tiny little gizmos

Der elektrische Helm

Seit über einem Monat Corona. Alle sind genervt und/oder gelangweilt. Die meisten Geschäfte sind geschlossen. Mir fällt die Decke auf den Kopf und ich stolpere gerade über ein gutes Angebot für ein Sena 10C Evo. Mehr als 30% günstiger. Bin zwar kein Schnäppchenjäger, aber…

Ein paar Tage später kommt das Päckchen an. Fein – jetzt ist Bastelstunde. Das Gerät muss ja an den Helm angebracht werden. Ach, vielleicht sollte ich für Nicht-Motorradfahrer erst mal erzählen, was das überhaupt für ein Gerät ist.

„Wozu issn das gut?“

Sena ist bekannt für seine funkbasierten Kommunikationslösungen mit denen sich Fahrer und Sozius oder auch mehrere Motorradfahrer in der Gruppe unterhalten können. Man kann das Gerät auch mit dem Handy koppeln und hat dann eine Freisprechanlage, kann unterwegs Musik hören oder sich die Routeninformationen von Google Maps vorlesen lassen. Und in diesem speziellen Modell ist auch noch eine Kamera eingebaut. Die ist zwar nicht so gut, wie eine GoPro, aber um Ausflüge in einem Videotagebuch festzuhalten allemal gut genug.

Das Gerät ist also ein Universaltool für Kommunikation beim Motorradfahren. Und es wird am und im Helm montiert.

Bastelstunde

Also zunächst den Inhalt der Packung und den Helm bereitlegen. Es wird alles mitgeliefert, was zum Einbau nötig ist: Das Gerät selbst, mehrere unterschiedliche Halterungen, Lautsprecher, Kabel, zwei unterschiedliche Microfone und den Inbusschlüssel für die Klemmhalterung.

Für jeden Helm sollte das passende dabei sein

Die erste Hürde ist nun, den Helm mit Microphon und Lautsprecher zu verkabeln und die Halterung anzuschrauben. Ich will nicht zu sehr ins Detail gehen. Dazu gibt es genügend Videos und Anleitungen im Netz. In Kurzform: Die Polster müssen aus dem Helm ausgebaut werden, Micro und Lautsprecher werden per Klettklebepads befestigt. Die Halterung wird an den Helmrand geschraubt und danach die Polster wieder eingebaut.

Die Polster aus dem Helm entfernen

Am Anfang habe ich mich nicht recht getraut, den doch recht teuren Shoei Helm auseinanderzunehmen, aber eigentlich ist alles recht einfach. Da ich die Polster gerade ausgebaut hatte, konnte ich sie auch gleich reinigen.

Gereinigte Polster trocknen in der Sonne

Inbetriebnahme

Das Gerät wird über ein Drehrad und drei Knöpfe bedient. Die Bestätigung bekommt man akustisch. Entweder über Piepser oder per Sprache (z.B. „Kamera – ein“). Das so viele verschiedene Funktionen eingestellt werden können, ist die Bedienung nicht so trivial – insbesondere wenn man fährt. Man konzentriert sich auf den Verkehr und das eigene Fahrzeug, muss dann mit den Handschuhen blind links am Helm rumfummeln und sich an irgendwelche Tastenkombinationen erinnern.

Fertig eingebaut. Jetzt auf zur Probefahrt…

Dementsprechend war meine erste Probefahrt: Die Ansage des Navis war zu leise und anstelle eine Videoaufnahme zu starten habe ich Fotos gemacht. Beim weiteren rumfummeln hat sich auch noch der Musikplayer gestartet, etc.. PUHHH!

Erste Erkenntnisse

Ein paar Tage später kam ich aber bereits mit den Kernfunktionen zurecht. Die Kamera kann per App auf dem Smartphone gesteuert werden (z.B. Aufnahmemodus, Videoauflösung usw.). Beim Auf- und Absetzen des Helmes war der Anbau zunächst etwas ungewohnt. Das Gerät stört beim Fahren gar nicht und erzeugt auch fast keine Windgeräusche. Die Audiofunktionen sind wirklich gut und Wind- und Störgeräusche werden super weggefiltert. Das geht so weit, dass die Kameraaufnahmen keine Wind und auch kaum Motorsound haben, aber die Sprache extrem gut verständlich ist. Prima für ein Videotagebuch.

Leider drücken die Lautsprecher etwas an den Ohren, wie ich nach einer 1,5 Stunden Fahrt bemerkt habe. Das kann daran liegen, dass Shoei Helme ohnehin etwas enger geschnitten sind. Vielleicht kann ich da noch etwas am Polster machen.

Und jetzt?

Was fehlt noch? Die Events!
Trotz der mittlerweile etwas gelockerten Corona-Vorschriften sind die interessanten Veranstaltungen auf absehbare Zeit abgesagt oder verschoben. Der Motorradgottesdienst in Friedrichswalde wurde z.B. von Mai auf Oktober verschoben. Nun, dann dauert die Vorfreude eben noch etwas länger…

Berliner Motorrad Tage 2020

Am Wochenende vom 7. bis 9. Februar fanden wieder die Berliner Motorrad Tage in den Hallen der Station am Gleisdreieck statt. Trotz Sturmwarnung für den späten Sonntag Nachmittag haben Sonne und 12 Grad viele Besucher dazu veranlasst hat, selber mit dem Motorrad anzureisen.

Leider fehlten auch diesmal wieder Honda, Harley Davidson, Royal Enfield und Zero. Schade. Dennoch war das Angebot an interessanten Motorrädern wieder groß. Auch diesmal gab es beim Probesitzen für mich die eine oder andere Überraschung und ich habe mich tatsächlich auch für mehrere Probefahrten angemeldet.

Von Suzuki werde ich hoffentlich am 10 Mai beim Motorradgottesdienst in Friedrichswalde die eine oder andere Maschine zur Probe fahren. Auch wenn es seit Jahren keine echten Neuheiten mehr von der Firma gibt: die Vierzylinder sind ja immer noch echte Sahnestücke.

Von Triumph finde ich die komplette Modellpalette klasse. Egal welches Modell – stilsicher bis zur letzten Schraube. Optisch spricht mich zwar die Klassik Linie am meisten an, am Ende habe ich mich aber für eine Probefahrt auf der neuen Street Triple RS angemeldet. Ich bin einfach auf diesen legendären Dreizylinder gespannt. Und auch diese Maschine glänzt mit wunderschönen Detaillösungen und einem extrem gelungenen Finish.

Klassische Schönheit: Triumph Bonneville T120
Truimph Thruxton RS: Klassisches Design, Materialauswahl, Verarbeitung – zum Niederknien.
Triumph Street Triple RS: Mein Kandidat für eine Probefahrt

Ich bin eigentlich kein Fan von BMW – weder bei Autos, noch bei Motorrädern: Zuviel Klimbim und Schnickschnack. Aber da BMW die meisten Motorräder in Berlin baut, gebe ich dem Stand einen Heimatbonus und schau mal drüber. Etwas unerwartet und überraschend war, dass ich die neue BMW F900XR nicht uninteressant fand. Nicht so ein überladener Riesenklumpen, wie die große GS 1250, sondern ein Tourensportler mit super Sitzposition. Probefahrt folgt.

Gold geht gar nicht! Aber die Sitzposition war super.

Wenn sich die Gelegenheit schon mal bietet, nimmt man auch gerne auf Maschinen Platz, die nicht unbedingt dem eigenen Beuteschema entsprechen (zum Beispiel Sportler). Dabei hatte ich auch die eine oder andere Überraschung:

Mit ihrer Bikini-Verkleidung liegt die APRILIA Tuono V4 Factory irgendwo zwischen Supersportler und Nakedbike. Die 175PS aus dem 1100ccm V4 Motor verheißen Wahnsinn. Dafür sitzt man verblüffend zivil auf der zierlichen Maschine. Material, Design und Verarbeitung sind über jeden Zweifel erhaben. Auch wenn das definitiv nichts für mich ist – ein wunderschönes Stück italienischen High-End Maschinenbaus für €20.000,-

Aprilia Tuono V4 Factory: Schönheit mit Halbschale
Aprilia Tuono V4 Factory: Sehr schlank trotz Extrempower

Bei Ducati hatte ich letztes Jahr auf einigen Scrambler Modelle zur Probe gesessen und war etwas ernüchtert. In diesem Jahr habe ich ein Modell anvisiert, dass ich zwar optisch schön finde, das mich mit dem Namen „Supersport“ jedoch eher abgeschreckt hat.

