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Vogue 500 DS Adventure

Meinen Urlaub habe ich in Angeln im Nordosten von Schleswig Holstein verbracht. Diese wunderschöne Landschaft an der Ostsee und der Schlei ist zum Teil verblüffend hügelig, die Felder und Weiden sind durch Knicks und viele Bäume gegen den Wind geschützt und die vielen hübschen Dörfer verbindet ein Netz aus schmalen, kurvenreichen Straßen. Das lädt geradezu dazu ein, hier bei gutem Wetter mit dem Motorrad locker herumzucruisen.

Gemütlich durch die schöne Landschaft cruisen

Ich war allerdings mit dem Auto angereist und meine Maschine schlummerte zu Hause in Berlin auf dem Hof.
Abhilfe musste her. Ein Blick ins Internet und schon hatte ich drei Firmen ausgemacht, die Motorräder vermieten. Eine davon allerdings nur Harley Davidson, was überhaupt nicht mein Stil ist. In der zweiten Firma wurde ich so einsilbig und unfreundlich behandelt, dass ich ich mich nach 30 Sekunden mit einem „Jo danke, schönen Tach noch…“ umgedreht und den Laden verlassen habe.

Dörfer mit hübschen, alten Reetdachhäusern

Die dritte Anlaufstelle war dann allerdings goldrichtig. Bei Bruno’s Moto Company wurde ich sehr freundlich empfangen. Die Firma führt einige eher unübliche Marken, wie z.B. Zero, Benelli oder Vogue. Man hat sich dort richtig Zeit genommen mir die Modelle zu zeigen, die als Mietfahrzeug zur Verfügung standen, und einen Schnack über dies und jenes war auch noch mit drin. Eigentlich hat es mich gereizt, die elektrische Zero SR/F auszuprobieren. Neben der recht üppigen Miete (die Maschine kostet ja immerhin €22.000), hielt mich aber letztlich die Frage ab, ob eine Akkuladung reichen würde, um die Tour, zu der ich mit einem Bekannten verabredet war, zu fahren. Wie sich im Nachhinein herausstellte, wäre das auch wirklich knapp geworden.

Vordergrund: Die Vogue
Dahinter die BMW meines Bekannten.

Also habe ich mich für die Vogue 500 DS Adventure entschieden. Die Maschine im Stil eines Adventure Bikes ist genauso positioniert, wie die sehr ähnliche HondaCB500 X. Sie hat ebenfalls einen Zweizylinder Reihenmotor mit 471ccm und 47PS. Der Verkaufspreis von €5.700,- liegt €1.000,- unterhalb der Honda, die Ausstattung ist mit Gepäckvorbereitung, farbigem Graphik-Display (mit automatischer Hell/Dunkel Umschaltung je nach Umgebungslicht) USB-Steckdose und Bluetooth Anbindung aber besser.

Vogue 500 DS vor dem Flensburger Segelclub

Vogue ist eine Marke des chinesischen Loncin Konzerns, der unter anderem für BMW die Einzylindermotoren der G-Baureihe und die Zweizylinder für die F-Modelle herstellt. Es war also nicht zu befürchten auf minderwertigem muckeligem Material die Straße entlangzueiern.

Ganz im Gegenteil. Die Qualitätsanmutung ist gut. Sowohl Material, als auch die Verarbeitung wirken solide. Die Sitzbank hat eine Höhe von 835mm und ist bequem. Die Sitzposition ist aufrecht, für meine 1,89 sehr bequem. Die Spiegel bieten eine gute Sicht nach hinten, Kupplungs- und Bremshebel ließen sich in der Weite einstellen. Die Scheibe musste ich auf die untere Position verstellen, um keine Verwirbelungen am Helm zu haben. Die Schraube dafür ist leider etwas fummelig. Das war aber schon der einzige Punkt, den ich zu bemängeln habe.

LCD Cockpit im Tagmodus und USB Steckdose

Die Vogue hatte gerade einmal 25 km auf dem Tacho, als ich sie übernommen habe. Also habe ich die Tour mit Rücksicht auf Motor, neue Bremsen und Reifen vorsichtig angehen lassen. Die Kupplung ist nicht übermäßig leichtgängig, aber in Ordnung. Die Schaltung funktionierte gut. Stets war eindeutig zu spüren, wenn der Gang einrastete und den Leerlauf musste ich auch nie suchen. Das Handling ist durch die aufrechte Sitzposition und den breiten Lenker leicht und spielerisch. Die Bremsen von Nissin (vorne 298mm Doppelscheibe und und hinten 240mm) fand ich auf den ersten km etwas fade, aber die Beläge und Scheiben waren ja auch noch neu. Im Laufe der Fahrt wurde das besser. Der Motor ist gemessen an meiner GSX-S 750 natürlich ziemlich zahm und vibriert auch ein bisschen, aber das ist bei zwei Zylindern und fast 70PS weniger auch nicht anders zu erwarten. Nach einigen km Fahrt hatte ich mich daran gewöhnt und dann machte es richtig Spaß mit der Maschine über die schmalen, kurvigen Nebenstrecken zu wuseln.

Grund dafür ist die Kombination aus der kommoden Sitzposition, dem guten Handling und dem komfortablen Fahrwerk. Möglich, dass es bei mehr Zuladung und forscherer Fahrt etwas zu weich ist, aber mir kam das so gerade recht. Das fabrikneue Triebwerk habe ich natürlich im unteren Drehzahlbereich bewegt, dafür war der Durchzug aber erfreulich. Interessant wäre der direkte Vergleich mit der CB500X, aber damit kann ich leider nicht dienen.

Vogue 500 DS von rechts

Die vollgetankt 205 kg schwere Maschine ist mit einem Verbrauch von 4,2 l/100km angegeben. Ich bin beim gemütlichen cruisen sogar mit nur 3,5l hingekommen. Mein Bekannter, der mit seiner 20 Jahre alten 1100 Boxer BMW vorneweg gefahren ist, hat 5,5 l/100km auf der Runde benötigt. Dafür war seine Maschine sehr leise und die Vogue akustisch deutlich präsenter. Sie ist mit 98dB Standgeräusch angegeben, also leider nicht Tirol-tauglich.

Fazit

Wer ein A2 taugliches Adventure Bike sucht, der sollte sich neben den „üblichen Verdächtigen“ Honda CB500X und KTM 390 Adventure ruhig einmal die Vogue genauer ansehen. Das Motorrad ist nicht billig, sondern günstig. Welcher Name auf dem Tank klebt und ob das Bike aus China oder Thailand kommt (wie die Honda und die KTM), halte ich nicht für so wichtig. Bei mir würde im Zweifelsfall die Nähe einer kompetenten und freundlichen Werkstatt den Ausschlag geben und da ist man bei Bruno’s in Flensburg sicherlich gut beraten.

Nachtrag

Als ich diesen Artikel im Urlaub geschrieben habe, meinte ich, dass man diese Maschine mit der Honda CB500X vergleichen sollte. Kaum wieder zu Hause stelle ich fest, dass die Zeitschrift Motorrad in der Ausgabe 18/2021 genau das getan hat. Das Ergebnis lautet wenig überraschend, dass die beiden Bikes sehr ähnlich sind, die Vogue recht gut ist, aber die Honda in Details immer noch etwas besser abschneidet, dafür aber eben auch 20 Prozent mehr kostet.