Vor kurzem machten die beiden tödlichen Unfälle von “autonomen Autos” Schlagzeilen: Der Volvo SUV von Uber überfuhr eine Radfahrerin ohne zu bremsen und der Tesla fuhr ebenfalls ungebremst in eine Absperrung, wobei der “Fahrer” verstarb.
Ich mache keinen Hehl daraus, dass ich (teil-)autonom fahrende Autos für ziemlichen Schwachsinn halte, der nur von den Hauptproblemen mit Autos ablenkt (Flächenverbrauch, Energie- und Ressourcenverbrauch). Aber ich versuche mich davon im Folgenden so wenig wie möglich ablenken zu lassen und sachlich und nüchtern abzuwägen.
Bereits als die Euphorie um autonome Fahrzeuge vor zwei oder drei Jahren richtig Schwung bekam, habe ich gesagt, dass ich nur zwei Arten von Fahrzeugen für akzeptabel halte:
Der Fahrer hat jederzeit die volle Kontrolle über das Fahrzeug. Er darf die Kontrolle auch nicht an Teilsysteme abgeben. Das war bis vor kurzem weltweit geltendes Recht aufgrund des Wiener Übereinkommen über den Straßenverkehr aus dem Jahr 1968.
Es gibt keinen Fahrer mehr, weil das Fahrzeug in jeder Situation 100% Autonom agiert. Man ist Passagier wie in einem Bus oder Taxi ohne die Möglichkeit, in die Steuerung einzugreifen.
Jede Mischform dazwischen ist in extrem gefährlich. Wenn das Auto dem Fahrer die Routine abnimmt, ist es sehr wahrscheinlich, dass er genau in dem Moment, in dem die Technik nicht weiter weiß, abgelenkt ist und die Verkehrssituation nicht in Blick hat. Die Reaktionszeit des Menschen, um sich zu orientieren, die Situation zu verstehen und wieder die Kontrolle über das Fahrzeug zu übernehmen ist unakzeptabel hoch und ein Unfall sehr wahrscheinlich. Die beiden o.g. Unfälle hatten genau dieses Szenario.
Ärgerlich ist, dass das voraussehbar war, weil das Aufmerksamkeitsproblem keine neue Erkenntnis ist, wie ein Blick in Eisenbahnverkehr und Luftfahrt zeigt. Elekrische Lokomotiven haben bereits seit den 30er Jahren Totmannschalter bzw. heutzutage eine Sicherheitsfahrschaltung. Piloten in Verkehrsflugzeugen müssen auch während der Normalfluges per Autopilot ständig kleinere Aufgaben durchführen. Technisch sind die seit langem nicht mehr notwendig, sondern dienen hauptsächlich dazu, dass die Crew konzentriert bleibt. Und wir reden hier von Profis mit Spezialausbildung, Typzulassung und regelmäßigen Gesundheitschecks und Simulatortraining.
Diese Erkenntnis wird ausgerechnet bei Autos völlig ignoriert. Dazu kommt die aus der US-amerikanischen Mentalität erwachsene Hybris, übereilt unfertige Dinge auf die Menschheit loszulassen. In diesem Fall halte ich die ebenso typisch deutsche Behäbigkeit gegenüber Neuerungen, die mich so manches Mal auf die Palme bringt, für angemessener.
Ich denke, dass das Wiener Übereinkommen wieder uneingeschränkt gelten sollte.
Teilautonomes Fahren sollte aus Sicherheitsgründen wieder verboten werden.
Wenn dann in (m.E. etwas fernerer) Zukunft die Systeme so gut sind, dass sie wirklich völlig selbstständig fahren, reicht es den juristischen Begriff des Fahrers zu erweitern.
Dirk Ollmetzer | Sunday, 8 October 2017 | Gizmos, Retro
Auch in diesem Jahr fand wieder das Vintage Computing Festival Berlin statt. Im Gegensatz zu dem vergangenen Jahren (siehe 2014, 2015 und 2016) wurde die Veranstaltung nicht mehr in der Humbuldt Universität, sondern im Deutschen Technikmuseum am Gleisdreieck abgehalten. Veranstaltugsort war nicht das Hauptgebäude, sondern die Räume am Ende der Ladestrasse auf dem Gelände des ehemaligen Anhalter Güterbahnhofs. Besucher des VCFB hatten auch freien Eintritt in der Dauerausstellung „Das Netz – Menschen, Kabel, Datenströme“. Den Wechsel halte ich für gelungen, weil die Ausstellung nunmehr räumlich luftiger und großzügiger ausfällt (1400qm statt 700qm).
Deutsches Technikmuseum – Ladestrasse
Die Veranstaltung in Zusammenarbeit von Humbold Universität, dem Berliner Hackerspace AFRA mit Unterstützung des CCC Berlin war war auch in den vergangenen Jahren bereits auf hohem Niveau. Da das Technikmuseum in diesem Jahr nicht nur die Räume stellt, sondern auch Personal – insbesondere Ordner – fühlt sich das ganze aber nun noch professioneller an.
Die Schwerpunkte der Veranstaltung waren auch diesmal wieder Vorträge, ein Games-Bereich und natürlich die oft recht besonderen Exponate der privaten Aussteller.
Besucher
Mit 2100 Besuchern ist das VCFB nochmals deutlich größer, als in den vergangenen Jahren. Zudem schien es mir so, dass die Besucher nun gezielt kommen, während in der HU manche Besucher eher „aus Versehen“ in die Ausstellung kamen, weil sie ohnehin gerade in Berlin Mitte spzieren gingen.
Zumindest bei den Besuchern war der Frauenanteil erfreulich hoch. Sehr schön fand ich die vielen Kinder, die sich unvoreigenommen an die teilweise über 30 Jahre alten Systeme gesetzt haben. Computerspiele funktionieren immer – auch mit Pixelgrafik. Selbst eine Pong-Konsole aus Mitte der 70er war fast durchgehend belegt. So lernt der Nachwuchs, dass Computer mehr bedeutet, als Windows und Apple.