Nun – der Name ist etwas irreführend. Die Ducati Supersport sieht mit ihrer Verkleidung zwar recht sportlich aus und ist mit dem 937ccm großen und 110PS leistenden Motor auch sicherlich kein Schwächling, aber zur echten Supersportlerin Panigale V4S mit sage und schreibe 214 PS fehlt dann doch noch so einiges. Die ausgestellte Maschine gab mit den montierten Seitenkoffern dann auch den richtigen Hinweis: Sie ist ein Sporttourer – für Singles. Die Sitzposition ist zwar schon etwas nach vorne gebeugt, aber noch sehr zivil. Fun Fact: Es gibt sie auch mit 48PS für A2 Führerscheininhaber.

Ducati Supersport – eher ein Sporttourer

Elektroantrieb kam ein wenig zu kurz. Zero fehlte und da Harley Davidson ebenfalls nicht vertreten war, gab es auch keine Livewire zu sehen. Aber Energica war mit einem Stand vertreten. Die Italiener zeigten verschiedene Modelle. Auf der Energica Eva konnte ich dann auch Platz nehmen. Sie sieht aus, wie ein normales, kräftiges Motorrad. Und das ist sie auch. 145PS, krasse 200Nm Drehmoment. Natürlich hat sie weder Kupplung, noch Schaltung, was sich zunächst etwas seltsam anfühlt. Leider hat sie noch einige der typischen Nachteile von Elektrofahrzeugen: Hoher Preis, hohes Gewicht und geringe Reichweite.
Je nach Modell und Ausstattung liegen die Energica Modelle zwischen €24.000 und €30.000,-.
Das Gewicht von ca. 260Kg merkt man schon, sobald man die Maschine etwas ankippt. Immerhin hat sie einen Rückwärtsgang, der beim Rangieren helfen kann.
Die Reichweite ist mit „bis zu 200km“ angegeben. Laut mehreren Berichten sollen ca. 130km realistisch sein. Immerhin verfügt die Maschine über eine Typ 2 Ladebuchse und kann daher an Ladesäulen für E-Autos in ca. 20min voll geladen werden.

Energica Eva

Ich habe die Triumph Rocket III zum ersten mal live gesehen und war platt. Die Maschine ist ein Monster. Ein Dreizylindermotor mit 2,5 Liter Hubraum. 300Kg. Drehmoment wie ein kleiner Traktor. Völlig sinnbefreit, aber lustig. Würde ich nie fahren – aber aufsitzen musste ich aus Neugier doch mal. „Gelandet“ bin ich in einem englischen Clubsofa. Unfassbar bequem. Zum Ohrensessel am Kamin fehlt da nicht mehr viel.

Triumph Rocket III R

Am Stand von Yamaha habe ich auf drei Modellen Probe gesessen. (Sorry für die blöden Bildausschnitte – der Stand war sehr eng und voll.)

Zunächst habe ich auf der Yamaha MT 09 SP Platz genommen. Das Naked Bike ist mit einem kraftvollen Dreizylindermotor und Öhlins Fahrwerk für nur €10.300 fast schon ein Schnäppchen. Leider zwingt sie einen mit dem breiten Lenker in eine sehr seltsame Sitzposition, irgendwo zwischen Sportler und Enduro.

Yamaha MT 09 SP

Sehr viel angenehmer war die Sitzposition auf der Yamaha Tracer 900 GT, die denselben Dreizylindermotor hat, aber als Tourenmotorrad ausgelegt ist. Man sitzt dort höher, aufrechter und recht bequem.

Noch aufrechter, aber nicht ganz so bequem ist die Yamaha Ténéré 700. Die vielgelobte Neuheit aus 2019 huldigt dem Prinzip „weniger ist mehr“ und ist weniger für den Toureneinsatz, sondern eher für Abstecher ins Gelände gedacht. Durch die langen Federwege ist sie sehr hoch. Es ist die erste Maschine auf der ich die Knie nicht anwinkeln muss, wenn ich die Füße auf den Boden stelle. Nichts für kleine Menschen!

Yamaha Ténére 700 (vorne) und Tracer 900 GT (hinten)

…und sonst so?

Ansonsten gab es wieder alles Mögliche rund um das Motorradfahren: Klamotten jeglicher Art, Schuhe und Stiefel, Helme, Handschuhe èn Masse. Polizei und Bundeswehr waren vertreten, Stände an denen Fahrsicherheitstrainings angeboten wurden und andere, mit Touristischen Angeboten für Motorradfahrer. Clubs stellten sich vor, Motorsport verschiedenster Art (Speedway, Dragster, Kindercross, usw.).

Custom Showbike bei BMW mit dem neuen 1800er Boxermotor

Ich habe herumgeschaut, ob ich Leute aus der Berliner Moto-Vlogger Szene erkenne. Die „jungen Wilden“ wie Dukein oder Kawaque habe ich nicht gesehen, aber Pepe Lila. Sie war allerdings im Gespräch und daher habe ich sie nicht angesprochen.

Viele fröhliche Farben bei Vespa

Als ich dann Nachmittags wieder aus der Station rauskam und das Wetter noch immer freundlich war, musste ich natürlich noch eine kleine Runde fahren. Nachdem ich an diesem Tag so viele interessante und hübsche Maschinen gesehen und angefasst habe – meine Suzi gefällt mir noch immer. Auch wenn ich die eine oder andere Probefahrt im Frühjahr machen werde, glaube ich nicht, dass ich sie so schnell eintauschen werde.

Sogenannter „Qualitätsjournalismus“ im Tagesspiegel

Von jemandem, der sich Journalist nennt, erwarte ich ein paar Dinge. Am wichtigsten sind mir, dass er/sie zwischen Bericht und Kommentar unterscheiden kann. Ein Bericht hat möglichst neutral die Situation zu beschreiben und die Einordnung und Wertung kommt dann bitte in den Kommentar. So hat man das ja auch schon in der Schule gelernt (hoffe ich). Zudem erwarte ich zumindest etwas Gespür für Sprache.

Stattdessen bekommt immer häufiger nur noch platte Meinungen, schlecht recherchierte Inhalte, sprachliche Schlampereien und irreführende Überschriften. Am „liebsten“ sind mit die Belehrungen darüber, was man nicht mehr sagen und schreiben darf. Eine Zeitlang war auf Zeit alle paar Tage ein neuer Artikel zu lesen, dessen Titel mit „Hort endlich auf …“ begann. In der Regel konnte man das Geschreibsel unter „mimimi…“ zusammenfassen.

Es hängt mir so zum Hals raus.

Das Problem dabei ist, dass dieser minderwertige Mist nicht mehr nur im lokalen Käseblatt steht, sondern in Publikationen, die ich früher mal als seriös angesehen habe (Spiegel, Zeit,…). Ich werde mich jetzt mal in lockerer Folge über solche Machwerke berichten.

Aktueller „Qualitätsjournalismus“ vom Tagesspiegel:

Dort schreibt Stefan Jacobs, wie seiner Meinung nach Polizeimeldungen
Autounfälle verharmlosen. Dabei stört er sich an gebräuchlichen Standardformulierungen wie „… konnte nicht mehr rechtzeitig bremsen“.

Für Jacobs ist diese Formulierung verharmlosend. In den genannten Beispielen wurden Fußgänger angefahren. Das ist zweifellos tragisch, aber was bitte ist an der Formulierung falsch?

Der Fahrer konnte nicht mehr bremsen. Ist doch logisch. Hätte er es noch gekonnt, wäre kein Unfall passiert. Neutraler kann man den Sachverhalt doch nicht darstellen. Wohlgemerkt – es geht hier um Polizeiberichte!

Weiter stört er sich daran, dass bei einem anderen Unfall der Fahrer bei
der Ausfahrt einen Fußgänger angefahren hat, dass der Fußgänger „übersehen“ wurde.

Wieder die Frage: Was ist falsch an dem Wort? Ich möchte doch schwer hoffen, dass der Fußgänger nicht angefahren wurde, obwohl er wahrgenommen wurde.

Jacobs versteigt sich hier zu der Formulierung „Übersehen“ meint eigentlich „missachten“.

Spätestens hier zeigt er, dass er entweder kein Sprachgefühl, mangelhaftes Verständnis für Inhalte oder schlicht eine Agenda hat. Darauf komme ich gleich zurück.

Was er schreibt ist inhaltlich natürlich Quatsch. Zwischen Übersehen und missachten liegen Welten.
Wenn man etwas übersieht, hat man es nicht gesehen oder wahrgenommen (dazwischen liegt auch nochmal eine deutliche Unterscheidung).
Wenn man hingegen etwas missachtet, hat man es gesehen und wahrgenommen, aber z.B. die Situation falsch verstanden (Klassisch: Vorfahrtsschild nicht gesehen.

Offensichtlich hat er dazu den Polizeisprecher Cablitz gesprochen, der ihm die Formulierungen erklärt hat. Sie müssen so neutral wie möglich beschreiben, was passiert ist und dürfen auf keinen Fall bereits die mögliche Schuldfrage behandeln. Wer schon mal in einen Unfall verwickelt war, weiß auch weshalb: Die Schuldfrage wird im Anschluss juristisch geklärt.

