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Netzökonomie

Ein Grund, warum ich so langsam ein Kartellverfahren gegen die Musikindustrie für angebracht halte, ist, daß gezielt die Neuausrichtung der Märkte behindert werden soll. Genau aus demselben Grund halte ich es auch für angebracht, den öffentlichen Rundfunk genau dort zu lassen, wo er jetzt ist: In der Glotze und im Radio. Von einem “Auftrag der Weiterentwicklung” kann überhaupt keine Rede sein.

Was allen Anbietern bisher etablierter Medien zu schaffen macht, ist daß der Medienmarkt nach der Etablierung des Internet für die Massen scheinbar neuen Gestzmäßigkeiten folgt.

Tatsächlich handelt es sich letztlich jedoch um wenige, sehr vertraute ökonomische Grundregeln. Die Marktmechanismen an sich bleiben intakt, aber die Ausformung verändert sich in kolossalen Ausmaßen. Maßgeblich dafür sind:

  • Zugang zu den Produktionsmitteln für nahezu jedermann
  • Zugang zu Vertriebskanälen für nahezu jedermann
  • Produktions- und Vertriebskosten, die nahezu bei Null liegen.

Die Auswirkungen:

  • Die Anzahl der Anbieter explodiert.
  • Die Grenzen zwischen Profis, Semiprofis und Amateuren verschwimmt bin zur Unkenntlickeit.
  • Der Konsument lernt, daß die “professionellen” Medien ebenfalls nur subjektive Ausschnitte aus dem Geschehen berichten. Das Versprechen der Objektivität wird nicht eingelöst.
  • Der Aufmerksamkeitmarkt fragmentiert nahezu ins Unendliche
  • Geschäftsmodelle, die auf Knappheit und Zugangskontrolle (“Gatekeeper”) setzen, funktionieren nicht mehr.
  • Angebote im Netz können daher i.d.R. nicht direkt monetarisiert werden

Ein sehr deutliches Beispiel ist der Anzeigenservice Craigslist, der vor einigen Jahren viele Zeitungen in der San Francisco Bay Area in Bedrängnis brachte, weil er den lokalen Kleinanzeigenmarkt für Zeitungen schredderte. Interessant ist, daß der Gründer Craig Newmark diesen Dienst niemals verkaufte, keine Premiumdienste anbot und auch sonst kaum erkennbare Anstalten machte, richtig Geld verdienen zu wollen. Ein Interview kann man bei der FAZ nachlesen.

Kritiker warfen ihm kommunistisches Gedankengut vor – ein ziemlich dummer Anwurf. Letztlich verhält sich Newmark nämlich erzkapitalistisch: Die Kosten so weit wie möglich gegen Null drücken und damit die Konkurrenten aus dem Markt drängen. Auch wenn sich das Interview etwas anders liest ;-) .

In diesem Sinne möchte ich auch auf den Beitrag “Umsonstkultur im Internet zu großen Teilen systemimmanent” von Marcel Weiß hinweisen.