamburg

Zuletzt doch noch Schnee in Hamburg

31C3 – Tag 2

Sorry, ich komme mit dem Schreiben einfach nicht hinterher. Tag zwei ist um und ich habe noch keine Zeile getippt. Ein interessanter Vortrag nach dem Anderen und dazwischen interessante Gespräche mit Bekannten über Gott und die (IT-)Welt. Dazwischen ein in der clubartigen Halle bei sphärischer Elektromusik ein wenig chillen.

Dafür habe ich heute ein paar schöne Stimmungsbilder für Euch.

Congress Centrum Hamburg in Festbeleuchtung

Congress Centrum Hamburg in Festbeleuchtung

Lustige Deko in der Chillzone

Lustige Deko in der Chillzone

Historische Artefakte vor Laserlicht

Historische Artefakte vor Laserlicht

Laser-Hindernisparcour

Laser-Hindernisparcour

Interaktiver Tisch

Interaktiver Tisch

 

31C3 – Tag 1

Dieses Jahr bin ich bereits am Vorabend des Kongresses in Hamburg angekommen und konnte den ersten Tag daher wesentlich entspannter angehen, als in den Vorjahren.

Nach einer halben Stunde anstehen hatte ich mein Bändchen, die Jacke in der Garderobe abgegeben – und schon stand ich vor einem überfüllten Saal 1. Ich wollte die Keynote von Alec Empire hören. Die wurde freundlicherweise auch in Saal 2 übertragen, wo ich noch einen Platz ergattern konnte.

Eingang des CCH

Eingang des CCH

Keynote von Alec Empire
Die Keynote war ein Rundschlag zu den Themen Kultur, Computer, Abhängigkeiten und Vertrauen. Das Aufbrechen der alten Strukturen aus analogen Zeiten durch den Siegeszug des Internet schaffte zunächst neue Freiräume für Künstler und ihre Fans. Die Idee, die Probleme der alten Ordnung hätten sich damit erledigt hat sich jedoch als Trugschluss erwiesen. An die Stelle der alten Gatekeeper sind nur neue getreten.

Als Beispiel führte er an, von Spotify als einem der neuen Gatekeeper eine Takedown-Notice für einen Song bekommen zu haben, der von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften indiziert wurde. So weit, so normal: Nur versteht Spotify dieses Verbot weltweit und nicht nur für Deutschland. Als Druckmittel wurde angedroht, nicht nur diesen Song, oder das komplette Album oder alle Song von Atari Teenage Riot zu sperren, sondern alle Künstler und Songs des Labels – und zwar weltweit.

Empire apellierte an die Zuhörer, den neuen Gatekeepern ebenso wie den alten zu misstrauen und neue, dezentrale Lösungen zu (er)finden und zu fördern. Er rief Hacker und Künstler auf, sich stärker zu vernetzen und besser zusammenzuarbeiten.

Info To Go am Treppengeländer - Dateiformate erklärt

Info To Go am Treppengeländer - Dateiformate erklärt

Trustworthy Secure modular operating system
Ein weiterer interessanter Vortrag handelte davon, wie ein vertrauenswürdiger Chat entwickelt werden kann, wenn die darunterliegenden Schichten aus Soft- und Hardware nicht vertrauenswürdig sind.

Ein kurzer Exkurs von der Benutzeroeberfläche, der Applikation, dem Betriebssystem und den darunterliegenden Abstraktionsschichten, samt der verwendeten Compiler und Funktionsbibliotheken verdeutlicht, auf wievielen Ebenen eine Anwendung angreifbar ist, auch wenn sie selber solide entwickelt wurde. Dabei wurde noch nicht einmal auf die Vertrauenswürdigkeit der verwendeten Hardware eingegangen.

Der klassische Ansatz, gefährdete Systeme abzusichern, besteht darin, sie weitestgehend zu isolieren – durch mehr Systeme, wie Firewalls, Container oder Virtuelle Maschinen. Das erzeugt jedoch noch mehr Schichten, die wiederum die Komoplexität erhöhen und selber weitere potentielle Angriffsziele sind.

Die Vortragenden halten diesen Ansatz für falsch und versuchen selber die Komplexität so weit zu reduzieren, wie möglich. Das beginnt mit der Vermeidung von C als Programmiersprache mitsamt der Standardbibliotheken.

