Heute habe ich eine Probefahrt mit der Sur-Ron Firefly gemacht – einem elektrisch angetriebenen Zweirad. Mein Fazit in vier Worten: Es war echt lustig.
Doch bevor ich mich in Details verliere, ein kurzer Rückblick. Dass die Zukunft der Verkehrsmittel elektrisch ist, war mir bereits seit langem klar. Ich habe bereits 2007 orakelt, dass den deutschen Autoherstellern sehr schwere Zeiten bevorstehen (Artikel “Passt bloß auf…“).
Nun haben zwar sowohl mein Auto, als auch mein Motorrad noch Verbrennungsmotoren (die sind beide noch zu neu um sie zu ersetzen), aber immerhin habe ich vor fast vier Jahren meine ersten Gehversuche (oder Rollversuche?) in der E-Mobilität gemacht. Ich hatte mir seinerzeit ein elektrisches Moped gekauft – die Super Soco TS1200 (siehe “Weg vom Benzin (Teil 3) – Ich fange jetzt mal klein an“).
Zunächst war ich ganz begeistert darüber, völlig lautlos durch die Stadt zu gleiten, aber nach und nach setzte die Ernüchterung ein. Die Reichweite war mit 40km nur halb so weit wie versprochen und auch der Durchzug war zwar gegenüber einer 50ccm Vespa ganz ordentlich, aber die elektrischen Leihroller von Emmy und Coup ließen mich damals an der Ampel sehr deutlich zurück. Flott war anders.
In der Zwischenzeit habe ich auch das eine oder andere Pedelec ausprobiert und fand sie gar nicht mal so schlecht. Der Vorteil dieser Geräte ist, dass es sich rechtlich gesehen um Fahrräder handelt und man damit nahezu überall fahren darf (Radwege, Feld- und Waldwege etc.). Der Nachteil ist, dass es sich rechtlich um Fahrräder handelt und man damit relativ langsam unterwegs ist.
Und heute habe ich eben auch noch die Firefly (“Glühwürmchen”) von Sur-Ron ausprobiert. Was ist das denn nun für ein Gerät?
Sur-Ron Firefly in blau
Technisch gesehen ist das eine Mischung aus Downhill-Fully-Mountainbike und einem kleinen Crossmotorrad – aber mit elektrischem Antrieb. Das Ding gibt es in einer offenen Version ohne Straßenzulassung für den Geländesport. Es gibt etliche Videos auf Youtube, die zeigen, dass dieses filigrane Gerät auf engen Geländestrecken ziemlich gut mit “richtigen” Crossmotorrädern mithalten kann. Kein Wunder bei nur knapp 60Kg Gesamtgwicht inkl. Akku und fast 80Km/h Höchstgeschwindigkeit.
Ich bin die Version mit Straßenzulassung gefahren. Das Fahrzeug haben mir die Scooterhelden in Berlin Schöneberg zur Verfügung gestellt, die auf elektrische Kleinfahrzeuge spezialisiert sind. Es ist als L1e-B (“Zweirädriges Kleinkraftrad” – entspricht 50 cm³-Benzinmotorrad) klassifiziert. Das bedeutet nur 45Km/h Höchstgeschwindigkeit, aber dafür benötigt man nur ein Versicherungskennzeichen und man darf sie ab 16 Jahren mit Führerschein AM oder dem normalen Autoführerschein fahren.
Also eigentlich dasselbe, wie damals meine Super Soco – bloß sehr viel lustiger!
Das fängt schon mal mit dem Aussehen an. Ich finde die filigrane Maschine richtig schick und die schrillen Rahmenfarben (Blau, Gelb, Lindgrün, Orange) fetzig. Trotz meiner ca. 190cm Größe finde ich gut Platz auf dem kleinen Glühwürmchen. Da das gute Stück lange Federwege hat, geht es bei meinen 95Kg etwas in die Knie, aber es bleibt noch ordentlich Federweg übrig. Auf Kopfsteinpflaster hat man seine Ruhe. Das Fahrwerk ist übrigens einstellbar!