Die Polizei macht das also genau richtig!

Das hat Jacobs entweder nicht verstanden, oder er will es nicht gelten lassen. Etwas herablassend gibt er zu, dass die „Darstellung der Polizei kein böser Wille“ sei, „sondern die gedankenlose Dokumentation der Perspektive, die Polizeibeamten mit Berufserfahrung aus dem Streifenwagen die vertrauteste ist.“

Harter Tobak. Das muss man erst mal setzen lassen.

Daraus, dass die Beamten völlig korrekt um eine größtmögliche Neutralität bemüht sind genau das Gegenteil zu machen, ist schon ein ziemlicher Stunt und in meinen Augen mindestens unseriös.

Das führt mich zurück zu der Frage, was für diesen Artikel ursächlich ist.

Mangelndes Sprachgefühl, inhaltliches Nichtverstehen oder fehlende Einsicht in die juristischen Gründe für die Formulierungen können spätestens nach dem Gespräch mit der Polizei nicht der Grund sein, weshalb dieser Artikel geschrieben wurde.

Nein, der Herr hat eine Agenda.

Er schreibt ständig zu den tödlichen Unfällen in Berlin.
Ja, es sind zu viele.
Ja, es müsste mehr gemacht werden.
Aber ich erwarte Sachlichkeit und keine Stimmungsmache. Stattdessen lese ich Überschriften wie:
„Über 80 Prozent kommen ungestraft davon – Warum Fahrerflucht in Berlin nur selten angeklagt wird „, “ Tod einer Radfahrerin in Berlin – Willkür und Symbolik statt echter Konsequenzen „, “ Abbiegender Lkw überfährt Radfahrerin – Wut und Trauer bei Mahnwache in Kreuzberg “ und “ Weihnachten ohne Constantin – Eine Mutter trauert um ihren Sohn, der vom Lkw überrollt wurde“.

Und die Artikel sind genauso, wie es die Überschriften nahelegen – emotional und parteiisch. Es wird eine „Autos und LKW raus aus der Stadt“ gefordert.

Ich finde es ehrlich gesagt widerlich, wie Tod und Leiden hier für eine politische Agenda missbraucht werden. Propaganda ist hier fehl am Platz. Niemand möchte einen anderen Menschen totfahren. Dass es hier dennoch ständig passiert hat Gründe. Die muss man nüchtern untersuchen und dann abstellen.

Kleiner Denkhinweis: Fast alle in letzter Zeit gestorbenen Radfahrer sind durch Rechtsabbieger überfahren worden. Wenn man sich die neuralgischen Kreuzungen ansieht versteht man auch schnell wie es dazu kommt: Rechtsabbiegende Kraftfahrzeuge fahren links von geradeausfahrenden Radfahrern. Das ist immer eine gefährliche Situation. Es gibt zwei Lösungsmöglichkeiten, die je nach örtlicher Gegebenheit helfen können: Verschwenken der Fahrbahnen, damit die Rechtsabbieger rechts vom geradeaus fahrenden Verkehr zum Stehen kommen oder zeitlich getrennte Grünphasen für Abbieger.

Und es werden auch immer mehr Kreuzungen entsprechend umgebaut. Ja, das könnte gerne noch schneller gehen, aber es mitnichten so, dass hier nichts passieren würde. Ich würde übrigens gerne mal einen Artikel darüber lesen, an welchen Stellen die Umbauten bereits Erfolge gebracht haben.

Tempo 130? Ja macht doch endlich…

Ehrlich gesagt verstehe ich diese blöde Diskussion um Tempolimits auf Autobahnen nicht. Macht die Richtgeschwindigkeit von 130 Km/h zur Höchstgeschwindigkeit und gut ist.

Mit 130 kommt man auf einen guten Schnitt, das Auto verbraucht nicht soviel und der Verkehr fließt viel entspannter. Und es ist trotzdem nicht so schnarchlahm wie damals die unsäglichen 100 durch die DDR, wo man ständig gegen das Einschlafen kämpfen musste.

Ich habe zur Zeit ein ziemlich schnelles Auto. Einer der Gründe für den Kauf war, dass ich den Stress leid war, den man mit weniger stark motorisierten Fahrzeugen auf der Autobahn hat: Zu schnell für die rechte Spur und zu langsam für die Linke. Wenn 130 eingeführt wird, kann man endlich wieder abrüsten und entspannt vernünftige Autos fahren, wie z.B. den Toyota Hybrid oder ein Elektroauto. Das senkt dann den Verbrauch auch abseits der Autobahn.

Das ist kein modisches Gequatsche. Diese Meinung hatte ich schon lange bevor irgendjemand etwas von Tesla gehört hat und die deutschen Automanager noch schwafelten, dass sie auch in 35 Jahren noch Autos mit Benzin- und Dieselmotoren verkaufen würden. In einem Artikel vom 12 März 2007 schrieb ich in diesem Blog:

„Ich würde gerne auch in 25 Jahren noch Auto fahren können. Das wird aber vermutlich nur gehen, wenn die Autos bis dahin anders geworden sind. Ich meine WIRKLICH ANDERS!
Es geht hier nicht um 20% weniger Benzinverbrauch und Euro 9 Abgasnorm. Das ist alles Kokolores. Ich rede von Autos, die (in welcher Form auch immer) völlig mit regenerativen Energien angetrieben werden.“

Ich hab damals auch schon Probleme vorhergesagt, in die die deutsche Automobilindustrie durch ihre tranige Selbstzufriedenheit jetzt hinein schlittert.

„Wo sind die umweltschonenden Antriebe für das Jahr 2010/2011? […]
Die Zeit wird knapp. Sowas schüttelt man sich nicht aus dem Ärmel und der Markt ändert sich rasch. […]
Ich könnte mir z.B. gut vorstellen, 2011 einen Elektro-Roadster von Samsung zu fahren…“

Artikel „Passt bloss auf…“ vom 7. September 2007

Gut, ich habe mich um 10 Jahre vertan und Samsung baut keine Autos, sondern „nur“ die Akkuzellen dafür, aber dass so ein Umbruch kommen würde war absolut absehbar.

P.S.: Tempolimit ja bitte. Aber nicht so einen Schmarrn einführen, wie „intelligente situationsabhängige Tempolimits“. Die Dinger sind die Pest, weil man die Anzeigen nie nachvollziehen kann.

Ich hatte auf der A2 schon mehrfach Beinahe-Auffahrunfälle, weil jemand kurz vor einem Blitzer eine völlig unnötige Vollbremsung aus 140 Km/h gemacht hat. Man konnte förmlich die Denkblase über dem Auto sehen: „Ähhh, was stand da vorne auf dem letzten Schild???“

130 überall und jederzeit – dann weiß man stets Bescheid.

Venedig 2019

Mein diesjähriger Hauptbeitrag zur globalen Klimaerwärmung ist ein Besuch in Venedig. Wie bereits vor zwei Jahren war der Anlass der Besuch der Biennale. Und wie 2017 teile ich meinen Reisebericht in zwei Artikel: Diesen zur Stadt und einen zur Kunst (58. Biennale in Venedig).

Anreise

Der Flug mit Easyjet ab Berlin Tegel war pünktlich, ruhig, wolkenlos und bot perfekte Sicht auf München, Innsbruck, die Alpen und die Lagune von Venedig. Auch in diesem Jahr bin ich wieder im Hotel „Antica Locanda al Gambero“ im Stadtteil San Marco abgestiegen, das auf halbem Weg zwischen Rialtobrücke und Markusplatz liegt. Es hat kleine, schnucklige Zimmer und ein gutes Frühstücksbüfet, was einen guten Start in einen anregenden und anstrengenden Tag garantiert.

Venedig im Anflug

Venedig im Anflug

Wetter

Das Wetter war wolkenlos und sehr warm. Das Thermometer zeigte zwar „nur“ 34 Grad und nicht 38 Grad wie zur gleichen Zeit in Berlin, aber die Luftfeuchtigkeit war sehr hoch. Da die Stadt im flachen Wasser steht, das bereits 29 Grad warm war, sank die Temperatur auch nachts nicht unter 27 Grad. Ich hatte das Gefühl, dass Venedig in einem großen, flachen Kochtopf steht und langsam gegart wurde. Mein Kreislauf war daher am Limit. Immerhin ist Südeuropa mit seinen schmalen, schattigen Gassen und dem großzügigen Einsatz von Klimaanlagen natürlich viel besser auf solch ein Wetter vorbereitet als Deutschland. Ich habe mich hauptsächlich von Schatten zu Schatten bewegt und wenn es zu arg wurde, habe ich irgendwelche klimatisierten Räume betreten.

