Blogs sind unwichtig – hmmm…
In den letzten Tagen gabe es so einige Veröffentlichungen, die scheinbar belegen, daß Blogs in ihrer Relevanz völlig überschätzt werden. Daß man so etwas in der neuen ARD/ZDF Onlinestudie nachlesen kann, überrascht wenig. Aber selbst Technorati, die ihr Geld als Suchmaschine und Webeplatzvermarkter für Blogs verdienen, stoßen in dasselbe Horn (“State of the Blogosphere / 2008“).
Ich finde solche Betrachtungen müßig. Wer erwartet denn da überhaupt was genau? Daß Blogs Fernsehen und Zeitungen überflüssig machen? Daran gemessen sind die Zahlen natürlich sehr enttäuschend. Um die Zahlen neutral zu betrachten, sollte man vielleicht zunächste einen Schritt zurückgehen und sich über den grundlegenden Punkt Gedanken machen:
Was ist denn überhaupt ein Blog?
Ein Blog ist zunächst nichts, als ein Stück Software, die es auch normalen Menschen einfach und billig ermöglicht, im Internet zu publizieren. Damit ist noch nichts über Inhalte, Motivationen oder Erwartungen gesagt. Jeder der ein Blog betreibt tut das aus ganz eigenen Interessen. Manche wollen Geld verdienen, manche ihr Sendungsbewußtsein ausleben, andere publizieren über Spezialthemen weil sie Spass daran haben oder um ihre Reputation zu verbessern und manche möchten nur ihren Freundeskreis auf dem Laufenden halten. Das ist aus der Sicht des Rezipienten schon mal besser, als herkömmliche Presse. Denn die hat vor allem zwei Ziele: Rendite und Meinungsmacht.
Relevanz – oder “Was interessiert mich, was Heinz Müller sagt?”
Gegenfrage: Was interessiert mich, was die Bild auf ihre Titelseite schmiert? Oder die Bunte? Oder irgendwelche machtpolitisch eingefärbten scheinobjektiven Berichte im Öffentlich Rechtlichen Rundfunk? Möglicherweise finde ich, daß die Artikel des fiktiven Herrn Müller für mich eine wesentlich höhere Relevanz haben, als die Nachricht, daß wieder einer “unserer Jungs in Afghanistan” vom Panzer gefallen ist? Natürlich ist das, was Müller schreibt subjektiv – aber erstens ist das jedem klar und zweitens sind das sind alle Berichte in herkömmlichen Medien letztlich natürlich auch. Relevant ist für mich unter dem Strich nicht, was auf Spiegel online veröffentlicht wird, sondern was mich persönlich betrifft.
Viele Lesen, nur wenige schreiben
Eine Kritik ist, daß 90% lesen und nur 10% schreiben. Und von den 10% schreiben wiederum die wenigsten regelmäßig. Ist das schlimm? Macht das Blogs irrelevant? Die Quote ist doch wohl deutlich besser, als in den herkömmlichen Medien. Da konsumieren 99,99% und 0,01% publizieren. Und daß Blogs im Durschnitt “nur” 600 Leser haben, ist nicht schlimm – ich empfinde das im Vergleich zur Situation vorher sogar als sensationell.
Mein Fazit
Daß der technische Fortschritt es normalen Menschen ermöglicht, ihre Meinung nicht nur 4 Kumpels am Stammtisch kundzutun, sondern so zu veröffentlichen, daß sie von 2/3 der Bevölkerung (nämlich die, die das Internet nutzen) wahrgenommen werden könnte ist in meinen Augen unglaublich positiv – geradezu senstionell und völlig überfällig in einem Land, daß sich demokratisch nennt. Das Recht zu bloggen steht übrigens schon seit über 50 Jahren Im Grundgesetz – Artikel 5, Abs.1 Satz 1, falls es jemand gerade nicht parat hat. ;-)
Nachtrag:
Bei Robert Basic gibt es einen dazu einen guten Beitrag (“Blogs: Über Massen, Qualitäten und Glaubwürdigkeiten“) mit mindestens ebenso guten Kommentaren.