Die Bedienung ist sehr simpel. Einschalten mit einem Schlüssel, Blinker am linken Griff, rechts per Drehgriff “Strom” geben, ordentliche Rückspiegel – alles wie beim Motorrad. Es fehlen aber die Fußhebel, weil es keine Schaltung gibt und der Hebel am Lenker die Hinterradbremse anstelle der Kupplung ist. Wer schon mal Moped oder Motorrad gefahren ist, kommt sofort klar. Das Sitzgefühl ist dennoch insgesamt deutlich mehr Fahrrad, als Motorrad.
Das ändert sich in dem Augenblick, in dem man mal richtig am Kabel zieht. Die Beschleunigung bis 35Km/h ist wirklich krass und mir ist sogar zweimal kurz das Vorderrad abgehoben. Und es geht munter weiter, bis bei 51Km/h laut Tacho abgeriegelt wird. Das werden real ca. 47Km/h sein – also die Toleranzgrenze ausgeschöpft.
Jawoll – so macht Moped fahren Spaß!
Im normalen Berliner Stadtverkehr sollte das auf alle Fälle reichen. Erst recht, seit hier eine Straße nach der anderen auf 30Km/h begrenzt wird. Und das Ding ist wendig wie ein Fahrrad.
Woher kommt der Unterschied der spritzigen Firefly zur eher betulichen Soco? Die technischen Daten sind fast identisch. Beide haben einen 60V Akku (Super Soco 28Ah, Sur-Ron 32 Ah) und ca. 2 KW Leistung (Super Soco 2,4 kW max., Sur-Ron 2,05 kW Dauerleistung).
Ich denke neben dem um 20Kg geringeren Fahrzeuggewicht ist es das Getriebe. Die Soco hat einen Nabenmotor von Bosch im Hinterrad. Daher kein Getriebe, keine Untersetzung, keine Pflege und kein Geräusch. Die Soco fährt völlig lautlos.
Primärantrieb per Zahnriemen, Sekundärantrieb per Kette. Einstellbares Zentralfederbein an Umlenkhebeln
Bei der Firefly wird das Hinterrad per Kette angetrieben und zwischen Kettenritzel und Elektromotor sitzt nochmals eine Untersetzung per Zahnriemen. Das sorgt vermutlich für das sportliche Temperament der Firefly. Allerdings muss man den Antriebsstrang natürlich auch pflegen und die Maschine ist zwar nicht laut, aber doch deutlich hörbar. Letzteres sehe ich allerdings eher als Sicherheitsfeature gegenüber Fußgängern und Radfahrern.
Bleibt die Frage der Reichweite. Sur-Ron sagt bis zu 69Km. Die Aussage der Scooterhelden war “realistisch zwischen 40 und 50Km je nach Fahrweise”. Das glaube ich mal.
Schwachpunkte
Ihr merkt schon, dass mir die Firefly ziemlich Spass gemacht hat und ein tolles Fahrzeug für die Stadt ist. Bleibt die Frage nach den Schwachpunkten. Mir fallen drei ein.
Konstantfahrruckeln. Wenn man auf – sagen wir mal – 35Km/h beschleunigt hat und die Geschwindigkeit halten will, ruckelt es im Antrieb. Das kann auf Dauer nervig sein.
Diebstahlgefährdung. Dadurch, dass die Maschine so leicht ist, kann man sie in nullkommanix wegtragen. Man müsste sie also ständig wie ein Fahrrad irgendwo anschließen.
Der Preis. Knapp €5.000,- ist für ein 45Km/h Moped echt viel Geld. Normale 50er kosten knapp die Hälfte. Man bekommt für tausend Euro weniger einen 125ccm Roller, der 100km/h schnell ist und weiter kommt – allerdings einen Benzinmotor hat. Andererseits habe ich in diesem Jahr auch E-Bikes (Pedelecs) in derselben Preisregion gefahren. Ist also alles relativ. Trotz hohem Spaßfaktor ist die Firefly jedenfalls kein Spontankauf.