Sehenswertes

Bereits bei meinem ersten Besuch 2017 habe ich recht viel von Venedig gesehen. Daher konnte ich die typischen Klischees Canal Grande, Rialtobrücke, Markusplatz, Dogenpalast usw. dieses mal kurz abhandeln. Man kommt da halt zwangsläufig vorbei. Aber auch bei meinem zweiten Besuch habe ich viele spannende Eindrücke von der Stadt gewinnen können.

Schade, dass ich auch dieses mal nicht den Markusdom von innen angesehen habe. Man muss sich gleich früh Morgens anstellen, um überhaupt eine Chance zu haben, aber bereits da war es so voll und heiß, dass ich davon Abstand genommen habe. Vielleicht kann man das im Frühling oder Herbst machen, aber nicht im Juni.

Kitschiges Klischee, aber echt

Kitschiges Klischee, aber echt

Die Tage waren überwiegend der Kunst gewidmet. Abends, wenn die Sonne nicht mehr so gebrannt hat und die Stadt langsam etwas ruhiger wurde, habe ich mir Ecken und Winkel jenseits der Hauptattraktionen angesehen um die Lagunenstadt besser verstehen zu können. Bei meinem ersten Besuch hatte ich den Eindruck, dass in den Gassen fast ausnahmslos Touristen unterwegs und nur noch am äußersten Rand einige wenige Venezianer wohnen. Dieses mal habe ich jedoch auch in zentralen Bereichen von San Marco und Dorsoduro einige verstecktere Winkel und Gassen durchstreift, in die sich zwar auch noch Touristen verirren, die aber tatsächlich von richtigen Menschen bewohnt werden. Dann sieht man auch mal an einem Handwerksbetrieb oder einen kleinen Tante-Emma-Laden. Einmal kam mir ein energisch diskutierendes junges italienisches Pärchen entgegen, und das Mädchen sagt, dass es nun wirklich nach Hause zur Mutter muss. Echtes Leben!

Original Banksy Graffitti gefunden

Original Banksy Graffitti gefunden

In meinem Venedig Artikel von 2017 schrieb ich von Gassen, die kaum 1,5m breit sind. Tatsächlich geht es aber noch enger. Den Rekord dürft eine Gasse halten, die ich in Dorsoduro auf dem Weg zwischen der Haltestelle San Toma und dem Campo San Pantalon auf der Suche nach dem Graffitti von Banksy durchschritten habe. Sie maß kaum 80 cm(!) und ich habe sie erst gesehen, als ich genau davor stand. Dazu kommen noch etliche Wege, die durch Unterführungen oder Arkaden verlaufen und häufig den Eindruck vermitteln, das es dort privat ist. Nebenbei habe ich die Gasse gefunden (Calle Malipiero), in der laut einer Gedenktafel Giacomo Casanova geboren sein soll.

Hier steht das Geburtshaus von Casanova

Hier steht das Geburtshaus von Casanova

Erholung

Da die Tage so anstrengend waren, habe ich bei meinen Streifzügen nicht nur auf Erbauung, sondern auch auf Erholung geachtet. Mal habe in einer versteckten Unterführung zu einem Anleger am Canal Grande Stühle gefunden und spontan eine 5min Pause eingelegt um den Verkehr der vorbeifahrenden Boote zu beobachten. Mal habe ich den Sonnenuntergang und den Blick zur Friedhofsinsel San Michele am Fondamente Nove genossen und einen ausklingenden Nachmittag habe ich am Strand des Lido gechillt und einfach nur eine Stunde auf die Adria geschaut. Dort lief die ganze Zeit klassischer Italo-Pop („Felicita“, „Serenata“, „Ti amo“, „Volare“, „Sarà perché ti amo“ usw.), der mit tagelang in den Gehörgängen klebte.

Nun ja, wo wäre das passender als hier?

Spontane 5 min Pause

Spontane 5 min Pause

Abendstimmung mit Friedhof

Abendstimmung mit Friedhof

Blick auf die Adria

Blick auf die Adria

Mein unerwartetes Highlight

Einige Ausstellungen die mir angesehen habe, waren über die Stadt verteilt und in großen Häusern oder Palazzi untergebracht. Zunächst war ich im Gebäude der Ugo and Olga Levi Foundation um dort die Länderbeiträge von Bulgarien und Portugal zu sehen. Das Haus war nicht nur groß, sondern auch sehr gut saniert und bot einen tollen Ausblick auf den Canal Grande und die Ponte dell’Accademia.

Blick auf die Ponte dell'Accademia

Blick auf die Ponte dell’Accademia

Auf dem Foto hinter der Brücke schon zu erahnen ist der Palazzo Contarini Polignac in dem eine Ausstellung mit Werken von Günther Förg gezeigt wurde. Nichts gegen Förg, aber gegen das absolut umwerfende Gebäude hat sein Werk m.E. überhaupt keine Chance. Der Palazzo aus dem 15. Jahrhundert ist nämlich fast im Originalzustand erhalten. Die Möbel im 1.OG stammen aus dem 16. und die im 2.OG aus dem 17. Jahrhundert. Es gibt hinter dem Haus einen für venezianische Verhältnisse sehr großzügigen Garten. Der Grundriss ist mit seiner Unterteilung in linken und rechten Flügel, sowie Mittelhalle typisch für ein venezianisches Handelshaus dieser Zeit.

Ich hatte mich in den Tagen zuvor an die beengten Platzverhältnisse und entsprechende Proportionen in der Stadt gewöhnt und stand plötzlich in der Haupthalle im Piano Nobile (1.OG). Mindestens 6m breit, 5m hoch und satte 22m lang. Sie geht von der Fassade am Canal Grande bis zur Rückwand am Garten. Beide Seiten sind in voller Breite und Höhe mit Fensterflügeln versehen, zum Canal mit Balkon. Dazu die Möblierung aus dem 16. Jahrhundert. Extrem beeindruckend! Leider durfte man dort nirgends fotografieren, weil das Haus in Privatbesitz ist und sogar noch bewohnt wird. Daher muss leider die Beschreibung ein Foto der Fassade genügen.

Palazzo Contarini Polignac

Palazzo Contarini Polignac

Ereignisse, die nicht stattfinden

Eines Abends fühlte ich mich etwas an Thomas Manns „Der Tod in Venedig“ erinnert. Der Protagonist Gustav von Aschenbach besucht Venedig und bemerkt im Verlauf der Handlung, dass etwas in der Stadt nicht stimmt. Seine Versuche Auskunft zu erhalten, weshalb die Zisternen mit Kalk behandelt werden und immer mehr Gäste abreisen, werden nur ausweichend beantwortet, nichts steht in den Zeitungen. So erfährt er nicht, dass in der Stadt die Cholera ausgebrochen ist.

Daran musste ich denken, als ich bei einem abendlichen Spaziergang an der Promenade Riva Cà di Dio ein ziemlich großes Feuer bemerkt habe. Der Himmel färbte sich orange und nach ein paar Minuten sah man sogar die Flammen über die Dächer lodern. Aus der Perspektive war schwer auszumachen, wo das Feuer wütete. Meine Versuche herauszufinden, wo es genau gebrannt hatte blieben alle erfolglos. Der Portier im Hotel hat zwar recherchiert, aber nichts gefunden und selbst am nächsten Tag stand nichts in den italienischen Nachrichtenportalen.

Der Brand

Der Brand

Overtourism

Den Artikel habe ich mit einem selbstkritischen Satz begonnen und ich möchte ihn ähnlich beenden. Die Reise war anstrengend und schön, aber Venedig wird von Besuchermassen überrannt. Die Stadt hat noch ca. 60.000 Einwohner, aber über 30 Millionen Besucher jährlich.

So weit, so bekannt. Ich war nun so unklug, auch noch genau zur Hauptreisezeit zu buchen. Daher habe ich nicht nur die Höchsttemperatur, sondern auch noch den höchsten „Füllstand“ mit Touristen abbekommen. Als ich am Dienstag ankam, war die Stadt schon sehr voll, aber sie wurde gefühlt von Tag zu Tag voller. Und das Gefühl wurde bei meiner Abreise bestätigt. Auf dem Anflugbild ist kein Kreuzfahrschiff im Hafen zu sehen. Bei meiner Abreise lagen dort 7(!) von den unerwünschten Riesen, gegen die die Stadtbewohner protestieren. So dürften zusätzlich zu der normalen Masse nochmal ca. 10.000 Tagestouristen von den Schiffen dazukommen.

Auch wenn ich selber zu den Touristen gehöre und Venedig ohne Touristen vermutlich nicht mehr existieren würde – so geht das einfach nicht mehr weiter. Wir müssen alle einfach viel häufiger zu Hause bleiben.

Wohin mit der Zahnbürste?