Für die Kinder gab es neben den Bereich klassischer Videospiele auch zwei Möglichkeiten selbst aktiv zu werden: Einen Workshop um „Zahnbürstenroboter“ zu basteln und einen Lötworkshop.
Ausstellung
Die Ausstellung bot sowohl einen großen Umfang, als auch eine sehr interessante Spannbreite.
Es gab verschiedene Exponate an denen man mechanisches Rechnen erleben konnte – von klassischen Tischrechnern, über eine Curta bis zu einem für Lehrzwecke neu entwickelten elektromechanischen Mini-Rechner.
Mechanisches Rechnen – Curta
Selbstgebaute Rechner waren ebenfalls ein Thema: In der ehemaligen DDR war das häufig die einzige Möglichkeit überhaupt an einen Rechner zu kommen. Im Westen stand eher der Erkenntnisgewinn im Vordergrund. Zwei Brüder führten ihren im Jahr 1974 selbst entwickelten Rechner vor. Er nutzt keinen Microprozessor, sondern die 12-Bit CPU ist aus TTL Bausteinen selbst gebaut – mit selbst entwickeltem Befehlssatz. Sehr beeindruckend!
Selbstbaurechner von 1974
Daneben stand ein Exemplar des NDR-Klein Computers. Ein Modulares System aus den 80er Jahren, das mit unterschiedlichen Microprozessoren bestückt werden konnte. Einige verschiedene 70er Jahre Single Board Computer waren ebenfalls zu sehen.
Natürlich gab es auch wieder eine schöne Auswahl an Heimcomputern zu sehen, mit einem Schwerpunkt auf Atari Rechnern, aber auch Apple war gut vertreten. Daneben gab es weitere Klassiker, wie TRS-80 Model 1, diverse Spectrum Modelle, Amstrad/Schneider, MSX.
Optisch eindrucksvoller waren die Racks mit Rechnern von Digital Equipment. Die PDP-8/e auf der linken Seite war an ein VT-05 Videoterminal angeschlossen, die lab8/e auf der rechten Seite wurde über einen Teletype Model 33 Fernschreiber bedient.
Rechner von DEC
Zum ersten Mal konnte ich ein Frontpanel einer IBM System/360 in Verbindung mit einer Kugekopfschreibmaschine in Aktion sehen. Der Originalrechner wurde leider verschrottet, aber auf der Rückseite des Panels steckte ein kleines FPGA Board, das den Rechner originalgetreu nachbildete.
IBM System/360 Model 30
Das teilweise oder komplette Ersetzen von originaler Hardware durch moderne Rechneremulationen oder FPGA Nachbauten scheint ein Trend zu werden, wie verschiedene Exponate zeigten. Angesichts des nun bereits mehrjährigen Versuchs, die PDP-11/34 des Hackerspaces AFRA wieder in Betrieb zu nehmen ist das ein verständlicher Weg.
Ebenso gab es aus heutiger Sicht exotische Bürocomputer (8Bit Commodore, 32 Bit Risc Workstation, HP-Grafikworkstations,…) und alternative Betriebssysteme (OS/2, BeOS, GEOS, …) zu sehen.
Interessant fand ich noch die Kollektion verschiedener Handheldsysteme, die die Evolution bis zu aktuellen Smartphones zeigte. Ich konnte neben einem mir unbekannten Z-80 basierten PDA von Amstrad auch das erste Mal einen Apple Newton ausprobieren. Mein Fazit: Die Handschrifterkennung des Amstrad ist langsam und unbrauchbar, die des Newton schneller und genauso unbrauchbar. Den Palmpilot brauchte ich nicht auszuprobieren, da ich selber einmal ein Modell III besessen habe.
Handhelds
Vorträge
Ich habe mir in diesem Jahr lediglich zwei Vorträge angehört, weil man dank des Videoteams des Chaos Computer Clubs alles auch nachträglich im Netz ansehen kann (https://media.ccc.de/c/vcfb2017).
Eine kleine Anekdote: Als ich ihn nach dem Vortrag auf die CRAY-2 hinwies, die keine 30m von dem Vortragsraum entfernt steht, zeigte sich Wolfgang Stief überrascht. Ich hatte mich schon gewundert, weshalb er in seinem Vortrag darauf hingewiesen hatte.
Cray 2 im Deutschen Technikmuseum
Den anderen Vortrag, den ich mir angehört habe, hielt Rolf-Dieter Klein, der leider kurzfristig verhindert war, aber per Skype hinzugeschaltet wurde. Er stellte die Entwicklung des bereits genannten NDR-Klein Computers vor, der Anfang der 80er Jahre in einer 26-teiligen Fernsehserie vorgestellt wurde um dem Publikum die Grundlagen des Computing nahezubringen.
Fazit
Das vierte Vintage Computing Festival Berlin war wieder sehr interessant und anregend. Der neue Veranstaltumgsort ermöglicht es, die Spannbreite historischer Rechentechnik einem breiteren Publikum nahezubringen. Zudem ist es eine hervorragende Ergänzung zu den anderen Artefakten des Museums, die in der Regel nicht operativ betrieben werden und so den Charakter der historischer Rechentechnik nicht so gut transportieren können. Insofern hoffe ich, dass sich das Deutsche Techniskmuseum dazu entschliessen kann, seine Räume auch für das VCFB 2018 zur Verfügung zu stellen.
Dirk Ollmetzer | Sunday, 10 September 2017 | Gizmos, Misc
Ich bin zwar kein richtiger Kaffee-Nerd, aber ich lege schon Wert auf eine schöne, schmackhafte Tasse. Im Zweifelsfall ziehe ich einen gut gemachten Filterkaffee einem lieblosen Espresso vor, aber seit ich um 2000 herum in Zürich gearbeitet habe, gibt es bei mir zu Hause eine Espressomaschine.