Dirk Ollmetzer | Sunday, 17 October 2021 | Gizmos, Unterwegs
Bereits seit einiger Zeit habe ich mit dem Gedanken gespielt, mir eine “Zweitmütze” zuzulegen. Und jetzt habe ich es getan. Nach viel Fachlektüre, Tests und Abwägen habe ich mir an diesem Wochenende einen HJC i90 gekauft.
Weshalb einen zweiten Helm?
Man sagt, dass man Helme aus Sicherheitsgründen nicht länger als 5 Jahre nutzen sollte. Wetter und UV Strahlung machen den Kunststoff langsam spröde. Das Innenfutter weitet sich langsam und der Schweiß setzt der Schaumstoffinnenschale zu. Meinen Shoei GT Air habe ich mir vor ca. 3 1/2 Jahren gekauft, als ich mit dem Motorradführerschein angefangen habe. Da er von Verarbeitung und Material (Kein Spritzguss, sondern Faserverbundwerkstoff) deutlich besser als der Durchschnitt ist, kann ich ihn sicherlich noch locker 2 Jahre nutzen.
Aber ein paar Dinge stören mich insbesondere bei einfachen Stadtfahrten, z.B. morgens ins Büro. Die Belüftung im Stand ist nicht gut. Bei kälteren Temperaturen beschlägt das Visier trotz Atemabweiser und Pinlock Innenvisier sehr schnell. Der Helm ist mattschwarz, und dadurch nicht gerade auffällig (potentielles Sicherheitsrisiko) und am letzten Punkt, der mich nervt bin ich selber schuld: Ich habe ein Sena 10C Evo eingebaut (siehe “Der elektrische Helm“) – eine Mischung aus Gegensprechanlage, Handyverbindung, um sich z.B. Routen von Google Maps ansagen zu lassen und einer Kamera. Das Ding ist eigentlich ganz cool. Aber im Alltags- und Berufsverkehr habe ich keine Mitfahrer zum Unterhalten, den Weg kenne ich auswendig und ich filme nur Fahrten, die irgendwie besonders sind. Also ist das Gerät meist schlicht überflüssig, hängt aber seitlich etwas klobig am Helm mit Kabeln, die unter dem Innenfutter zu Lautsprechern und Mikrofon verlaufen und die Halterung habe ich fest angeschraubt. Das Teil mal eben abnehmen ist nicht.
Im Vergleich: Bessere Sichtbarkeit in der Dämmerung
Und weshalb genau diesen?
Ich habe schon seit längerem recherchiert und mir gedacht, dass ein Klapphelm eigentlich ganz praktisch ist. Den Helm jedes mal abfummeln wenn man sich unterwegs mal schnell die Nase putzen muss oder zum Bezahlen in die Tanke geht, ist nervig. Passform ist natürlich Top-Priorität, Pinlock und Sonnenblende ist ein Muss, der Helm muss trotz Klappmechanismus stabil sein und er sollte optisch besser erkennbar sein und falls möglich farblich zu meiner Maschine passen (weiß/rot/schwarz).
Nach meiner Recherche hatte ich folgende Kandidaten auf meiner Liste: Shoei Neotec II, Shuberth C3, Shuberth C4 und X-lite X-1005 Ultra Carbon. Also am Samstag auf zu Tante Louise und die Mützen dort mal aufsetzen.
Ich fing mit dem Shoei an. Der Helm macht einen sehr hochwertigen Eindruck und die Passform ist klasse. Ich fühle mich gleich wie zu Hause. Alles super – bis auf den Preis. Ich gebe für hochwertige Qualität gern ein paar Euro mehr aus. Allerdings kosteten die Dekors, die mir zusagten alle deutlich über €700,- !
