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Muttertag, Motorrad und Gottes Beistand

Am 14. Mai war Muttertag. Und wie bereits in den letzten Jahren setzte ich mich auf mein Motorrad und fuhr in die Schorfheide zum Motorradgottesdienst nach Friedrichswalde.

Die Hinfahrt

Das Wetter war wieder sehr angenehm: Trocken, um die 20 Grad, teils Sonne (gut für die Seele), teils ein paar Wolken (gut, damit man nicht in der Kombi gegrillt wird). Die Anfahrt aus Berlin war sehr entspannt und ohne Stau. Mit gemächlichem Tempo durch die Wälder, vorbei an blühendem Raps und auch an vielen sehr schön riechenden und bunt blühenden Wiesen. Freundlicherweise waren auch meine Allergien nicht ganz so stark. Zwei Tage früher hätte ich mich mit entzündeten Augen nicht mal auf Fahrrad setzen können. So konnte ich die Fahrt voll und ganz genießen. In diesem Jahr bin ich auch nicht alleine gefahren, sondern zusammen mit einem Kollegen. Das macht nochmal mehr Spass.

Direkt neben der Kirche: Die Honda von meinem Kollegen (vorne) und meine Suzuki (hinten).

Nach gut eineinhalb Stunden Fahrt kamen wir um halb zwölf an und konnten sogar noch direkt vor der Kirche parken. Etwas später war das halbe Dorf mit Motorrädern zugestellt.

Wie in jedem Jahr – hunderte von Motorrädern entlang der Dorfstraße

In Friedrichswalde angekommen

Kaum vom Bock abgestiegen, begrüßte uns auch schon Pastor Schwieger und kurz darauf auch seine Frau. Wir unterhielten uns kurz über Fahrräder (ups?) und er fragte ob ich noch mit meinem E-Bike zufrieden bin. E-Bikes sind dort in der Gegend wohl jetzt ein großes Thema.

In diesem Jahr konnte man sich auch spontan taufen lassen. In unseren bisherigen Gesprächen hatte ich schon mal durchblicken lassen, „dass ich es normal nicht so mit der Kirche habe.“ Das Angebot mit der Taufe musste ich allerdings ablehnen, weil ich zwar nicht Kirchenmitglied bin, aber durchaus bereits getauft. Als Antwort erhielt ich ein „Na, das ist doch gut. Das reicht mir erstmal.“ zusammen mit einem Zwinkern.

Die Maschinen

Mein Kollege und ich versorgten uns mit Getränken und Bratwurst und gingen umher, um uns die Motorräder anzuschauen. Auch in diesem Jahr waren wieder einige bemerkenswerte Gefährte dabei: Von penibel restaurierten Maschinen aus den 50ern über detailliert umgebauten Harleys bis hin zu einer Sechszylinder Goldwing, die auch noch mit passend lackiertem Anhänger(!!!) daherkam. Immer wieder verblüffend, dass unter den hunderten Motorrädern keine zwei identischen Maschinen zu finden sind. Immerhin habe ich auch ein Elektromotorrad von Zero gesehen. Aber nur eines. Aller Anfang ist schwer.

…wenn die Goldwing noch nicht groß genug ist, nimm halt noch einen Anhänger!

Gespräche

Diese Veranstaltung hat auch immer ein wenig von Volksfest und natürlich sind nicht alle Anwesenden selbst Motrradfahrer – aber doch meist interessiert. Als ich mit meinem Kollegen an einer Reihe aufwändig umgebauter Harleys vorbeiging, kamen wir mit einem älteren Ehepaar (vermutlich in ihren 70ern) ins Gespräch. Die beiden sind extra aus Milmersdorf gekommen, um sich die Maschinen anzusehen – und zwar sehr genau. Der Mann sagte bedauernd „So etwas gab es ja damals bei uns nicht. Die 350er Jawa war das höchste der Gefühle. Und dann hast Du die nicht mal schwarz bekommen, sondern nur in rot“. Und seine Frau meinte noch „Wir wollten ja eigentlich immer ein Motorrad haben, aber dann kam immer etwas dazwischen. Dann schauen wir uns eben jetzt die Maschinen an und freuen uns.“ Und dabei strahlte sie über das ganze Gesicht. Ich fand diese Begeisterung so rührend und gleichzeitig so schade, dass diese beiden, die Freuden des Motorradfahrens nicht selbst erlebt haben.

Volksfest mit Musik, Getränken, Grill, Kaffee und Kuchen.

Eine andere schöne Begegnung war mit mit zwei alten Damen (vermutlich ebenfalls in ihren 70ern) als wir uns nach dem Gottesdienst noch mit Kaffee und Kuchen stärkten. Auch diese beiden waren extra von Joachimsthal nach Friedrichswalde gekommen. Als sich der Konvoi zur gemeinsamen Ausfahrt auf der Dorfstrasse sammelte, meinten sie „Wir müssen jetzt los um noch einen guten Platz zu bekommen, damit wir alle gut sehen können.“
Das ist so schön!

Der Gottesdienst

Ich wollte den Artikel eigentlich mit den Worten beginnen: „Nein, die Kirche ist nicht abgebrannt“, aber eins nach dem Anderen.

Die St. Michalis Kirche war dieses Mal schön geschmückt, weil am Vortag eine Hochzeit stattgefunden hat. Um halb zwei läuteten die Glocken und bereits kurz darauf war die Kirche so gut gefüllt, dass wir schon keinen Sitzplatz mehr bekamen. Die Perspektive vom Balkon kannte ich ja bereits aus den Vorjahren.

Die Predigt handelte von der Zukunft, von den Veränderungen und den Ängsten und Hoffnungen, die man damit verbinden mag, insbesondere die Furcht vor dem Verlust der Freiheit. Natürlich wieder vordergründig auf das Motorradfahren bezogen, aber auf der zweiten Bedeutungsebene durchaus universell zu verstehen. Ein wichtiger Gedanke angesichts der globalen Herausforderungen.

Zudem gab es natürlich auch wieder eine Schweigeminute zum Gedenken an die Verstorbenen und ein Gebet mit der Bitte um Gottes Beistand. Den können wir Motorradfahrer gut gebrauchen. Nun bin ich zwar nicht gläubig, aber schaden tut das sicher auch nichts.

Natürlich nur für den Fall, dass ich mich bezüglich der Existenz Gottes doch geirrt haben sollte… ;-)

Die Kirche war voll bis auf den letzten Platz

Die musikalische Untermalung kam auch diesem Jahr von Fat Hat, die die Kiche wieder ordentlich rockten. Beim letzten Song nach der Kollekte gab es etwas unerwartetes Neues: Drei ordentlich große Feuerbälle! Rammstein war das zwar noch nicht ganz, aber immerhin fing die Kirche nicht Feuer.

Die Ausfahrt

Auch in diesem Jahr gab es wieder eine angemeldete gemeinsame Ausfahrt, die von der Motoradstaffel der Johanniter und der örtlichen Polizei begleitet wurden. In diesem Jahr bin ich die Runde nicht mitgefahren, sondern habe mich mit meinem Kollegen gemütlich auf den Rückweg gemacht. Wir hatten immerhin noch 80 bzw. über 100km Weg vor uns.

Motorradstaffel der Johanniter

Auch in diesem Jahr war der Motorradgottesdienst in Friedrichswalde wieder eine schöne Veranstaltung. Die schöne Gegend ist ohnehin stets einen Ausflug wert.
Ich freue mich schon auf das nächste Jahr.