Motorradfahren macht Spaß, aber manchmal ist es etwas unpraktisch. Zum Beispiel, wenn man etwas mitnehmen möchte das größer als ein Päckchen Taschentücher ist. Im Alltag fahre ich nur kurze Strecken durch Berlin. Da habe ich kein Gepäck oder ich nehme zur Not mal einen kleinen Rucksack. Aber für etwas mehr Dinge oder längere Strecken ist das nichts. Wohin also mit Zahnbürste und Unterhose, wenn man mal schnell für ein- oder zwei Tage wegfahren möchte?

Der Möglichkeiten gibt es viele – Tankrucksäcke, Satteltaschen, Seitenkoffer, Topcase, Gepäckrollen, und so einiges mehr. Wie findet man jetzt die passende Lösung?

Erst mal nachdenken, worauf ich Wert lege.

Da die Gepäckbeförderung sicherlich die Ausnahme bleiben wird, wollte ich mir aber nicht mit irgendwelchen hässlichen Anbauteilen, meine schöne SV650 verhunzen. Andererseits sollte die Befestigung sicher, aber mit überschaubarer Fummelei von statten gehen. So kam eigentlich nur ein Tankrucksack, oder eine Hecktasche in Frage.

Passt - Hecktasche auf der SV650

Passt – Hecktasche auf der SV650

Nach einiger Recherche und Ausprobiererei habe ich mich für eine Hecktasche von SW-Motech entschieden. Sie wird einfach auf den Sitz gestellt und sehr einfach mit vier Riemen festgeschnallt. Das geht fix und sitzt richtig fest. Zum Lieferumfang gehören Riemen, Tragegurte, ein Drybag, Schutzfolie für den Lack und ein Staubschutzsack für die Lagerung. Material und Verarbeitung machen einen sehr guten Eindruck, was bei dem doch recht stolzen Preis von €180,- auch sein sollte.

Herausforderung Wochenendgepäck

Herausforderung Wochenendgepäck

Zu Hause angekommen habe ich gleich den Stresstest mit minimalem Wochenendgepäck gemacht: drei Garnituren Unterwäsche, Schuhe, Jeans, Hoodie und Regenjacke passen hinein und lassen auch noch Platz für Waschbeutel und Handyladegerät.

Schuhe und Unterwäsche zuerst...

Schuhe und Unterwäsche zuerst…

Fertig - Alles verstaut und es wäre sogar noch etwas Luft

Fertig – Alles verstaut und es wäre sogar noch etwas Luft

Vorbereitet bin ich – mal sehen, wann ich zur „Testfahrt“ aufbreche…

Sonne und Motorrad Saisonbeginn

Zusammenfassung des letzten Wochenendes: Sonne, 20 Grad, Motorräder und gute Laune. ;-)

Den Samstag habe ich zu einer Tournee zu einigen Motorradhändlern in Berlin genutzt, die den Saisonbeginn gefeiert haben. Nicht dass ich mit meiner hübschen Suzi unzufrieden bin – ganz im Gegenteil. Aber da ich ja noch der totale Newbie bin, fehlt mit der Vergleich und ich wollte ich mir mal einen Überblick verschaffen.

Auf den Berliner Motorradtagen hatte ich Honda vermisst. Daher habe ich die Runde bei Honda Cintula in Tempelhof begonnen. Wie bei den meisten anderen Händlern gab es dort neben der Möglichkeit zu Probefahrten Bratwurst, Getränke und Livemusik. Halb elf morgens war mir noch zu früh für Bratwurst und Probefahrten habe ich auch nicht gemacht. Tatsächlich habe ich an dem Tag nirgendwo Probefahrten gemacht. Teils waren die Modelle gerade nicht da, die mich interessiert haben und später wurde es von der Zeit ein wenig eng. Daher habe ich mich mit gucken, fragen und aufsitzen begnügt.

Klassische Schönheit aus den 70ern: Honda CBX

Klassische Schönheit aus den 70ern: Honda CBX

Bei Honda hat mich verblüfft, wie dicht die Modell der Neo-Sports Reihe optisch beisammen liegen. Die CB125R (13PS) wirkt extrem erwachsen und die daneben stehende CB1000 (145PS) wiederum sehr kompakt, so dass man schon zweimal hinschauen musste um beide auseinanderzuhalten.
Toll für die 16 Jährigen. In meiner Jugend lagen zwischen einer MB-8 und einer CB 900 nicht nur technisch, sondern auch optisch Welten.

Die neue CB650R, die mich interessiert hätte, war leider permanent auf Probefahrt. Dafür konnte ich mich an der neuen Monkey kaum satt sehen. So niedlich und mit extrem viel Liebe zum Detail gestaltet, dass man sogar über den recht hohen Preis für eine 125er mit knapp 10PS hinwegsehen kann.

Aktuelle Honda Monkey (rot) neben älterer Honda Gorilla

Aktuelle Honda Monkey (rot) neben älterer Honda Gorilla

Derselbe Händler führt auch die Elektromotorräder von Zero. Als ich ankam, sind zwei zur Probefahrt aufgebrochen. Es klang, als ob sich zwei Straßenbahnen ein Wettrennen liefern würden. Ich halte die Idee von Elektro Motorrädern ja generell für sehr interessant. Immerhin hat mich mein E-Moped auf den Geschmack gebracht, einen A-Führerschein zu machen.

Zero

Zero – enttäuschende Haptik

Daher habe ich darauf gefreut, die Zeros endlich mal im Original zu sehen. Die Maschinen kannte ich bisher nur von Bildern und Videos. Dort sahen sie relativ langweilig aus. Als ich direkt davor stand war es leider noch schlimmer. Extrem schlicht und lieblos im Detail, in der Größe eine 125er. Es mag ja sein, dass die ganz gut fahren, aber mit der Optik und Haptik bringt mich niemand dazu €15.000,- auf den Tisch zu legen. Da müssen wir wohl noch ein oder zwei Modellgenerationen abwarten müssen. Die angekündigte Zero SR/F scheint da ein anderes Kaliber zu sein, aber leider auch nochmals teurer.

Gut besucht: Fuhrmann

Gut besucht: Fuhrmann

Die nächste Station war Fuhrmann – ein Händler für Yamaha und Suzuki in Neukölln. Als ich dort auf den Hof fuhr brach gerade ein Inferno der Kategorie „die Trompeten von Jericho“ los. Horex war auch dort vertreten und es starteten gerade zwei VR6 Modelle zu einer Probefahrt. Akustisch irgendwas zwischen Erdbeben und Formel Eins Rennen. Es ist mir völlig unverständlich, wie solche Maschinen noch eine Zulassung bekommen. Das sollte eigentlich in Zeiten von Euro 4 nicht mehr möglich sein. Ich empfinde das sowohl akustisch, als auch optisch als absolute Prolo-Karre. So gesehen passt es natürlich wunderbar nach Neukölln.

Passend dazu gab es auch die Möglichkeit, eine Geräuschmessung am eigenen Motorrad durchführen zu lassen, was ich wiederum gut fand. Von dem Service wurde auch rege Gebrauch gemacht, was nur möglich war, weil der Hof in einem Gewerbegebiet liegt und im weiteren Umfeld kein Wohngebäude steht.

Bei Fuhrmann habe ich auch zum ersten Mal die seltsame Yamaha Niken mit den zwei Vorderrädern gesehen. Technisch interessant, optisch gewöhnungsbedürftig, aber wozu man das zusätzliche Gewicht mit sich rumschleppen soll, erschließt sich mir nicht. Ich muss zugeben, dass ich den Witz an der Maschine nicht ganz verstehe. Anderen ging es wohl ähnlich: Die Maschine wurde stets angesehen aber nicht gefahren.

Yamaha Niken

Yamaha Niken

Ich nehme zudem als Erkenntnis mit, dass sich die Yamaha MT-09 als 900ccm Dreizylinder mit 115PS sogar etwas leichter anfühlt, als meine 76PS Zweizylinder SV650. Die Ursache dafür ist, dass sie tatsächlich etwas leichter ist – wer hätte das gedacht? Vielleicht fahre ich sie ja irgendwann zur Probe.

Kawasaki Z900RS

Kawasaki Z900RS

Meine dritte Station war Röwer in Lichtenberg. Neben Kawasaki und BMW führen sie seit neuestem auch Ducati. Man sollte meinen, dass hier die Dichte potentieller Traummotorräder am höchsten ist. Tatsächlich hat mich vor allem die Kawasaki Z900RS im klassischen Z1 Outfit angesprochen. Und obwohl mich BMW im Allgemeinen völlig kalt lässt, finde ich das Modell Nine-T interessant. Etwas Lokalpatriotismus sei gestattet – das Modell wird in Berlin gebaut. Ich könnte mir bei beiden mal eine Probefahrt vorstellen.

