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Neuzugang im Fuhrpark: Ampler Curt

Im letzten Jahr habe ich einige interessante Zweiräder ausprobiert – einige noch mit Verbrennungsmotor (Vogue 500, Triumph Trident 660) aber auch einige mit Elektroantrieb. Darunter das geniale Elektro-Off-Road Moped Sur-Ron Firefly („Der Ritt auf dem Glühwürmchen„), einige Edel-E-Bikes von Schindelhauer („Fahrrad – das erste mal…„) und mehrere mittelpreisige E-Bikes von Cube und Ampler (siehe zum Ampler Curt: „Noch ein tolles, leichtes Strom-Fahrrad„).

Nach einigem Überlegen habe ich mich dafür entschieden, meinen Fuhrpark um ein E-Bike zu erweitern. Ein zweites Motorrad brauche ich nicht – meine Suzuki ist mir lieb und genügt voll und ganz. Die Sur-Ron hat mich ganz begeistert und bietet viel Fahrspass für relativ viel Geld. Aber für das elektrische Fahrrad finde ich auch mal Mitfahrer, was letztlich den Ausschlag gegeben hat.

Anfang Dezember habe ich das Ampler Curt bestellt. In der Variante mit Kettenschaltung.

Ein neues Fahrrad im Dezember?

Ja. Das hat sich als goldrichtig erwiesen. Das Rad war sofort verfügbar (Lieferung innerhalb 14 Tagen aus Estland) und ich habe einen paar Hundert Euro weniger bezahlt, als die damaligen €2.900,- Listenpreis. Leider hat es am Tag, bevor ich das Bike aus dem neuen Ampler Showroom in Kreuzberg abgeholt habe geschneit. Also gleich bei der Jungfernfahrt das schicke Gerät ordentlich eingesaut. Nun gut – nur die Harten kommen in den Garten.

Nagelneue Schönheit: Übergabe im Ampler Store in Berlin Kreuzberg

Erste Eindrücke

So richtig viel bin ich seit Mitte Dezember dank Schmuddelwetter und Homeoffice noch nicht gefahren. Ein paar kurze Fahrten zwischen 5 und 20 km habe ich trotzdem schon gemacht und konnte so erste Eindrücke sammeln.

Verarbeitung

Bei der Übergabe war ich wieder von dem geringen Gewicht von unter 15kg und dem Styling hingerissen: Schick, mattschwarz, minimalistisch. Die Verarbeitung ist sehr gut. Der Aluminiumrahmen hat sehr saubere Schweissnähte, die Lackierung ist einwandfrei. Die Kabel und Bremsleitungen liegen zwar nicht komplett im Rahmen, aber sie stören nirgends. Nichts sitzt schief oder locker und selbst auf fiesem Kopfsteinpflaster klappert nichts. Die 11 Gang Kettenschaltung (Shimano Deore) und die hydraulischen Scheibenbremsen (Shimano 6000) waren einwandfrei eingestellt und der Akku komplett geladen. Los geht’s…

Rahmen, Sitzposition, Komfort

Die Rahmengeometrie bringt einen ein eine recht sportliche, vorn übergebeugte Sitzposition. Der kurze Radstand, der steile Lenkkopfwinkel und der extrem kurze Nachlauf der geraden Carbongabel sorgen für extreme Wendigkeit. Fast schon ein bischen zu viel des Guten. Als ich im Verkehr das erste Mal nach links über die Schulter geschaut habe, hat es mir fast das Vorderrad verrissen. Das Rad verlangt nach Konzentration. Komfort sollte man nicht erwarten, zumal das Rad mit 32mm schmalen Continental Grand Prix 4-Season Reifen ausgeliefert wird, die zwischen 5 und 7 Bar gefahren werden sollten. Das Ding ist bockhart.

Die Schaltung ist dafür exakt und knackig und die hydraulischen Scheibenbremsen ziehen verdammt gut. Davon konnte und musste ich mich nach den ersten 50m Fahrtstrecke bei einer Notbremsung unfreiwillig überzeugen.

Und auch ohne Motorunterstützung ist es immer noch ein leicht laufendes Rad, mit dem man auch spielend leicht deutlich schneller als die 25 km/h fahren kann, bis zu denen die Motorunterstützung zulässig ist. Die lockere, unangestrengte Sonntagsnachmittagsfahrt neulich bin ich stromlos gefahren und war immer noch deutlich schneller, als 60% der anderen Radler. Schön zu wissen, zumal man so keine Angst davor haben muss, irgendwo mit leerem Akku „liegen zu bleiben“. Trotzdem ist die Frage, wie es sich mit Strom fährt natürlich wichtig.

Wie ist das E in E-Bike ?