Puh…
Der X-lite war dagegen mit €500,- trotz Karbonschale schon fast preisgünstig. Allerdings saß der nicht so richtig gut auf meinem Kopf und die Sonnenblende kam mit etwas schepperig vor. Den Schuberth habe ich auf- und sofort wieder abgesetzt. Der Verkäufer meinte nur trocken “Hätte mich gewundert. Wem Shoei passt, der kann in der Regel keinen Schuberth tragen und umgekehrt.”
Na super – und jetzt?
Also haben wir zusammen die Regale gescannt. Billiganbieter möchte ich nicht, Darth-Vader Look oder Dekors, die 18 jährige krass finden bitte auch nicht. Dann habe ich den HJC aufgesetzt und – sitzt gut!
Bei dem niedrigen Preis von nur €234,- wurde ich zunächst etwas misstrauisch. Also lieber noch mal genauer hinsehen. Aber ich finde keine sichtbaren Macken. HJC ist bei weitem kein No-Name, die Verarbeitung machte einen guten Eindruck und was geil ist – das Dekor passt zu meiner Maschine “wie Arsch auf Eimer”. Die einzige Erklärung für den günstigen Kurs ist, dass die Schale aus Polycarbonat-Spritzguss ist. O.K., kann ich mit leben.
Passt: Dekor von Helm und Bike
Also einpacken und mitnehmen. Inklusive dem Versprechen “wenn der Helm nach einer Probefahrt doch drückt oder ernste Macken hat, kannst Du ihn zurückgeben”.
Der Praxistest – mein erster Eindruck
Sonntag habe ich also den i90 aufgesetzt (Sturmhaube drunter – damit ich ihn nicht gleich vollschwitze und ggf. als neuwertig zurückgeben kann), mich auf die GSX geschwungen und habe eine Runde gedreht. 1 1/2 Stunden langsam (30er Zonen) und zügiger (Ausfallstrassen) durch die Stadt, ein bisschen über die Autobahn (mal kurz bis 140 Km/h), Zwischenstopp an der Spinnerbrücke und am (Ex-)Flughafen Tegel und dann wieder nach Hause.
Nach der ersten, erfolgreichen Fahrt – darf bleiben
Der i90 sitzt straff, verursacht aber nirgendwo unangenehme Druckstellen (hängt natürlich von der Kopfform ab). Die Ausdünstungen von dem neuen Kunststoff halten sich sehr im verträglichen Rahmen. Die Rastung vom Visier ist recht leichtgängig. Nach den ersten paar hundert Metern kam mir der Helm ziemlich laut vor – und das bei 50 Km/h, aber auf der Autobahn wurde es nicht wesentlich schlimmer. Die Belüftung ist im Gesicht schon deutlich spürbar – auch bei geschlossenem Lufteinlass. Dafür hatte ich keine Problem mit beschlagendem Visier an den Ampeln. Und das mit dem Klappmechanismus ist schon genial, weil man nicht für jeden Furz Zwischenhalt gleich den Helm abnehmen muss und dann nicht weiß, wohin damit.
Besichtigung des Luftfrachtbereiches in Tegel. Alter Flughafen, alter Mann, neuer Helm
Ich werde den Helm behalten. Für die Stadt und kurze Trips ist er auf jeden Fall gut. Auf längeren Strecken werde ich vermutlich weiterhin den leiseren Shoei aufsetzen – und dann auch filmen. Also eine gute Ergänzung für einen schmalen Taler.
Mein kleines digitale “Musikstudio” basierte bis zum letzten Wochenende auf einem 2014er Mac Mini. Darauf liefen im Wesentlichen die DAWs Bitwig 4 und Reason 11 und etliche virtuelle Instrumente von Arturia. Als Audiointerface nutze ich das Scarlett 212 von Focusrite und als Keyboard das KeyLab 88 von Arturia, das eine wunderbare, gewichtete Klaviatur hat. Beide sind per USB an den Mac angeschlossen. Das ist ein sehr zweckmäßiges Setup, mit dem ich wunderbar arbeiten kann. Lediglich die Startzeit der Software hat den Spaß gedämpft. Vom Hochfahren des Rechners, bis ein Song mit mehreren virtuellen Instrumenten geöffnet war konnten locker 5 Minuten vergehen.