BMW R Nine-T

BMW R Nine-T

Den Abschluss meiner kleinen Rundreise machte ich bei Suzuki Lukas in Prenzlauer Berg. Der mit Abstand kleinste Händler meine Rundreise, der nur ein kleines Ladengeschäft an der Danziger Str. hat. Klein aber fein – der Inhaber ist wirklich sehr nett und hilfsbereit und immer für ein Schwätzchen zu haben. Meine Suzi habe ich hier gekauft.

Auch auf meiner letzten Station habe ich keine Maschine zur Probe gefahren, aber ich habe abgemacht, dass ich die neue Katana ausprobieren werde, wenn sie verfügbar ist. Ich fand damals das Originalmodell von 1981 umwerfend und die Neuauflage ist zumindest Optisch extrem gelungen. Ich durfte ja auf der BMT bereits einmal Probesitzen.

 

Berliner Motorradtage

An diesem Wochenende fanden in die Berliner Motorradtage statt. Ich habe diese Veranstaltung noch nie besucht, aber da ich seit dem 31. Oktober letzten Jahres nun offiziell auch zu den „Bikern“ gehöre, dachte ich mir „schau doch mal rein“. Es herrschten In Berlin für Februar zwar hohe Temperaturen, aber es schüttete wie aus Kübeln. Meinen ursprünglichen Plan, mit dem Motorrad dorthin zu fahren habe ich also verworfen. Man möchte ja nicht tropfend durch die Hallen der Station Berlin wandern.

Die Berliner Motorrad Tage sind natürlich hauptsächlich eine Verkaufsveranstaltung. Bekleidung, Helme, Handschuhe, Kleinteile und Zubehör zum sofort mitnehmen. Zweirad Stadler hatte zum Beispiel eine ganze Wand voll auffallend günstiger Dainese Lederkombis (nein, ich habe keine gekauft). Diverse Händler hatten ganze Wände voller Vintage Lederjacken und passende Helme in Vintage Anmutung gab es ebenfalls en masse.

Natürlich gab es auch reichlich Gelegenheit sich einen guten Überblick über die aktuellen Maschinen der verschiedenen Hersteller zu verschaffen. Von den großen Herstellern fehlten unverständlicherweise Honda und Harley Davidson. Dafür war der Nischenhersteller Horex mit einem vergleichsweise großen Stand anwesend und für amerikanisches Flair sorgte Indian.

Heavy Metal aus USA: Indian statt Harley

Heavy Metal aus USA: Indian statt Harley

 

Heavy Metal aus Norddeutschland: Waldfee Nr. 1 von Andi Feldmann. Selbstbau mit Automotor

Heavy Metal aus Norddeutschland: Waldfee Nr. 1 von Andi Feldmann. Selbstbau mit Automotor

Ich habe den Sonntag für meinen Besuch gewählt. Tausende andere Besucher ebenfalls. Es war wirklich viel Publikum anwesend und das Vorankommen durch die Hallen war teilweise etwas zäh. Es waren erfreulich viele Paare und auch viele Familien mit Kindern dort. Deshalb war die wohl unvermeidliche „Zwei vollbusige und leicht bekleidete Frauen tun auf der Bühne so. als ob sie ein Motorrad waschen wollen, machen sich dabei aber vor allem selber nass“-Performance etwas deplaziert.

hdrKurios: Kleinstserienhersteller Horex zeigt seine VR6

Kurios: Kleinstserienhersteller Horex zeigt seine VR6

So etwas ist nicht hilfreich, wenn man mehr Frauen zum Motorradfahren bringen möchte. Zumal die Chancen dazu gar nicht so schlecht stehen. Von den vielen anwesenden Frauen und Mädchen haben sehr viele interessiert auf den ausgestellten Maschinen Platz genommen. Ich denke nicht nur, weil sie Menne zur BMT begleitet haben. ;-)

Heimspiel: BMW zitiert sich selbst

Heimspiel: BMW zitiert sich selbst

Ebenfalls schön zu sehen, dass auch viele Jugendliche dort waren und sich für die vielen wirklich attraktiven 125er interessiert haben. Bei einer Yamaha MT 125 muss man schon zweimal hinsehen um sie von einer deutlich größeren Maschine zu unterscheiden. Wenn ich diese Motorrädern mit den schmalen 50ern und 80ern aus meiner Jugend vergleiche – wow!

Die Möglichkeit, sich die Exponate mal im Detail anzusehen und auch aufzusitzen habe ich natürlich gerne wahrgenommen. Da ich als Newbie noch keine Erfahrung mit unterschiedlichen Motorrädern habe konnte ich mich bisher nur an meinem Bauchgefühl orientieren. Um meine Vorurteile zu überprüfen, habe ich mich daher nicht nur auf Motorräder gesetzt, die ich für interessant halte („fühlt die wirklich so nett an, wie sie in den Tests aussieht?“), sondern auch auf Maschinen, von denen ich glaube, dass sie nichts für mich sind („Ist das vielleicht nur mein Vorurteil?“).

Natürlich kann es sich dabei nur um einen ersten Eindruck handeln, so lange man nicht wirklich Probe fährt, aber Sitzposition und Anmutung sind ja auch schon recht gute Indikatoren.

Designer Wetzhobel: Husquarna Svartpilen 701

Designer Wetzhobel: Husquarna Svartpilen 701

Meist lag ich mit meinen Vermutungen richtig: Supersportler nerven mich mit der stark nach vorne gebeugten Haltung genauso wie das genaue Gegenteil – Chopper, Cruiser und Bobber mit ihrer übertrieben entspannten Sofa-Attitüde. Mit Geländemaschinen und Super Motos werde ich wohl auch nicht warm und Tourer sind zwar unheimlich bequem, aber derart vollgestopft mit Technik und so schwere Brocken, dass das irgendwie meiner Idee von Motorradfahren völlig zuwider läuft.

Unerwartet war, dass mir die Ducati Scrambler-Reihe zwar optisch gefällt, aber die Sitzposition nicht. Andersherum ist die Husqurana Svartpilen 401 schon wieder so schmal und kompakt, dass man das Gefühlt hat, auf einem etwas zu schweren Fahrrad zu sitzen. Die BMW R nine-T war nicht so unbequem wie befürchtet, aber der Boxer-Motor ist ein Brocken von Maschine. Hingegen machten die bildschönen Moto Guzzi V7 und V9 einen unerwartet leichten Eindruck.

Klassische Schönheit: Moto Guzzi V7 III

Klassische Schönheit: Moto Guzzi V7 III

Die Modelle von Triumph hätte ich am liebsten alle mitgenommen. So unfassbar schön und stilecht bis in die letzte Schraube. Meine beiden Favoriten sind dabei die Thruxton und die Speed Twin mit ihren 12000er Reihenzweizylinden.

Aber von diesen Träumchen abgesehen, habe ich doch das Gefühl, mit der Suzuki SV650 zunächst das richtige Motorrad gekauft zu haben: Entspannte Sitzposition, etwas Retro, aber nicht zuviel, guter Zweizylinder Motor und das zu vergleichsweise kleinem Geld. Alles was mir mehr zusagt kostet auch mindestens das Doppelte. Und wie Christian sagte, als er mit leicht verträumten Blick auf einer 1200er Triumph Bonneville saß: „Ein Traum! Aber kannst Du Dir vorstellen, dieses Bike etwas länger an einer Straßenecke in Kreuzberg stehen zu lassen?“

Klassiker: Honda CB 750 Four Baujahr 1971

Klassiker: Honda CB 750 Four Baujahr 1971

Da hat er recht. Daher ist jetzt erst mal etwas träumen angesagt – und bis dahin Spass mit der SV. Möge die Saison beginnen…

 

Motorradführerschein – Herbst 2018

Noch einen Nachtrag zum letzten Vierteljahr: Warum ich im „hohen Alter“ von 50 Jahren noch einen Motorradführerschein gemacht habe.

Spontane Entscheidung…

Einerseits war das eine ziemlich spontane Entscheidung. Ich brauchte einen neuen Personalausweis. In Berlin ist das ein ziemlicher Aufwand, weil man sich dafür zwei Monate im Voraus einen Termin reservieren muss. Ernsthaft!

Während der am Sommeranfang vereinbarte Termin beim Bürgeramt so langsam näher rückte, hatte ich mir mein E-Moped zugelegt. Das Fahren machte total Spaß, aber die unsägliche Beschränkung auf 45Km/h ist im Berliner Stadtverkehr einfach nervig und gefährlich. Eine Woche vor dem Termin hatte ich also den Gedanken „Mach doch auch noch den Klasse A Führerschein. Den Termin beim Bürgeramt hast Du ja schon.“

Also schnell recherchiert, was man dafür benötigt, wo eine geeignete Fahrschule ist, wie teuer das ungefähr sein wird und los ging es…

…oder 40 Jahre Verspätung?