Sie erläuterten das Prinzipe von Unikernals, wie MirageOS. Auf dieser Basis entwickelten sie in OCaml einen TLS Stacks zur Verschlüsselung von Netzwerktraffic. Dabei kamen sie mit 20.000 Zeilen Code aus. Im Gegensatz dazu umfasst die TLS Implementierung 350.000 Zeilen Code.
Die Quintessenz des Vortrags ist:

  • Complexity is your enemy
  • Dump Legacy Code

Den Vortrag „Mit Kunst die Gesellschaft hacken“ vom Zentrum für politische Schönheit konnte ich leider nicht zu Ende sehen.

Der Vortrag „The eXperimental Robot Project“ handelte von einem Projekt, einen lebensgrossen, zweibeinigen Roboter zu bauen. Dabei soll im Gegensatz zu den bisherigen Ansätzen aus dem akademischen Bereich oder von Firmen wie Honda oder Boston Dynamics mit Open Source Hard- und Software erfolgen und voll dokumentiert werden. Das Ziel ist, den Preis eines entsprechenden Roboters von über 100.000 auf einige tausend Dollar zu drücken.

Mich überzeugte der Ansatz mit extrem starken Elektromotoren jedoch nicht richtig. Die Natur hat den Gang nicht nur zur Überwindung von Hindernissen erfunden, sondern auch sehr energieeffizient gemacht.

Rocket science – how hard can it be?“ war ein sehr unterhaltsamer Vortrag über die Möglichkeit, Raumfahrt als Hobby zu betreiben. Nach einem kurzen Exkurs über historische Vordenker der Raktentechnik und einem Überblick über die zugrundeliegenden physikalischen und mathematischen Grundlagen ging es schnell um praktische Erfahrungen beim Bau von Kleinraketen. Wobei „klein“ relativ ist. Ein Modell war 4,5m lang, hatte über 20cm Durchmesser und flog 6,5km hoch.

Verblüffend fand ich, dass sich eine solche Rakete aus einfachen Materialien, wie Fiberglass und Aluminium mit normalen Werkzeugen bauen lässt. Selbst der Treibstoff lässt sich aus Haushaltsüblichen Chemikalien herstellen.

Als konkreter Anwendungsfall wurde die Erforschung von Wolken von einem Meteorologen erläutert. Hier wurde auch der trockene Humor von XXX deutlich. Auf den Hinweis aus dem Publikum „Balloons would be a lot cheaper“ antwortete er mit „Yes, thats a point…“, obwohl die Rakete mit ca. 2000,-  recht billig war.

Auf die Frage „Are there any restrictions?“ lautete die mit tosendem Beifall quittierte Antwort „Well… we are in Germany…“, gefolgt von dem Hinweis, dass es in Dänemark sehr viel einfacher ist und dort sogar ein Raktenwettbewerb stattfindet.

Biometriehacking

Biometriehacking

Ich sehe, also bin ich – Du

Der letzte Vortrag, den ich hörte handelte von Schwächen biometrischer Identifikationssystem. Der Hacker „Starbug“ hatte vor Jahren bereits den Fingerabdruck des damaligen Innenimisters Schäuble veröffentlicht.

In diesem Jahr präsentierte er neue Möglichkeiten, biometrische Identifikationssysteme mit Hilfe hochauflösender Kameras zu überlisten. Live zeigte er die Überlistung eines Irisscanners mit Hilfe von hochauflösenden Fotos, die Überlistung eines Fingerabdruckscanners, die Überlistung des Fingerabdruckscanners des aktuellen iPhones und einen Proof of Concept wie die Pin-Eingabe in ein Mobiltelefon über Reflexionen in der Pupille mitgeloggt werden kann.

Interessant war die Rekonstruktion des Daumenabdruck von Ursula von der Leyen über normale Fotos aus der Bundespressekonferenz.

Zusammenfassend kann man sagen, dass der Glaube an die Verlässlichkeit biometrischer Identifikationssysteme dahin ist. Ganz besonders problematisch ist die Einfachheit, mit der sich falsche Fährten legen lassen um Unschuldige zu belasten.