Ich hätte den Mac mit einer SSD nachrüsten können, habe mich aber dazu entschieden, gleich auf einen Mac Mini M1 mit 16GB RAM und 512GB SSD aufzurüsten. Damit habe ich ein paar Monate gewartet, weil es immer etwas wackelig ist, wenn Apple die Prozessorarchitektur wechselt (seit 1984 immerhin zum dritten Mal). Ältere Software läuft dann zwar meist dank der Rosetta Emulation weiter, aber Audiosoftware ist aufgrund des Timings gerne mal etwas zickig und so habe ich lieber ein, zwei Updates abgewartet.
Mac Mini M1 am Start
TL;DR – das Update ist geglückt
Einen neuen Rechner einzurichten dauert normalerweise sehr lange: Software neu installieren, Daten rüberkopieren, Einstellungen manuell nachziehen und irgendwas Wichtiges übersieht man immer. Aber Apple hat mir das Wochenende mit einer genialen Software gerettet: Dem Migrationsassistent.
Dieser kopiert alle Programme, Daten und Einstellungen in einem Rutsch auf den neuen Rechner. Das läuft nach dem Start automatisch und hat in meinem Fall knapp zwei Stunden gedauert. Funktioniert tadellos.
Schlichte Oberfläche – geniale Funktion: Der Migrationsassitent
Bitwig und Reason starteten sofort, das Audiointerface wurde sofort erkannt. Dennoch lief aber nicht alles auf Anhieb. Für die Softwareinstrumente von Arturia musste die Rosetta Emulation nachinstalliert werden. Die VST-Bridge, mit der die externen Instrumente in Bitwig geladen werden startete zunächst nicht, weil sie nicht von Apple signiert ist. Die Berechtigung muss man manuell einstellen, was aufreizend umständlich war (Dateiberechtigungen innerhalb eines Archivs ändern – echt jetzt?).
Das größte Problem war jedoch, dass das Keyboard nicht funktioniert hat, obwohl es korrekt erkannt wurde.
Riesiger Schreck und Verbindungsprobleme
Das führte auch zu einem wirklichen Schreckmoment. Da ich zunächst keine Lösung für das Problem mit dem Keyboard fand, habe ich mich zu einem Firmware Update des Keylab 88 entschlossen. Und das misslang! Das Update fror bei 11% ein und danach war das € 700,- Keybord gebrickt und ließ nicht nicht mehr starten und zurücksetzen.
WAHHHHH!!!
Nachdem ich dreimal laut fluchend durch das Zimmer gesprungen bin, habe ich mich langsam(!!!) wieder beruhigt habe, beschloss ich, das Firmware Update nochmal von meinem alten Mac Mini zu versuchen. Und siehe da: es funktionierte!
Ende gut – alles funktioniert
Im Nachhinein glaube ich, dass es gar nicht am Rechner selbst gelegen hat, sondern daran, dass ich das Keyboard zusammen mit der Tastatur über einen USB Hub am gleichen USB-A Anschluss hängen hatte und das Timingprobleme verursacht hat. Der M1 hat nämlich nur noch zwei statt vier USB-A Buchsen und ich brauchte drei für Keyboard, Audiointerface und Tastatur. Jetzt hängt das Audiointerface an einem der beiden USB-C Ports und alles läuft wunderbar und sehr zügig.
In zwei Wochen ist Wahl. Falls man in Berlin lebt sind es sogar gleich mehrere: Bundestagswahl, Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus, Wahl zur Bezirksverordnetenversammlung und um die Sache abzurunden auch noch einen Volksentscheid zur Enteignung von Immobilienkonzernen.