Es gibt natürlich auch noch eine etwas andere Sichtweise: Ich habe mich schon als Teenager für Leichtkrafträder und Motorräder interessiert, hatte aber nie genug Geld für eine 80er. Für den Motorradführerschein auch nicht (den Autoführerschein hat Oma gesponsert, aber unter der Bedingung, dass ich nicht auch noch Motorrad fahren lerne). Später hatte ich immer noch kein Geld – oder keine Zeit mehr. Und jetzt hat es gerade gepasst. Über 30 Jahre später…

Das Ergebnis: Erst mal genügend Führerscheinklassen...

Das Ergebnis: Erst mal genügend Führerscheinklassen…

Es lief wie erwartet

Mein Fahrlehrer meinte zu Beginn. „Glaub nicht, dass Du schon fahren kannst, nur weil Du seit Jahren Auto und 50er fährst.“

Nun – das hatte ich auch nicht erwartet. Der Vorteil, wenn man schon ewig Auto fährt ist, dass man geübt darin ist, Situationen und die anderen Verkehrsteilnehmer einzuschätzen. Der Nachteil ist, dass man sich 100 kleine Schlampereien angewöhnt hat, mit denen man gut durch den täglichen Verkehr kommt – aber nicht durch die Prüfung.

Zur Vorbereitung auf die Theoretische Prüfung kann ich übrigens die ADAC App auf wärmste empfehlen. Die ist wirklich gut und funktioniert fast genauso, wie die, die die DEKRA zur Prüfung verwendet.

Aber zurück zur Praxis: Zwei Räder sind natürlich etwas ganz anderes als vier Räder. Dazu kommt: Mein Moped wiegt 80Kg und hat 3PS. Die Fahrschulmaschine wiegt 200Kg und hat 75 PS. Zweieinhalb mal so viel Gewicht und 25 Mal so viel Leistung. Natürlich habe ich da erst mal ’nen Heidenrespekt. Und auch wenn man im Kopf schon weiß, wie die Technik funktioniert und was man tun muss – der Körper muss erst mal langsam lernen, mit der Kraft und Masse umzugehen. Aber das war mir klar.

Unerwartete Details

Trotzdem gab es natürlich ein paar Dinge, mit denen ich nicht so gerechnet hatte.

Lenken geht anders – rechts fahren, rechts drücken

Erst mal das „verkehrt herum lenken“. Bei langsamer Fahrt ist das Motorrad im instabilen Zustand und fährt sich wie ein extrem schweres Fahrrad: Etwas kippelig. Will man nach links, dann lenkt man auch nach links. Aber ab ca. 35Km/h funktioniert das anders rum. Das Motorrad will eigentlich nur geradeaus weiterfahren. Wenn man nun nach links will, muss man erst einen kurzen Lenkimpuls nach rechts geben, damit die Maschine nach links in die Kurve kippt. Das widerspricht völlig der Intuition und muss erst mal gelernt werden.

Motorradfahren ist Arbeit

Auch wie wichtig die richtige Körperhaltung in verschiedenen Fahrsituationen ist, war mir nicht sofort klar. Arme locker halten – aber bei einer Vollbremsung durchdrücken und mit den Knien am Tank abstützen. Bei Schrittgeschwindigkeit so weit wie möglich nach vorne setzen, beim Kreisfahren leicht nach innen. Fußballen auf die Rasten, aber bei Schrittgeschwindigkeit hinten leicht mitbremsen usw.

Passiv auch dem Bock sitzen ist nicht. Am Anfang ist das Fahren daher auch körperlich durchaus fordernd. Nach den ersten Fahrstunden war ich jedes mal derart nass geschwitzt, dass ich meine Unterwäsche hätte auswringen können. Das lag zum Teil aber auch am warmen Wetter und der ungewohnten Kleidung.

Schutzkleidung – eine Wissenschaft für sich

Was mich aber Anfangs am meisten gestört hat, ist die Kleidung. Fahrstunden und Prüfung darf man nur in vollständiger, zertifizierter Schutzkleidung absolvieren: Helm, Handschuhe, Motorradstiefel und Kombi mit Protektoren (Textil oder Leder ist egal).

Die ersten beiden Fahrstunden habe ich schon dafür benötigt um überhaupt mit meiner Ausrüstung klar zukommen. Ehrlich gesagt fand ich schon das Anziehen der Klamotten anstrengend. Alles muss eng sitzen, damit nicht im Wind flattert und Unruhe in die Maschine bringt. Die Klamotten sind dick und schwer und haben überall Protektoren eingebaut. Die Stiefel sind schwer und sehr steif. Rumlaufen ist damit eigentlich nicht möglich. Im neuen, straff sitzenden Integralhelm musste ich zunächst etwas gegen meine Platzangst ankämpfen und der Ohrstöpfel des Funkgeräts hat auch gedrückt.

Und dann stand ich da und fühlte mich, als ob ich eine Ritterrüstung trage. Ich kann damit kaum laufen, höre meinen eigenen Atem laut im Helm und soll jetzt noch diese Höllenmaschine steuern? In der ersten Fahrstunde hatte ich Schwierigkeiten überhaupt den Schalthebel mit dem linken Fuß zu treffen und die Schalter an den Lenkgriffen sauber mit den Handschuhen zu bedienen schien mir auch fast unmöglich. Aber mit der Zeit gibt sich das.

Motorradfahrer brauchen Platz

Ich meine nicht unbedingt den Platz auf der Fahrbahn, obwohl es schon erstaunlich ist, dass man beim Fahren ungefähr gleich viel Platz wie ein Auto benötigt. Oder dass das Motorrad beim rückwärts Einparken fast denselben Lenkradius wie ein Auto hat. Ich rede auch nicht von dem Stellplatz – den habe ich zum Glück.

Ich meine den Platz, den man in der Wohnung benötigt – für die Ausrüstung. Der Helm ist genauso sperrig wie die Stiefel. Die Kleidung lässt sich wegen der ganzen Protektoren nicht zusammenlegen und nimmt daher viel Raum ein. Und das gleich mehrfach, weil man ja für unterschiedliches Wetter, unterschiedliche Kleidung braucht.

Sperrig - wohin mit der Kombi?

Sperrig – wohin mit der Kombi?

Was kostet der Spass?

Es kommt zunächst einiges an Kleinkram zusammen: Sehtest, Fotos, Gebühren und so weiter. Der größte Brocken sind natürlich die Fahrstunden: Grundfahrübungen, Pflichtfahrten (Autobahn, Überland, Nachtfahrt) und die Übungen in der Stadt, wo am Ende auch die Prüfung abgenommen wird. Die genaue Anzahl an Fahrstunden hängt etwas damit zusammen, wie man sich anstellt. Mich hat der Führerschein alles in allem ca. €1.800,- gekostet.

Aber das ist nur die Hälfte der Wahrheit. Was ich zunächst unterschätzt hatte, ist die Schutzkleidung. Ohne komplette Ausrüstung (Helm, Handschuhe, Motorradstiefel, Kombi mit Protektoren an Gelenken und Rücken) darf man nicht auf die Maschine. Macht ja auch Sinn. Das blöde ist aber, dass man am Anfang ja noch nicht weiß, worauf man achten muss. Daher habe ich leider viele Dinge zweimal gekauft. Eine richtige Herausforderung ist es, einen vernünftigen Helm zu finden. Im zweiten Anlauf habe ich mich für einen Shoei Air GT entschieden, der auf 400,- herabgesetzt war. Eine gute Wahl. Er sitzt fest, drückt nicht, ist bei schneller Fahrt leise, hat ein Pinlock Visier gegen beschlagen und eine integrierte Sonnenblende.

Dazu kam, dass ich zunächst Klamotten für den Hochsommer (30 Grad) benötigt habe und dann für den Herbst (12 Grad). So sind dann schnell nochmal €1.600,- dazugekommen. Natürlich hat man die Ausrüstung dann auch schon für das eigene Motorrad, aber die Ausgabe hat man trotzdem gleich.

Wie lang hat das gedauert?

Den Antrag zur Erweiterung meiner Fahrerlaubnis habe ich am 9. Juli abgegeben und die praktisch Prüfung am 31. Oktober bestanden.

Hat es gelohnt?

Es war etwas blöde, dass ich genau zum Saisonende (Fahrprüfung am 31.10) fertig geworden bin. Ich habe mich entschlossen, mir trotzdem sofort ein Motorrad zuzulegen, damit ich über den Winter nicht gleich wieder alles verlerne. So lange es das Wetter zulässt fahre ich. Auch wenn es grau ist und das Thermometer nur drei Grad anzeigt.

Meine hübsche Suzi...

Meine hübsche Suzi…

Mein Eindruck nach einem Monat Fahrpraxis: Es macht wirklich richtig Spaß. Also: JA – es hat sich gelohnt!