Bei manchen anderen Pedelecs fühlt es sich an, als ob man gegen eine unsichtbare Wand fährt, sobald der Motor oberhalb von 25 km/h abschaltet. Beim Curt wird die Motorunterstützung wird per Drehmomentsensor im Tretlager gesteuert. Je stärker man tritt, desto mehr hilft der Motor. Das fühlt sich sehr natürlich an. Beim Ampelstart kommt man extrem gut weg und je schneller man fährt, desto mehr lässt die Unterstützung nach. Das ist super, weil man kein plötzliches Abschalten der Unterstützung oberhalb von 25 km/h spürt.

Und genau diese Charakteristik hat mich bei der ersten Fahrt etwas in die Irre geführt. Als ich zu Hause angekommen bin, war ich doch etwas aus der Puste und leicht verschwitzt. Wie kann das bei einem E-Bike sein?

Ich hatte einen GPS Tracker bei der Fahrt mitlaufen lassen und als ich mir das Fahrprofil angesehen habe, fiel mir auf, dass ich die längeren Strecken meist mit 30 km/h oder sogar darüber gefahren bin – also ohne Motorunterstützung. Daher!

Bei späteren Fahrten ins Büro und zurück, bin ich bewußt etwas langsamer gefahren, habe so die kleinen Steigungen nicht mehr gespürt und bin völlig entspannt angekommen. Bei einem guten Durchschnitt von 17 km/h trotz vieler roter Ampeln. So soll es sein.

Das Curt in freier Wildbahn

Reichweite und Akku

Ampler gibt für die Reichweite eine Spanne zwischen 45 km und 100 km an. Im Schnitt sollten ca. 70 km drin sein. Solche Angaben hängen natürlich von der Temperatur, vom Gewicht des Fahrers, dem Geländeprofil, der Fahrweise und dem Unterstützungsgrad ab. Für mich (90 kg) und das Einsatzgebiet Berliner Innenstadt (überwiegend eben, mit einigen leichten Steigungen, ständigen Ampelstopps) scheint das bei 0-9 Grad Temperatur ziemlich gut hinzukommen, wie ein Blick auf die App (dazu später noch ein paar Worte) zeigt:

70 km Reichweite sind realistisch

Ausstattung

Es ist alles dran was man braucht – und nicht ein Teil mehr. Von der kleinen Klingel über die gute Beleuchtung bis hin zu dezenten Schutzblechen ist alles Notwendige an Bord. Ich habe noch Speichenreflektoren, einen Ständer und ein Abus Faltschloss angebracht. Einen Gepäckträger werde ich erst dann montieren, wenn ich ihn wirklich brauche. Immerhin – die Ösen sind am Rahmen vorhanden. Für der Alltag genügt erst mal mein Rucksack.

Ergänzt: Ständer, Speichenreflektoren und Faltschloss

Smartphone Anbindung

Kurz gesagt: nix mit Smartbike – und das ist gut so. Das Ampler Curt ist so minimalistisch, dass sogar auf ein Display verzichtet wurde. Es gibt zum Ein- Aus- und Umschalten nur einen beleuchteten Knopf unten am Sattelrohr über den man auch die Unterstützungsstufe wählen, das Licht ein- und ausschalten und den ungefähren Akkustand ablesen kann.

Immerhin gibt es eine App, die man per Bluetooth mit dem Fahrrad verbinden kann, falls man solche Dinge wir genauen Akkustand, gefahrene Kilometer etc. erfahren möchte. Über die App kann auch ein Firmware Update gemacht werden.

Ampler App ohne Verbindung – die letzten übertragenen Daten anzuzeigen wäre sinnvoller.

Sehr gut finde ich, dass die App ohne Cloudanbindung funktioniert. Weniger schön ist, dass die Verbindung häufig nicht richtig klappt. Und sobald die Verbindung zum Rad unterbrochen ist, vergisst die App alle Werte. Wenn man also das Rad im Keller stehen hat und oben in der Wohnung mal kurz nachschauen möchte, wie der Akkustand war, sieht man leider nur den Startbildschirm.
Ein „einfrieren und ausgrauen“ der letzten übertragenen Werte wäre gut.

Zusammenfassung

Richtig schickes, leichtes Bike. Eher flott als gemütlich. Ziemlich gut geeignet für die täglichen Fahrten in der Stadt, zur Arbeit und so weiter.

Vielleicht nicht so toll für ausgedehnte Ausflüge, viel Gepäck und steile Berge. Da wären dann eher die schweren, gemütlichen Räder á la Cube Kathmandu mit Bosch Mittelmotor und gigantischem 750Wh Akku vermutlich besser geeignet.

Aber so etwas will ich ja nicht. Von daher: Alles richtig gemacht :-)