Insgesamt 5 Stimmzettel für sechs Kreuzchen. Ich hoffe, dass alle Wahlberechtigten in dem Papierwust (siehe Foto) den Überblick behalten und wissen wofür sie abstimmen. Und schon bin ich beim eigentlichen Problem: Wofür abstimmen? Ich meine inhaltlich. Seit Monaten quält mich die Frage – so wie das halbe Land.
Noch ‘n bisschen Papier gefällig?
Nur dass es in Berlin eben nicht nur darum geht, wen man aus dem “Trio der Blamage” man am wenigsten unfähig für das Amt des Bundeskanzlers hält – sondern eben auch noch darum, welchen Vögeln man die Möglichkeit gibt, die Bundeshauptstadt noch weiter runterzuwirtschaften.
Hat gerade irgendjemand gesagt, dass ich negativ klinge? Na gut, bei zwei der sechs Kreuzchen bin ich mir immerhin sicher: Beim Volksentscheid und der Bezirksverordnetenversammlung.
Beim Abgeordnetenhaus und beim Bundestag ist meine Grundhaltung jeweils, dass es auf keinen Fall so weitergehen darf wie bisher. So weit, so klar. Aber wie dann? Mittlerweile hilft mir nicht mal mehr die deprimierende Strategie, das kleinste Übel zu wählen. Ich sehe nirgends Personal, dem ich vertrauen würde.
Ich empfinde das bräsige “weiter so” Grinsen von Laschet nicht mehr nur für ärgerlich, sondern mittlerweile für gefährlich für Deutschland. Genauso gehört für mich aber der Rot-Rot-Grüne Senat in Berlin zu den schlechtesten, die es je gab. Und das will etwas heißen. Um im Berliner politischen Niveaulimbo beständig neue “Bestmarken” nach unten zu setzen, muss man sich schon ganz schön anstrengen. Berlin ist für mich mittlerweile eine “failed city”.
Schöner Scheiss. Und jetzt?
Etwas verblüfft war ich tatsächlich, dass in meinem Wahlkreis Martin Sonneborn als Direktkandidat aufgestellt ist. Mir war nicht klar, dass er Brüssel mit Berlin tauschen möchte. Früher habe ich meine Erststimme ja Hans Christian Ströbele gegeben. Nicht weil ich die Grünen wählen wollte, sondern weil ich IHN im Bundestag sehen wollte. Nicht weil ich in allem mit seiner Sicht übereinstimmte, sondern weil ich ihn stets für eine integre Person gehalten habe, die auch abends alleine mit dem Fahrrad (natürlich!) auf den Weg durch die Biergärten gemacht hat um mit den Bürgern zu reden. Das sahen viele im Wahlbezirk genau so. Er war der einzige grüne, der per Direktmandat gewählt wurde.
Vor ungefähr sechs Wochen hatte ich drei schicke, teure E-Bikes (Pedelecs) von Schindelhauer ausprobiert (“Fahrrad – das erste mal…“). Sie fuhren toll, sahen traumhaft aus und wären im Fall eines Kaufs ein mittlerer Vermögensschaden. Alleine der Gedanke, solches Edelmetall abends in Friedrichshain an irgendeine Laterne anzuschließen versetzt mich innerlich in Aufruhr. Vandalismus, Diebstahl, pinkelnde Hunde oder Menschen oder sonstiges wenig erquickliches ist hier ja leider nicht unüblich.
Zwei Wochen später habe ich auch noch ein Cube Hybrid mit Bosch Mittelmotor und 635Wh Akku gefahren. Fetter Motor, fetter Akku und leider ist das Gewicht dementsprechend: 25kg!
Jetzt weiß ich, welche Art von E-Bike ich interessant finde. Möglichst schlicht, leicht (bitte deutlich unter 20 kg), auch ohne Motorunterstützung gut fahrbar und mit Schaltung. Das Schindelhauer Arthur VI war da ziemlich nahe dran – aber €4.700,- sind schon sehr sehr heftig.