Der erste Tag auf der Konferenz bot die übliche Mischung aus Faszination, Verblüffung und Beunruhigung, die die Veranstaltung so spannend macht.

Werder (Havel)

Gestern habe ich den schönen Tag für einen Ausflug genutzt. Das Ziel war Werder an der Havel. Um das Baumblütenfest habe ich immer einen grossen Bogen gemacht, weil ich den Troubel und Massen von angetrunkenen Menschen nicht gerade anziehend finde. Zwei oder drei Mal bin ich schon durch Werder durchgefahren, aber habe mir noch nie die Altstadt auf der Insel angesehen.

Das war ein Fehler – Werder ist wirklich niedlich, tip-top saniert und ein bischen verpennt, wie fast alles in Brandenburg. Am meisten Action war noch auf der Havel. Unglaublich, wie viele Boote da an einem schönen Sommertag unterwegs sind.

Aber was soll ich lang schreiben – am Besten lasse ich einfach mal die Bilder sprechen.

Blick von der Brücke zur Altstadt

Blick von der Brücke zur Altstadt

Mediterranes Flair in einem Café

Mediterranes Flair in einem Café

Marktplatz mit Eiche

Marktplatz mit Eiche

Boote an der Havel

Boote an der Havel

Blumen und Fische bei "Arielle"

Blumen und Fische bei "Arielle"

Dorfstrasse

Dorfstrasse

Schönes Ensemble

Schönes Ensemble

Bockwindmühle

Bockwindmühle

Die Erschaffung der Welt und koschere Gummibärchen

Heute habe ich die Sonderausstellung „Die Erschaffung der Welt“ im jüdischen Museum Berlin genossen. Ausgestellt wurden mittelalterliche Schriftstücke, kunstvoll angefertigte Hochzeitsverträge, reich illustrierte Schriftrollen und wertvolle Drucke. Freundlicherweise war das Fotografieren gestattet.

Gesetzestext von 1400 mit zahlreichen Kommentaren

Gesetzestext von 1400 mit zahlreichen Kommentaren

Unter den Ausstellungsstücken sind zahlreiche extrem wertvollen Unikate, die teilweise über 600 Jahre alt sind. Bücher, deren Seiten aus Tierhäuten bestehen, kunstvoll verziert, mit Blattgold belegt. Es sind sowohl religiöse Schriften, wie die Tora oder Teile der Bibel, aber auch juristische Werke, wie Gesetzestexte oder Hochzeitsverträge, monumentale Bücher mit etlichen Kilo Gewicht, oder kunstvolle Miniaturen oder Schriftrollen.

Kunstvoll verzierter Hochzeitsvertrag

Kunstvoll verzierter Hochzeitsvertrag

Immer faszinierend ist die Präzision und ästhetische Qualität der Handschriften. Obwohl ich die hebräischen Schriften nicht lesen konnte, begeisterte mich die Kalligraphie und generell die unglaubliche, heute kaum noch nachvollziehbare Bedeutung des geschriebenen Wortes. Genauso spannend ist der Einblick, der diese Werke in das Leben der Menschen ermöglicht. Die penible Auflistung aller Werte, die jeder Partner in die Ehe einbringt und der Pflichten, die er eingeht, zeigt, dass die Bedeutung einer Ehe damals erheblich anders wahrgenommen wurde, als heutzutage.

Das Kunstprojekt BIOS [TORAH] von Robotlab gehörte nicht mehr zu der Ausstellung, ist aber eine gelungene thematische Überleitung zum Rest des Museums. Der Titel ist eine Parabel: Im BIOS sind die Grundfunktionen eines Computers eingebrannt, auf dem alle Funktionen des Betriebssystems und der Anwendungen aufbauen. Die Schrift, mit der religiöse und juristische Texte verfasst sind, stellt gleichsam das funktionale Fundament einer Gesellschaft dar.

BIOS - THORA

BIOS – THORA

Die Tora aus der Roboterfeder

Die Tora aus der Roboterfeder

Das Kunstwerk besteht im Wesentlichen aus einem Industrieroboter, der die Aufgabe eines Sofer (Tora-Schreibers) übernimmt. Er schreibt die Tora mit Schreibfeder und Tinte in menschlicher Geschwindigkeit auf eine 80m lange Papierrolle. Da der Roboter aber nur sein Programm ausführt und keine Auseinandersetzung des Schreibers mit dem religiösen Text stattfindet, genügt der Text nicht den Erfordernissen des jüdischen Religionsgesetzes. Er ist nicht koscher (=rituell unbedenklich).