Damals hatte ich mir eine nette kleine Siebträgermaschine von Krups gekauft, die nach ein paar Jahren den Geist aufgegeben hatte und von mir durch einen Jura Vollautomaten ersetzt wurde.
Das war ein Fehler. Die Maschine, die mich damals immerhin €750,- gekostet hatte machte nur am Anfang schmackhaften Kaffee. Trotz regelmäßiger Reinigung wurde der Kaffee irgendwann etwas muffig. Nach zweieinhalb Jahren ging die Maschine dann kaputt. Ich habe sie für €150,- reparieren lassen und nach weiteren 5 Monaten ging sie wieder kaputt. Das war dann für mich das Zeichen, nur noch Siebträgermaschinen nutzen zu wollen. So einfach wie möglich.
Gesagt – getan. Ich kaufte mir eine klassische kleine Saeco Aroma, die zu dem Zeitpunkt bereits 20 Jahre gebaut wurde.
Saeco Aroma
Ich mag diese Maschine, obwohl sie durchaus ein paar unschöne Eigenschaften hat. Bei der Pflege des sehr robusten Metallgehäuses muss man aufpassen, weil es extrem scharfkantig ist. Zudem passen nur sehr kleine Tassen unter den Siebträger. Auf die Durchlaufmenge des Wassers muss man selber aufpassen und richtige Kaffee-Nerds bemängeln das Druckventil im Siebträger. Aber am Ende zählt, was unten rauskommt – nämlich leckerer Kaffee und die Maschine sieht auch ganz knuffig aus.
Leider hat sie sich vor ein paar Tagen nach sieben Jahren Betrieb ebenfalls verbschiedet. Während der Zubereitung eines Kaffees gab es einen lauten Knall und statt Kaffee aus dem Siebträger lief heißes Wasser aus dem Gehäuse.
Also mal wieder Zeit für eine Neuanschaffung. Ich hätte mir durchaus dasselbe Modell noch einmal gekauft, aber nach über 25 Jahren Produktionszeit wurde die Maschine aus dem Programm genommen. Schade.
Nach zwei Tagen Recherche habe ich mich nun für eine De Longhi Dedica EC685(Hier gibt es Infos zum Vorgänger EC680) entschieden. Die Maschine gibt es in mehrere Farben. Ich fand das gedeckte rot als Farbtupfer in meiner weiß/grauen Küche ganz schick. Überhaupt ist das schmale Design der Dedica schon recht speziell. Nach etwa Überlegung kam ich dann darauf, woran es mich erinnerte; An eine Ständerbohmaschine :-D .
De Longhi Dedica
Die Bedienung ist etwas weniger rudimentär, als bei der Aroma, weil man Wasserhärte, Kaffeetemperatur und Durchlaufmenge einstellen muss, allerdings waren die Voreinstellungen für mich richtig. Ein paar Kleinigkeitene finde funktional nicht so gut:
Die Maschine ist so schmal, dass man keine zwei Espressotassen nebeneinander stellen kann. Man muss die zwei Kaffee wirklich nacheinander zubereiten.
Beim Festziehen des Siebträgers muss man die Maschine festhalten, weil sie nicht so schwer ist. Ich habe das instinktiv vorne gemacht und bin dabei an die Knöpfe gekommen und habe damit den Brühvorgang zu früh gestartet. Das scheint jedem so zu gehen, der die Maschine das erste Mal nutzt.
Der Dampfhahn ist direkt über dem Milchschäumer angebracht. Ich hätte es beim ersten Mal fast geschafft, mich an dem Dampf zu verbrühen.
Einige Gehäuseteile bestehen aus verchromten Plastik. Sieht etwas billig aus und die Frage ist, ob die Beschichtung in 5 Jahren noch komplett ist. War das nötig?
Der Netzschalter ist im Fuss so unscheinbar angebracht (im Foto gleich neben der Dampfdüse), dass man gerne übersieht, die Maschine wieder auszuschalten.
Nach etwas Nörgelei will ich aber vor allem auf die positiven Seiten hinweisen:
Die Dedica ist ein echter Hingucker in de Küche
Es passen auch größere Tassen unter den Siebträger, wenn man die Tropfschalte entfernt (darunter ist noch eine weitere sehr flache Schale).
Die Maschine ist extrem schnell auf Betriebstemperatur
Der Kaffee ist lecker. Richtig lecker. Und genau darum geht es ja letztlich.
Dirk Ollmetzer | Sunday, 30 April 2017 | Gizmos, Retro
Die Grenzen des Retrocomputing verschwimmen zunehmend. Lange haben lediglich eine Handvoll Enthusiasten die alte Hard- und Software am Laufen gehalten. Seit einiger Zeit gibt es außerdem verstärkt neue Software und Perepheriegeräte für Computer aus den 80er Jahren. Nun scheint die Zeit für die dritte Stufe des Retrocomputing reif zu sein:
Neue Hardware für alte Software.
Aus den vielen interessanten Projekten, die durch die Szene schwirren, interessieren mich zwei ganz besonders: Der Spectrum Next und der Mega65. Beide Projekte werden bereits seit längerem von Entwicklungsteams vorangetrieben und haben mittlerweile funktionsfähige Platinen vorzuweisen.
Der Mega65 basiert auf den technischen Spezifikationen des Commodore 65 – einem geplanten, aber niemals vollendeten Nachfolger des legendären Commodore 64 von dem nur eine handvoll Prototypen existieren. Das siebenköpfige Team ist dabei, den Rechner auf FPGA Basis neu- und zu Ende zu entwickeln. Der Prototyp der Serienplatine wurde auf der Revision 2017 Demo Party präsentiert. Was noch fehlt ist die Serienproduktion und das passende Gehäuse.
Tatsächlich scheint die Herstellung eines Gehäuses aus Kunststoffspritzguss auch beinahe die größte Hürde darzustellen, weil die Produktion der Gussformen sehr teuer ist.