Heute bin ich das Ampler Curt in der Version mit 11 Gang Kettenschaltung gefahren, das vom Grundprinzip ähnlich zum Arthur, allerdings mit €2.900,- entspannte €1.800,- günstiger ist. Das liegt zum Teil daran, dass die verbauten Teile etwas weniger exzentrisch sind.
Ampler Curt in der Version mit 11 Gang Kettenschaltung
Anstatt wie Schindelhauer einen Zahnriemenantrieb von Gates mitsamt Pinion Getriebeschaltung im Tretlager einzubauen, setzt Ampler auf eine 11 Gang Shimano Deore Kettenschaltung. Gebremst wird mit hydraulischen Shimano M6000 Scheibenbremsen. In beiden Rädern sind LED Rücklichter von LightSKIN in die Sattelstütze eingebaut, das Schindelhauer versteckt auch noch die vordere Lampe dezent im Lenker, während das Ampler auf ein konventionelles Licht von Busch+Müller setzt. Das Arthur ist mit edlem Ledersattel und Ledergriffen ausgestattet.
Bei Ampler alles etwas weniger teuer aber beileibe nicht schlecht. Immerhin wird im Curt eine Carbongabel verbaut um das Gewicht zu senken und tatsächlich ist das Rad mit 14,4 kg sogar noch etwas leichter, als das Arthur, das mit 15,7 kg auch noch zu den leichtesten E-Bikes zählt. Und das, obwohl der Akku mit 336Wh sogar größer ist, als der 250Wh Akku im Arthur.
Bei dem Preisunterschied erstaunt es nicht, dass das Ampler im Finish optisch etwas weniger edel wirkt, als das Schindelhauer, aber das finde ich für den Alltag in der Stadt eigentlich sogar besser, weil es sich vermutlich positiv auf die Vandalismus- und Diebstahlwahrscheinlichkeit auswirkt. Darauf zählt auch die mattschwarze Farbe ein. Vom Fahrgefühl liegen beide recht dicht zusammen.
Beide haben einen 250W Nabenmotor im Hinterrad und werden über einen dezenten Knopf mit LED Lichtring bedient. Der Drehmomentsensor im Ampler sorgt dabei für eine sehr natürliches Fahrgefühl. Man fährt ganz normal Fahrrad, aber mit etwas Rückenwind. Das ist sehr angenehm.
Beide haben eine sehr sportliche Rahmengeometrie und beide verführen dazu, schnell zu fahren. Für ausgedehnte Touren im Mittelgebirge sind sind diese Räder dagegen nicht zu empfehlen.
Beide sind auch als Singlespeed Variante mit Gates Karbonriemen statt Kette erhältlich. Beide kann man mit dem Handy koppeln und per App weitere Einstellungen vornehmen und Updates einspielen. Leider ebenfalls gemeinsam ist, dass der Akku nicht entnehmbar ist und daher das komplette Rad zum Aufladen an die Steckdose muss. Und da ich im Keller leider nicht über eine Steckdose verfüge ist das für mich bei beiden das größte Manko.
Am letzten Samstag Nachmittag hatte ich die Gelegenheit, kurz die neue Triumph Trident 660 zu fahren. Es hat leider nicht zu einer richtigen Testrunde gereicht, aber einen ersten Eindruck habe ich bekommen – inklusive einer echten Überraschung.
Triumph ist eine der ganz wenigen Hersteller, bei denen ich beinahe die komplette Modellpalette toll finde. Aber als die Trident vor ungefähr einem Jahr angekündigt wurde, war ich zunächst gar nicht begeistert. Irgendwie sah mir die Maschine auf den Fotos zu nett und knubbelig aus.
Stilsicher und mit Liebe zum Detail
Jetzt, das ich sie live gesehen, angefasst und gefahren habe, muss ich mich korrigieren. Auch hier ist den Engländern wieder ein richtig hübsches Motorrad gelungen. Stilistisch ein gelungener Spagat zwischen Retro und modern. Und obwohl sie mit deutlich unter €8.000,- Einstiegspreis die günstigste Triumph ist, stimmt auch hier wieder jedes Detail. An keiner einzigen Stelle hat man das Gefühl, dass etwas billig gemacht wäre.