Koscher waren hingegen die Gummibärchen aus einem Automaten in der ständigen Ausstellung, was mich zum schmunzeln brachte.

Im Jahr 2001 habe ich zum ersten Mal das jüdische Museum Berlin besichtigt – vor der offiziellen Eröffnung. Damals war der Neubau von Daniel Liebeskind noch leer. So konnte ich die extravagante und symbolträchtige Architektur unverfälscht auf mich wirken lassen. Der Museumsneubau hat zum Beispiel keinen direkten Eingang. Er ist nach aussen zerrissen und abweisend und im Inneren irritierend und ohne vertraute rechte Winkel, die Ordnung und Orientierung versprechen.

Jüdisches Museum Berlin

Jüdisches Museum Berlin

Ich habe seinerzeit in den leeren Räumen gestanden und mich gefragt, wie dort jemals eine Ausstellung aufgebaut werden kann.

Nun weiss ich es. Es geht hervorragend. Die Ausstellung ist chronologisch und verwirrend und dennoch logisch. Sie zieht einen roten Faden, ist aber und mit verstörenden Elementen durchzogen, wie dem mehrgeschossigen Raum, in dem man auf  kleinen Stahlplatten herumlaufen kann, die schreiende Gesichter darstellen. Die Symbolik und der Raum und die entstehenden Geräusche wirken durchaus bedrückend.

Void mit Installation

Void mit Installation

Bei allen Hinweisen auf die problematischen oder grausamen Aspekte der deutsch-jüdischen Geschichte ist das Museum jedoch keinesfalls als Trauerstätte oder Holocaust Mahnmal zu verstehen. Dafür ist die jüdische Tradition in Deutschland zu alt und vielschichtig. Genau das wird in dem Museum hervorragend vermittelt.

 

Schnell mal Potsdam zwischen den Regen

Es gibt ja den Spruch, dass man „einfach unter schnell unter dem Regen durchlaufen“ solle, um trocken anzukommen. Heute habe ich so etwas geschafft – so ungefähr jedenfalls. Morgens schien die Sonne und es zeigten sich nur einige Wolken, die Temperatur war annehmbar und die verschiedenen Wetterdienste waren sich nicht nicht ganz einig, wie der Tag werden sollte. Nun stand nach langer Zeit mal wieder ein Sonntagsausflug an und Bange machen gilt nicht. Also auf nach Potsdam.

Alt Nowawes

Alt Nowawes

Auf der Hinfahrt wagte ich es, offen zu fahren – und das war kein Fehler. Die komplette Fahrt von Prenzlauer Berg nach Potsdam Nowawes war sonnig bis leicht wolkig und mit knapp 20 Grad angenehm. Der Name der Strasse Alt-Nowawes ist übrigens ein schönes Oxymoron, da der Name Nowawes „Neues Dorf“ bedeutet.

Im Park Babelsberg wurde vor den Eichenspinnerraupen gewarnt (können böse allergische Reaktionen auslösen). Davon abgesehen war es angenehm und für einen Sonntagmittag auch vergleichsweise leer im Park, während auf der anderen Seite der Havel am Hans-Otto Theater irgendein Fest im Gange war. Ich wollte zum Biergarten Bürgershof in Glienicke, um dort eine zünftige Mittagsmahlzeit zu mir zu nehmen.

Biergarten Bürgershof im Blick

Biergarten Bürgershof im Blick

Auf halben Wege wurde der Himmel schlagartig dunkel und es fing an zu donnern. Es sah so aus, als ob der Regen vorbeiziehen würde, aber ich ging dann lieber doch ein wenig zügiger, was sich als richtig herausstellte. Denn kaum hatte ich Krustenbraten und ein Bier in der Hand, fing es an zu regnen und ich musste mich in die Halle zurückziehen. Als ich mit dem Mahl fertig war, war der Regen es auch und ich konnte meine Runde durch den Schlosspark fortsetzen.