Genau diese Hürde möchte das Team des Spectrum Next jetzt nehmen – ein Gehäuse für die funktionsfähige Platine. Dazu hatten sie Mitte April eine Kampagne auf Kickstarter gestartet, mit dem Ziel 250.000 Britische Pfund für den Start der Serienproduktion einzusammeln. Das gelang in kürzester Zeit. Eine Woche nach Start hat das Projekt bereits 390.000 Pfund erreicht.
Spectrum Next Prototyp Platine (Quelle: https://www.kickstarter.com/projects/1835143999/zx-spectrum-next)
Ein großer Teil des Erfolges beruht sicherlich auf dem sehr gelungenen Design des Rechners. Hierfür ist Rick Dickinson verantwortlich – der Designer der originalen Sinclair ZX80, ZX81, ZX Spectrum, ZX Spectrum Plus und QL. Das merkt man dem eleganten Enwurf an. Es ist offensichtlich ein neuer Rechner – aber man assoziiert selbst ohne Schriftzug sofort einen klassischen Sinclair.
Spectrum Next (Quelle: http://www.specnext.com/)
Der fertige Spectrum Next soll im Frühjahr 2018 erhältlich sein. Ich bin bereits sehr gespannt…
An diesem Wochenende habe ich mich mal wieder an die Grundlagen der Musikelektronik erinnert. Es fing damit an, dass ich viele Songs von Kraftwerk gehört habe. Die Gruppe war seinerzeit sensationell radikal – das kann man als junger Mensch heutzutage vermutlich gar nicht nachvollziehen. Aber die sanften Melodien von Autobahn, die drängenden Akkorde von Trans-Europa-Express, oder die Metropolis-artigen Rhytmen von Die Mensch Maschine sind auf jeden Fall immer noch richtige Ohrwürmer.
Leider habe ich es im November 2014 nicht geschafft Karten für die Konzerte in der Nationalgalerie zu bekommen, die Kraftwerk im Januar 2015 gespielt haben. Dafür konnte ich jetzt Konzertkarten für einen anderen Elektronik Pionier bekommen, der ebenso beeindruckend Werke geschaffen hat. Ich freue mich jetzt auf auf Jean Michel Jarre in der Zitadelle Spandau.
Und weil wir jetzt schon bei Klassikern der elektronischen Musik sind, habe ich meinem Verlangen nachgegeben und mir nach einiger Überlegung ein feines Stück Hardware angeschafft: Einen Analog Synthesizer von Moog.
Der Moog Mother 32 sieht neben meinem Keyboard eher niedlich aus und die Daten lesen sich zunächst überhaupt nicht beeindruckend: Ein einzelner Oszillator, der nur Sägezahn und Rechteckwellen erzeugen kann, ein LFO und eine Hüllkurve, die nicht mal vollständig ADSR bietet. Dafür scheinen die aufgerufenen €700,- zunächst etwas happig.
Mein Moog Mother 32
Aber der Eindruck täuscht. Man merkt deutlich, dass die Firma über 50 Jahre Erfahrung in Analogelektronik hat. Die Verarbeitung ist erstklassig. Das Gehäuse ist aus Metall und Holz. Nichts wackelt – alles sitzt bombenfest. Die Drehregler fühlen sich an, als ob sie in Honig gelagert sind, lassen sich sehr feinfühlig dosieren und decken einen erstaunlich breiten Regelbereich ab. Der Sound ist für einen Oszillator überraschend fett und mit dem Patchfeld lassen sich interessante Modulationen erzeugen.
Nach einigem Rumspielen stellte ich schnell fest, dass das Klangspektrum erheblich größer ist, als ich zunächst vermutet hatte. Zudem ist die Bedienung auch nicht allzu schwierig. Ich konnte auf dem eingebauten Sequenzer schnell die Eingangssequenz von Pink Floyds “on the run” nachbauen und der Klang kam dem Original sehr nahe.
Die Arbeit mit analoger Elektronik unterscheidet sich aber doch erheblich von der an einer Audio Workstation, bei der man überwiegend mit Noten, Patterns und Presets arbeitet und die Arrangements regelrecht festklopft. Auf dem Moog ist nichts 100% exakt reproduzierbar, der ganze Arbeitsprozess ist ein einziges Ineinanderfließen von Sounds. Sehr meditativ! Wie ich diese beiden Welten zueinander bringen kann, weiß ich noch nicht, aber spannend finde ich das auf jeden Fall.
Ein Grund, weshalb ich mich für exakt dieses Gerät entschieden habe, ist, dass es sich hervorragend als Kernstück eines größeren Modularsystems eignet. Falls ich tiefer in diesen Bereich eintauchen möchte, habe ich somit schon einen sinnvollen Grundstock an Funktionen.
In einschlägigen Foren wird übrigens mit einem deutlichen Augenzwinkern davor gewarnt, in den Bereich der analogen Modularsynthesizer einzusteigen. Man würde schnell einer schweren, ansteckenden Krankheit anheimfallen: Dem Gear Akquisition Syndrome (GAS), dessen Endstadium in dem unten stehenden Bild deutlich erkennen kann. ;-)
Enstadium GAS (Symbolbild)
Bis dahin werde ich aber vor allem viel Zeit investieren um den Geräten auch einmal solch betörenden Klänge zu entlocken, wie in diesem Werbevideo von Moog.
Neukölln, Nerds und Club Sounds in einem alternativen Laden. Gestern Abend haben sich für mich mal wieder alle Berlin-Klischees erfüllt – im positiven Sinne. Anlass war das Bitwig Meetup im Common Ground in der Neuköllner Weisestrasse. Bitwig ist der Berliner Softwarehersteller der Digital Audio Workstation Bitwig Studio, die ich seit eineinhalb Jahren nutze.
Man feierte das Firmenjubiläum, den Release von Version 2.0 und den Start des Beta-Test-Programms von Version 2.1. und ich war neugierig auf die Menschen hinter der Software. Der Veranstaltungsort ist ein Ladengeschäft, dessen Sinn und Zweck sich nicht im Vorbeigehen erschließt, aber definitiv einen sehr hohen Nerd-Faktor hat. Common Ground ist ein Laden für etwas ungewöhnliche Musikelektronik, eine Bar und ein Hackerspace in einem.