Weg vom Benzin (Teil 3) – Ich fange jetzt mal klein an

In meinen letzten beiden Artikeln habe ich mich damit auseinandergesetzt, wie ich selbst so langsam vom Benzin loskommen kann, ohne auf die eigenständige motorisierte Fortbewegung zu verzichten. Das hat mir von einem Bekannten die Einladung eingebracht, ich könne mal seinen Tesla ausprobieren. Wenn wir es schaffen, uns auf einen Termin zu einigen, werde ich das auch sehr gerne mal machen. Aber auch wenn mich das Auto faszinieren sollte, liegt es leider deutlich außerhalb meiner finanziellen Reichweite. Deshalb gehe ich das Ganze mal von der anderen Seite an: Nicht ganz oben, sondern ganz unten auf der Mobilitätsskala.

Am 6. Mai habe ich im Artikel „Weg vom Benzin (Teil 1) – alleine durch die Stadt“ die Testfahrt auf einem elektrischen Moped beschrieben. Nach einigem Hin und Her hatte ich mich dazu entschlossen, mir so ein Gefährt zuzulegen. Das ging nicht ganz so spontan wie gedacht, da diese Maschinen momentan offensichtlich wie geschnitten Brot verkauft werden („Ich habe gerade alle verkauft, aber der nächste Container kommt in vier Wochen…“). Aber jetzt ist es so weit.

Seit gestern habe ich jetzt eine Super Soco TS 1200 R. Das ist ein etwas anderes Modell, als ich zuerst gefahren bin, aber die Unterschiede sind nicht gravierend. Die Soco TC hatte 3 KW Höchstleistung und die Soco TS nur 2,4 KW, aber da ich ohnehin nur alleine auf dem Bock sitzen werde, macht das vom Fahrgefühl kaum einen Unterschied. Größer sind die Unterschiede im Styling: Die TC machte einen gediegeneren Eindruck mit leichten Retro Einschlägen, was sich neben der Sitzbank auch in der zurückhaltenden Farbskala zeigt. Die TS sieht flotter aus und ist in fetzigeren Farben erhältlich. Dem genialen matt-orange konnte ich nicht widerstehen, und so habe ich nun auf dem Hof neben meinem schwarzen Auto noch dieses schicke Gefährt stehen.

Super Soco TS 1200R

Super Soco TS 1200R

Da ich die Maschine erst seit zwei Tagen besitze, kann ich nur meine ersten Eindrücke wiedergeben. Diese basieren auf 40 Km Berliner Stadtverkehr bei sommerlichen 27 Grad.

Geschwindigkeit

Auch wenn die Soco recht flott aussieht – sie ist letztlich nur ein Moped, das max. 45 Km/h schnell sein darf. Daher habe ich die richtig großen mehrspurigen Straßen auf denen real eher so 60 Km/h gefahren wird gemieden und mir andere Wege über Nebenstrassen gesucht. Dafür muss ich mir aber erst mal meine „Berliner Straßenkarte im Kopf“ neu erfahren. Das wird sicher noch ein paar Wochen dauern.

Damals mit meiner Honda NSR 50 waren Autofahrer beim Ampelstart so manches mal genervt, weil ich nicht schnell genug vom Fleck kam. Das ist mit der Soco gottseidank nicht mehr so. Es hat nie jemand gedrängelt, meist war ich auf den ersten 100 – 200 m sogar schneller. Die Beschleunigung von der Ampel weg ist also trotz nur 2,4 KW Leistung ausreichend und geht linear bis 47 Km/h auf dem Digitaltacho stehen. Bei guter Laune auch mal 50 Km/h, aber ich denke, der Tacho geht etwas vor. Auch die negative Verzögerung funktioniert gut. Die beiden Scheibenbremsen sind gut dosierbar und packen kräftig zu. Eine Vollbremsung habe ich noch nicht ausprobiert.

Fahrgefühl und Komfort

Obwohl die Soco viel kleiner, als ein richtiges Motorrad ist, kann ich mit meinen ca. 1,90m gut sitzen ohne mich zusammenfalten zu müssen. Die Sitzbank könnte etwas breiter und das Fahrwerk dürft gerne etwas geschmeidiger sein. Das Berliner Kopfsteinpflaster ist schon etwas gemein. Auf einem ganz besonders fiesen Abschnitt der Kurfürstenstr. konnte ich nur knapp über Schrittgeschwindigkeit fahren. Ansonsten ist das Fahrwerk der nur knapp 80Kg leichten TS 1200 völlig problemlos.

Alle Bedienelemente liegen gut zu Hand und machen einen qualitativen Eindruck. Im Gegensatz zu einem normalen Mockick ist die Bedienung viel einfacher. Kein Chocke am Vergaser, keine Fußhebel, keine Kupplung am linken Lenker, sondern die Hinterradbremse. Mit dem Funkschlüssel die Alarmanlage ausschalten und den Startknopf auf der Tankattrappe drücken. Das Display macht dann kurz einen Selbsttest, während ein Stadtsound wie beim Handy ertönt und man kann losfahren. Meine anfängliche Skepsis zum digitalen Armaturenbrett scheint unbegründet. Obwohl es nicht entspiegelt ist, war es sowohl bei direkter praller Sonne, als auch bei einer Fahrt durch einen Tunnel jederzeit gut ablesbar.

Schlüssel und Puck für die Alarmanlage

Schlüssel und Puck für die Alarmanlage

Das Fahren geht denkbar unspektakulär ab. Einfach am „Gasgriff“ drehen und das Maschinchen wird lautlos ohne Unterbrechung schneller bis die Höchstgeschwindigkeit erreicht ist. Weil der Bosch-Motor direkt in der Hinterradnabe sitzt, hört man nicht einmal ein Summen, wie man es von manchen Elektrorollern kennt. Anfangs war ich über das Verhalten der Motorsteuerung etwas irritiert: Nicht alleine die Stellung des „Gasgriffs“ entscheidet darüber, ob „Strom“ gegeben wird, sondern auch die Lastsituation. So hatte ich ein paar mal bei ca. 40 Km/h das Gefühl, dass die Maschine nicht richtig auf meine rechte Hand reagiert. Aber wenn man das Prinzip verstanden hat, ist alles tutti.

Sozialverträglichkeit

Weil die Maschine nahezu geräuschlos ist, muss man mehr auf Fußgänger und Radfahrer aufpassen, die sich häufig nur auf das Gehör verlassen. Andererseits habe ich viele wohlwollende Blicke und sogar Lächeln geerntet (in BERLIN!!!), wenn ich an der Ampel oder am Zebrastreifen Fußgänger durchgelassen habe. Das wäre mir auf einem knatternden und stinkenden Zweitakter wohl kaum passiert. Zudem haben mich mehrere Leute nach Detail zu der Maschine gefragt. Das Interesse an Elektromobilität scheint groß zu sein. Die häufigste Frage war – wie zu erwarten – nach der Reichweite.

Reichweite

Der Akku ist neu und benötigt vermutlich erst einmal ein paar Ladezyklen, bevor ich da wirklich belastbare Zahlen habe. Auf der Homepage von Soco stehen 160km. Das gilt aber nur wenn man mit zwei Akkus fährt und vermutlich bei konstant 15 Km/h. Ich nur einen Akku und fahre im Berliner Verkehr. Mit 80 Km sollte ich also nicht rechnen. Der Händler meinte, dass je nach Fahrweise zwischen 50 und 60 Km realistisch seien. Das scheint sich zu bestätigen. Gestern Abend hatte ich 30km zurückgelegt und der angezeigte Akkustand lag bei 42%.

Digitaltacho

Digitaltacho

Man kann das Ladegerät direkt an die Soco stecken, wenn man eine Garage mit Stromanschluss hat. Diese Luxus ist mir nicht vergönnt, also habe ich abends den Akku herausgenommen, den 12 Kg schweren Block in das vierte Obergeschoss gewuchtet und in der Küche wieder aufgeladen. Das Ladegerät hat einen recht lauten Lüfter, wird dafür aber kaum warm. Beim ersten Mal roch das Gerät etwas chemisch nach neuer Elektronik. Eine volle Ladung soll ca. 5 Stunden dauern. Nach vier Stunden war die Kontrollampe am Ladegerät wieder grün, aber der Akku zeigte nach dem Wiedereinbau nur 90% an. Vielleicht war das Ladegerät etwas optimistisch? Mal sehen, wie sich das nach 5-10 Ladezyklen verhält.

Soco Akku und Ladegerät

Soco Akku und Ladegerät

Zwischenfazit

Ich glaube, dass der Kauf kein Fehler war, weil das Fahren mit der Soco einfach viel Spass macht. In den nächsten Wochen werde ich auf dem Weg zur Arbeit mehr Erfahrung sammeln – insbesondere zur Reichweite und dann nochmals darüber berichten.

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