Jagdschloss Glienicke

Jagdschloss Glienicke

Die Stelle zwischen Schlosspark Babelsberg, Glienicker Park und Berliner Vorstadt ist einfach ein wahnsinnig schönes Fleckchen mit tollen Ausblicken.

Blick auf  Havel und Glienicker Brücke

Blick auf Havel und Glienicker Brücke

Der Rest des Parks besticht durch seine Natürlichkeit und die scheinbar zwanglos eingestreuten Bauwerke, auch wenn die historischen Sichtachsen leider teilweise zugewachsen sind.

Gerichtslaube und Flatowturm

Gerichtslaube und Flatowturm

Leider kamen die dunklen Wolken ziemlich schnell zurück. Zum Auto kam ich noch trocken, aber ich beschloss, den Potsdam Besuch zu beenden. Richtigerweise, wie ein ziemlich schwerer Regenguss zeigte.

Dennoch war es ein schöner Sonntag Nachmittag. Jetzt hoffe ich noch auf ein schönes Spiel am Abend.

Kunst- und Architekturwochenende

Jaja, die Fussball WM…
Gucke ich auch – aber nicht nur. Es gibt ja auch noch anderes. Kunst zum Beispiel. Dieses Wochenende lief wieder 48 Stunden Neukölln. Aber es lief ohne mich. Stattdessen habe ich mir zwei tolle Architektur Ausstellungen im Pfefferberg angesehen.

Pfefferberg: Tchoban Foundation

Pfefferberg: Tchoban Foundation

Den Anfang machte eine Ausstellung mit grandiosen Architekturzeichnungen von Lebbeus Woods in der Tchoban Foundation. Der schmale Neubau auf dem Pfefferberg Gelände ist an sich schon eine Schau. Die Fassade aus hochwertigem Beton ist mit Fragmenten aus Architekturzeichnungen verziert und im Inneren ist es nicht weniger interessant und edel.

Die Zeichnungen waren noch eher Kunst, als Architektur. Es handelte sich nämlich nicht um konkrete Entwürfe, sonden eher um Ideen, Illustrationen oder Moods. Sie erinnern teilweise an Entwürfe für Fantasy Filmsets oder Szenen aus Cyberpunk Romanen und sind technisch einfach brilliant. Die Ausstellung wird noch bis zum 03.10.2014 gezeigt und ist mit €5,- Eintritt recht wohlfeil, zumal mir freundlicherweise das Fotografieren ohne Blitz erlaubt wurden.

Pfefferberg - Aedes

Pfefferberg – Aedes

Wesentlich näher an der Realität waren die Ausstellungen, die in der Aedes Galerie ebenfalls auf dem Pfefferberg Gelände gezeigt wurden. In der Ausstellung „New Moscow – Urban Development by International Competitions 2012-2014“ wurden Wettberwerbsentwürfe für zwei große Vorhaben in Moskau gezeigt:

Direkt neben dem Kreml und dem Roten Platz an der Moskva liegt eine große Brachfläche, für den die Neuplanung des Zaryadye-Parks ausgelobt wurde. Gezeigt wurden die Entwürfe der fünf Finalisten.

Ein weiterer Wettbewerb galt der Neuplanung des Staatlichen Zentrums für Zeitgenössische Kunst (NCCA). Auch hier wurden die Entwürfe der fünf Finalisten gezeigt.

Noch konkreter war die Ausstellung zu den Besonderheiten des kommunalen Wohnungsbaus in Wien mit dem Titel „Gemeinde baut – Wiener Wohnbau 1920 bis 2020“. Neben den bekannten Großsiedlungen des soganannten „Roten Wien“ zwischen 1918 und 1934 gab es Interessantes zu den Nachkriegsvorhaben unter jeweils veränderten Zielsetzungen. Verblüffend ist der extrem hohe Anteil des Kommunalen Wohnungsbaus, der bis 1990 bei sagenhaften 38% lag, zu denen nochmals knapp 20% genossenschaftlicher Wohnungsbau kommen.

Die Ausstellungen sind alle wirklich empfehlenswert und haben einen schönen Bogen von vollkommen fiktiven Zeichnungen über interessante Entwürfe bis hin zu realen Gebäuden geschlagen.

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