Eingang Common Ground
Einrichtungstipp: Modulare Wandsynthesizer
Gleich neben dem Eingang war ein Tisch mit einiger Hardware aufgebaut: Zwei Rechner, auf denen Bitwig lief, ein analoger Drumsynthesizer, ein LinnStrument. Das Setup sorgte für den Sound und war stets umlagert. Eine Party, auf der der stundenlang durchlaufende Club-Track live von den Gästen gemacht wird, hat was. Es klang übrigens fast niemals irgendwas daneben, obwohl stets mehrere Leute gleichzeitig an den Reglern waren!
Aktive Gäste schrauben schräge Sounds
Ich habe mich erst mal ein Bier und eines von den unglaublich leckeren belegten Broten geschnappt und mich im Laden umgeschaut. Nach einiger Zeit kam ich dann auch mit den Leuten von Bitwig ins Gespräch. Sehr sympathische Menschen. Zu meiner nicht geringen Verblüffung habe ich erfahren, dass die ganze Firma zur Zeit nur aus neun(!) Leuten besteht. Da ziehe ich den Hut vor der Leistung, diese klasse Software zu entwickeln.
Einer der großen Vorzüge der Software ist für mich, dass sie auch auf Linux läuft. Nachdem ich die Bedienung auf einem Riesigen Microsoft Surface Touchscreen gesehen habe, komme ich allerdings etwas ins Grübeln. Das hat definitiv Charme. Weiterhin konnte ich mir ansehen, wie das Zusammenspiel der Software mit analogen Klangerzeugern funktioniert. Das interessierte mich brennend, weil ich mit der Anschaffung entsprechender Teile liebäugele.
Einziger kleiner Knackpunkt war die fast vollständige Abwesenheit weiblicher Gäste. Für Musikelektronik interessieren sich wohl leider immer noch fast ausschliesslich männliche, nerdartige Menschen. Dennoch war es ein sehr schöner Abend. Nette Leute, astreine Sounds und spannende Technik. Ich wünsche Bitwig weiterhin viel Erfolg mit ihrer feinen Software.
Dirk Ollmetzer | Saturday, 25 March 2017 | Gizmos, Retro
Auf dem letzten Vintage Computing Festival hat mir Mario von einem Commodore 4032 erzählt, von dem er sich trennen wollte. Er wollte ihn nicht einfach an den meistbietenden auf Ebay verkaufen, sondern sicher sein, dass er in gute Hände kommt. Ich hatte zwar starkes Interesse, aber leider keinen Platz. Ein alter Freund von mir hatte hingegen noch Platz neben seinem gepflegten Vectrex (=gute Hände). Wir haben abgemacht, dass der Rechner bei ihm stehen wird und ich mich um die Programmierung kümmern soll. So sind wir schließlich zu dritt Handelseinig geworden.
Es kam dann noch reichlich Alltag dazwischen, weil das gute Stück nicht gerade um die Ecke, sondern im Berliner Umland stand. Heute war es dann endlich soweit und ich konnte das historische Maschinchen aus dem Jahr 1980 abholen.
Commodore 4032 als Beifahrer
Bei dem Rechner handelt es sich um die amerikanische Version, was am Namen “PET 4032” erkennbar ist. In Deutschland wurde aus markenrechlichen Gründen der Name “CBM 4032” verwendet. Abgesehen vom Namen und der unterschiedlichen Betriebsspannung gibt es keine Unterschiede, denn die Rechner gab es nur mit amerikanischer Tastatur.
PET 4032 aufgestellt
Der Grünmonitor hat stattliche 12″ Diagonale. Es gab das Modell auch mit einer kompakteren 9″ Bildröhre. Das Bild ist auch nach 37 Jahren noch immer scharf und stabil. Das Metallgehäuse weist keinen Rost auf, die Platine war etwas staubig aber in bester Verfassung. Lediglich einige Tasten möchten mit etwas Nachdruck gedrückt werden.
Dem Rechner in den Speicher geschaut
Nach dem Einschalten ist der Rechner nach 2 Sekunden betriebsbereit und wartet auf Basic Befehle. Mit dem Aufruf von SYS40960 kann man das nachgerüstete Monitorprogramm aufrufen und sich direkt im Speicher tummeln. Jetzt fehlt nur noch ein geeignetes Speichermedium und der Spaß kann beginnen…
Dirk Ollmetzer | Wednesday, 1 February 2017 | Gizmos
Im letzten Jahr habe ich mir die tolle Replika der PDP-8 von Oscar Vermeulen gekauft und zusammengebaut (siehe “Semi-Retro-Nerd-Zeugs: Die PiDP-8 mit OS/8“). Das Gerät ist hübsch und niedlich, aber eines hat mich gestört: die Benutzung per Terminalprogramm auf einem normalen PC. Das funktioniert zwar ganz hervorragend, ist aber nicht stilecht. Wenn schon Retro, dann richtig. Ein Terminal muss her. Richtig cool wäre ein Fernschreiber, aber dafür habe ich einfach keinen Platz und die Dinger sind höllisch laut. Ein Videoterminal wäre auch toll, aber schwer zu bekommen und auch noch zu groß.
Da hatte ich die Idee, mir selber ein kleines, kompaktes Terminal zu bauen: Ein Raspberry Pi mit kleinem Display und kompakter Tastatur. Dazu das Programm Cool Retro Term – und schon käme etwas “Damals”-Feeling auf. Die Datenübertragung per Ethernet ist O.K, weil ich in die PDP auch keine serielle Schnittstelle eingebaut habe.
Gesagt, etwas nachgedacht und getan. Ich hatte einen Raspberry Pi 3 mit dem offiziellen 7″ Touchscreen zu Hause rumliegen und habe mich daran gemacht, ein erstes Mockup aus braun kaschierter Pappwabenplatte zu bauen. Die Pappe ist tatsächlich gut geeignet: Superleicht und stabil, leicht zu bearbeiten aber die Kanten müssen mit Klebeband ummantelt werden, damit nicht alles so ausgefranst aussieht.
Material und Werkzeug
Das fertige Gehäuse ist 32cm breit, 45cm tief und ca. 23cm hoch. Damit ist es ungefähr so groß wie ein BTX– oder Minitel-Terminal aus den 80ern. Dafür benötigte ich eine 1cm starke Platte in der Größe 100 x 75 cm. Als Werkzeug dienten mir ein scharfer Cutter, ein Stahllineal und eine Schneideunterlage. Als Kleber nahm ich Ponal, das Abdeckband wurde zum Fixieren und Tesa eco zum Umrändeln der Kanten verwendet.
Gehäusezuschnitt
Gehäuserohbau
Nachdem die Teile ausgeschnitten waren, habe ich die Passgenauigkeit der Tastatur und des Bildschirms geprüft und anschließend das Gehäuse zusammengeklebt.
Die eigentliche Technik: übersichtlich
Die Technik ist sehr übersichtlich: Eine USB Kompakttastatur, das Display mit fest montiertem Raspberry Pi und ein 2,4A USB Netzteil. Das Ganze habe ich in das Gehäuse eingesetzt und die Kanten mit Tesa eco ummantelt. So sieht das Gerät nun aus:
Das 7″ Terminal
Natürlich kann man vieles besser machen: Holz oder Kunststoff als Gehäusematerial, ein größeres Display, sauberes Herausführen von Anschlüssen, eine “richtige” mechanische Tastatur und so weiter.
Das Terminal sieht recht grob gestrickt aus, aber es funktioniert, hat Charme und für einen ersten Prototyp bin ich recht zufrieden.
Leider hat der Versuch das Programm Cool-Retro-Term auf dem Raspi zum Laufen zu bringen, nicht richtig funktioniert. Das Compilieren ging problemlos, aber der Start bricht mit einer Fehlermeldung ab. Daher erst einmal Plan B:
Den Raspi startet anstatt auf der grafischen Nutzeroberfläche direkt auf der Konmandozeile (kann man in raspi-config einstellen). Leider ist die verwendete Schrift etwas klein. Um noch etwas authentischer zu sein, hätte ich gerne einen “typischen” Textmodus. Man kann mit folgendem Programm den Textmodus einstellen:
sudo dpkg-reconfigure console-setup
Beim Durchblättern der Optionen habe ich die Kodierung auf UTF-8 belassen, ebenso wie “vermutlich optimaler Zeichensatz”. Die Schriftart habe ich auf Terminus Bold geändert, weil hierfür die benötigte Schriftgröße zur Verfügung steht. Standardmäßig wird 8×16 genutzt, aber ich habe 10×20 (nur Framebuffer) eingestellt. Das Terminal zeigt nun stilechte 80×24 Zeichen an und die Schrift erinnert an alte VGA Grafikkarten.
Dirk Ollmetzer | Sunday, 30 October 2016 | Gizmos, Retro
Wenn man sich wie ich schon in den frühen 80er Jahren mit Heimcomputern beschäftigt hat, gehört man bereits zu den Veteranen des Digitalzeitalters. Dennoch ist mir in den letzten Jahren immer stärker klar geworden, dass ich kaum Ahnung von den Rechnern habe, die vor dieser Zeit im Einsatz waren. Das hat natürlich auch damit zu tun, dass es nicht allzuviele Geräte aus der Computerfrühzeit gibt. Die Stückzahlen waren damals noch sehr gering und es haben auch nicht viele Maschinen überlebt, weil es extrem aufwändig ist, solch alte Geräte lauffähig zu halten.
Als ich auf dem Vintage Computing Festival 2014 endlich zwei der legendären Computer der Firma Digital Equipment in Natura im Betrieb sehen konnte, war ich daher schwer fasziniert. Es wurden damals eine sehr stylische 12-Bit PDP-8/e aus dem Jahr 1970 mit VT-05 Videoterminal und die 16-Bit PDP-11/34 aus dem Jahr 1976 mit Teletype 33 ASR Terminal vorgeführt.
Damals war auch schon Oscar Vermeulen dabei, der einen Bausatz für eine Mini-Replika der PDP-8/i entwickelt hatte. Das Gerät sieht fast genauso aus, wie das Original, ist allerdings erheblich kleiner und hat einen sehr hohen Niedlichkeitsfaktor. Die Bedienung ist tatsächlich genauso, wie beim Original und man kann natürlich die alte Software aus den 60er und 70er Jahren laufen lassen. Beim diesjährigen VCFB habe ich mich dann endlich dazu durchgerungen, Oscar einen dieser mittlerweile weiterentwickelten Bausätze abzukaufen – für den Nerd-Preis von 2 hoch 7 Euro (€128).
Vier Wochen später ist es soweit: Meine PiDP-8 läuft und ich habe die ersten Stolperschritte im Betriebssystem OS/8 gemacht. Die Ein- und Ausgabe auf einem Laptop erfolgt stilecht über Cool-Retro-Term im Look eines VT-05 Terminals.
PiPD-8 mit Terminal
Weshalb der Name PiDP-8 anstatt PDP-8? Der Bausatz ist eigentlich gar kein Computer, sondern nur “Blinkenlights” – also das Frontpanel mit LEDs und Eingabetastern. Dazu wird noch ein Raspberry Pi benötigt, auf dem die Software SimH läuft, die die eigentliche Rechneremulation ausführt. Trotzdem bleibt noch genügend Bastelei übrig.
Zunächst sollte mal den Raspberry Pi und die Software vorbereiten. Dazu benötigt man den Raspberry Pi, eine Micro SD Karte, einen SD-Karten Adapter, einen USB Speicherstick, einen Computer mit SD-Karten Steckplatz, ein USB Ladegerät, eine Tastatur, eine Maus und einen Bildschirm. Ich habe den Raspberry Pi einfach per HDMI an den Fernseher angeschlossen. Wenn alles läuft, braucht man Tastatur, Maus und Bildschirm nicht mehr.
Raspberry Pi vorbereiten
Auf der PiPD-8 Homepage werden zwei Varianten beschrieben, wie man die Software zum Laufen bekommt. Variante 1 ist das Image einer fertigen PDP-8 Distribution und in Variante 2 wird die Software auf einer normalen Raspbian Dsitribution installiert.
Empfehlen kann ich nur Variante 2. So benötigt der Rechner zwar 30 Sekunden anstatt 10 Sekunden zum Starten, lässt sich aber wie gewohnt einrichten und anpassen. Bei der Fertigdistribution hatte ich Probleme mit Tastatur, Netzwerk und Systemaktualisierung.
Nachdem die PDP-8 Emulation läuft, kann man sich an das Basteln der Hardware machen. Dazu benötigt man neben dem Bausatz vor allem Lötkolben, Lötzinn, Seitenschneider und für das Gehäuse Bohrmaschine, Laubsäge, Feile und feine Kreuzschlitzschraubendreher.
Fertig zum Löten
Wichtig ist, die Anweisung genau zu lesen. Es gibt einige typische Stolperfallen, in die man sonst leicht tappen kann:
Vorder- und Rückseite des Boards verwechseln, Dioden und LED mit falscher Polung oder Sockelleisten falsch einlöten, Schaltertypen verwechseln usw..
Davon abgesehen ist der Bausatz einfach, und auch für einen Hardwarelegastheniker wie mich machbar.
Tip: Achtet auf richtiges Werkzeug. Ich habe mir extra einen neuen Lötkolben mit feiner Spitze besorgt. Der auf dem Foto gezeigte war wenig geeignet.
Tag 1: Dioden, Widerstände und erste LEDs sitzen
Wenn man vernünftiges Wekzeug hat, jedes Teil dorthin setzt, wo es hin muss, man auf die kleinen Stolperfallen achtet und Lötbrücken und kalte Lötstellen vermeidet, kann eigentlich nichts schief gehen. Der Rest ist Fleißarbeit: für 26 Dioden, 15 Widerstände, 89 LEDS, einen IC Sockel, eine Stiftleiste und 26 Schalter braucht man schon ein wenig Zeit. Ich habe das Board an drei Tagen zusammengelötet.
Tip: Zwischendurch immer mal prüfen, ob die LED und die Schalter gerade sitzen, indem man das Board hinter das Frontpanel hält
Tag 3: Das PiDP8 Board ist fertig
Nachdem ich das Board fertiggebaut und den Raspberry Pi auf der Rückseite montiert hatte, lief zu meiner großen Freude alles ohne Probleme. Damit hatte ich eigentlich gar nicht gerechnet.
Ich hatte allerdings auch nicht damit gerechnet, dass die größten Schwierigkeiten beim Einbau des Rechners in die Bambusholzkiste auftreten würden. Als ich das Loch an der linken Gehäuseseite für Ethernet und USB heraussägte, splitterte der Bambus, die große Holzleiste hinter den Schaltern ließ sich nicht mit den 9,5mm Schrauben befestigen, weil diese nicht in das Montageloch unter den Schaltern eingeführt werden konnte und fast alle Micro-USB Kabel, die man für die Stromversorgung braucht, waren zu lang und unflexibel um in die Kiste eingebaut werden zu können. Ein Kabel, das oben aus der Kiste herausragt, wollte ich aber nicht haben.
Aber wenn man schon mal so weit ist, lässt man sich von solchen Kleinigkeiten nicht aufhalten. Der Rechner sitzt jetzt im Gehäuse und sieht aus, wie ich ihn mir vorgestellt hatte. Jetzt kann ich mich durch fast 50 Jahre alte Dokumentation bei Bitsavers durchwühlen, um den Umgang mit der Maschine zu lernen. Und nächstes Jahr baue ich dann die PiDP-11/70… :-D
Der Tag der Deutschen Einheit hat uns Anfang Oktober zu einem langen Wochenende verholfen, das Wetter schwenkte aber nun endgültig in Richtung Herbst.
In Berlin gab es für Nerds zwei Veranstaltungen, an denen man sich die Zeit vertreiben konnte: Die Maker Faire hatte ihre Publikumstage am Samstag und Sonntag und das Vintage Computing Festival am Sonntag und Montag.
Maker Faire Berlin 2016
Die Veranstaltung fand in der Station am Gleisdreieck statt. Ich besuchte sie zum ersten Mal und ich wusste im Vorfeld noch nicht so recht, was ich davon halten sollte, obwohl ich natürlich das Eine oder Andere im Vorfeld gelesen hatte.
Maker Faire in der Station Berlin
Gut besucht
In zwei Hallen ging es im Prinzip darum, Leute fürs Selbermachen zu interessieren, inspirieren und zum Kauf von entsprechenden Materialien und Werkzeugen zu bewegen. Es gab Stände, die handwerkliche Dinge zeigten, wie Bootsbau mit selbstgebogenen Hölzern, textiles Gestalten, Ringe schmieden usw. Der Schwerpunkt lag aber auf elektronischen Basteleien, 3D Druck, Lasercutter und Robotik.
R2-D2 in Aktion
Der R2-D2 Builders Club zeigte mehrere, sehr realistisch anmutende “Androiden”, teilweise in Aktion und in verschiedenen Montagestufen. Dennoch kann man hier eigentlich nicht von Robotern sprechen, da es sich am Ende doch “nur” um ferngesteuerte Robotermodelle handelt.
Nao Roboter
Der knapp 60cm große Nao von Aldebaran Robotics ist hingegen ein echter autonomer, humanoider Roboter. Er war massenweise auf der Maker Faire vertreten, weil hier mehrere Mannschaften im Robo-Cup gegeneinander antraten.
Robocup
Man konnte hier einen netten Nachmittag verbringen, wobei ich die eigenartige Kombination aus “wir zeigen mal, was wir tolles machen”, “probier mal selber” und “hier kannst Du Werkzeug und Material kaufen” immer noch seltsam finde. Da ich regelmäßig thematisch entsprechende Websites (Hackaday, Adafruit, Make:,…) besuche, hat mich allerdings inhaltlich nichts wirklich überrascht.
Familien, die ihre Kinder spielerisch an den Umgang mit Technik und vor allem an die Idee heranführen wollen, dass man Dinge auch selber bauen kann, anstatt sie fertig zu kaufen, sind hier richtig gewesen.
Vintage Computing Festival 2016
Wie auch schon in den letzten Jahren fand im Pergamon Palais der Humboldt Universität Berlin das Vintage Computing Festival statt. Es gab auch in diesem Jahr wieder Vortäge, viele interessante Exponate, einen Game Room, in dem Spiele auf diversen alten Videospielen und Computern gespielt werden konnten und eine Party mit Chiptunes.
Die gezeigte Hardware fand ich im Vergleich zu den Veranstaltungen in den letzten Jahren vom Umfang insgesamt etwas schwächer, obwohl auch wieder einige originelle Highlights gezeigt wurden. Beispielhaft sei ein selbstgebautes Vectordisplay genannt, auf dem man u.a. Mazewar (einem Multiplayer, First Person Shooter aus dem Jahr 1974!) und das Vectrex Spiel Minestorm bewundern konnte.
MazeWar auf selbstgebautem Vectordisplay
Die TU Berlin war ebenfalls wie in den letzten Jahren mit selbstgebauter Hardware vertreten: Diesmal mit dem Space Age II, einem 32-Bit-Computer, dessen CPU aus 490 TTL-Bausteinen aufgebaut ist und eine MIPS 1 kompatiblen Befehlssatz unterstützt.
Space Age 2 TTL Computer
Für mich waren in diesem Jahr die Vorträge interessanter. An der “Kurztagung “Hello, I’m ELIZA.” – Zum 50. Geburtstag eines Chatbots” habe ich leider nicht teilgenommen. Das war insofern schade, als Chatbots ja momentan von den großen Treibern aus den USA (Google, Facebook, Amazon, Apple, Microsoft,…) zum “next big thing” hochgepusht werden. Ich bleibe da eher etwas skeptisch.
Sehr beeindruckt hat mich der Vortrag “Spracherkennung mit dem Z9001“, in Volker Pohlers zeigte, wie in den 80er Jahren in der DDR mit unglaublich geringen Mitteln eine rudimentäre Sprachsteuerung (50 gesprochene Befehle) entwickelt wurde.
Wolfgang Stief führte seine interessante Vortragsreihe über den “Vater des Supercomputings” unter dem Titel “Defining Supercomputing – Seymour Cray und die CDC 6600” weiter. Zu der etwas desolaten Raumsituation der Großcomputersammlung Sammlung in München gab es leider nichts Neues. Die Halle ist noch immer gesperrt und der Ersatz nicht fertiggestellt.
Aber auch die robuste 8-Bit Technik der 70er Jahre wurde wieder ausführlich behandelt. Hans Franke referierte nach etwas holperigem Start über Vor- und Nachteile der Speicherorganisation typischer 8-Bit Computer.
Dr. Frederik Holst erzählte in seinem Vortrag “Die inneren Werte zählen – Perspektiven- und Paradigmenwechsel beim Übergang von Hoch- zu Maschinensprache” von seinen Schwierigkeiten, Maschinensprache zu lernen. Hochsprachen sind problemnah (z.B. “Zeichne ein Kreis auf den Grafikbildschirm”), was sie zunächst verständlicher macht, obwohl es viele unterschiedliche Befehle gibt. Maschinensprache hat im Vergleich dazu nur sehr wenige Befehle (z.B. “Schreibe Wert X in Speicherstelle Y”). Allerdings muss man die Hardwarearchitektur des Rechners bis ins Detail verstehen und sich selber um jedes winzige Detail kümmern. Es ist also eine vollkommen andere Sicht auf das Problem und den Computer nötig.
Ich hatte noch eine Diskussion mit Wolfgang Stief zum Thema Software auf Großrechnern. Zwar ist es fantastisch, dass sich Menschen finden, die die alten Rechendinosaurier funktionsfähig halten, aber mir fehlen die Anwendungen. Wie will man den Sinn und Zweck der alten Technik demonstrieren?
Während es für die alten Heimcomputer massenhaft Spiele gibt, die katalogisiert und gesammelt werden, und die für die ersten PCs typischen Softwarepakete, wie Wordstar und Visicalc (trotz der rechtlich problematischen Situation) verfügbar sind habe ich noch keine Software für Grossrechner gesehen. Wo sind die Buchhaltungs- und Bankprogramme? Wo ist Software zur Wettervorhersage und zu Crashtests? Hier hat die Medienarchäologie noch ein weites Feld zu beackern.
Der VCFB hat für mich ein wenig den Charakter eines Klassentreffens. Einerseits, weil man mittlerweisle viele der Aktiven kennt, andererseits auch wegen dem robusten Do-it-yourself Charme der Veranstaltung. Dabei meine ich ausdrücklich nur das Ambiente, denn was der Fachbereichs Medienwissenschaften der HU Berlin zusammen mit dem Hackerspace AFRA und der technischen Unterstützung des Chaos Computer Clubs hier seit Jahren auf die Beine stellt ist bemerkenswert professionell organisiert. Leider fand das VFCB in diesem Jahr zum letzten Mal in den Räumen der Humboldt Universität statt. Im nächsten Jahr wird dafür das Technikmuseum Berlin Räumlichkeiten auf seinem Gelände am Gleisdreieck zur Verfügung stellen. Man darf gespannt sein.