Schick bis in die letzte Schraube: Typisch Triumph
Mit meinen 1,88 sitze ich gut und entspannt auf der Maschine. Was sofort auffällt ist das geringe Gewicht von 189 kg fahrfertig. Die Trident ist kompakt, leicht und fährt super wendig. Und der Motor ist klasse. Beim Losfahren freue ich mich über den typischen Dreizylinderklang – irgendwo zwischen Turbine und Porsche 911, aber in absolut verträglicher Lautstärke. Die Trident hat zwar “nur” 81 PS, fühlt sich aber stärker an. Zumindest in der Stadt ist sie genau so flott, wie meine GSX-S mit 114 PS. Kupplung, Schaltung und Bremse sind wie zu erwarten tadellos. Alles schick und macht wirklich Freude.
Die unerwartete positive Überraschung
Die Trident war mit dem aufpreispflichtigen Schaltassistenten ausgestattet. Abgesehen vom Anfahren und Anhalten muss man beim Gangwechsel nicht mehr kuppeln. Mein erster Gedanke war: “naja, netter Schnick-Schnack”, aber als ich dann ein paar Ampeln hinter mir hatte war ich völlig begeistert. Stadtverkehr sieht ja normalerweise so aus:
Kupplung, erster Gang anfahren, Kupplung, zweiter Gang, Kupplung, dritter Gang, Kupplung, vierter Gang, Kupplung, fünfter Gang, zehn Sekunden rollen, Bremsen, Kupplung, vierter Gang, Kupplung, dritter Gang, Kupplung, zweiter Gang, Kupplung, anhalten, Leerlauf. Und bei Grün dann wieder alles von vorn.
Mit dem Schaltassistent:
Kupplung, erster Gang anfahren, Gas stehen lassen, Zack (hochschalten), Zack, Zack, Zack, rollen lassen, Gas zudrehen, Zack (runterschalten), Zack, Zack, Kupplung, anhalten, Leerlauf.
BÄM – das ist genial! Nimmt so viel Stress aus der Gurkerei in der Stadt raus. Und die Schaltvorgänge sind kaum zu spüren, so lange man nicht völlig niedertourig fährt.
Fazit
Die kleine Triumph ist schick, wendig, fährt super und ist absolut bezahlbar. Kein Wunder, dass sie für dieses Jahr bereits ausverkauft ist.
Meinen Urlaub habe ich in Angeln im Nordosten von Schleswig Holstein verbracht. Diese wunderschöne Landschaft an der Ostsee und der Schlei ist zum Teil verblüffend hügelig, die Felder und Weiden sind durch Knicks und viele Bäume gegen den Wind geschützt und die vielen hübschen Dörfer verbindet ein Netz aus schmalen, kurvenreichen Straßen. Das lädt geradezu dazu ein, hier bei gutem Wetter mit dem Motorrad locker herumzucruisen.
Gemütlich durch die schöne Landschaft cruisen
Ich war allerdings mit dem Auto angereist und meine Maschine schlummerte zu Hause in Berlin auf dem Hof. Abhilfe musste her. Ein Blick ins Internet und schon hatte ich drei Firmen ausgemacht, die Motorräder vermieten. Eine davon allerdings nur Harley Davidson, was überhaupt nicht mein Stil ist. In der zweiten Firma wurde ich so einsilbig und unfreundlich behandelt, dass ich ich mich nach 30 Sekunden mit einem “Jo danke, schönen Tach noch…” umgedreht und den Laden verlassen habe.
Dörfer mit hübschen, alten Reetdachhäusern
Die dritte Anlaufstelle war dann allerdings goldrichtig. Bei Bruno’s Moto Company wurde ich sehr freundlich empfangen. Die Firma führt einige eher unübliche Marken, wie z.B. Zero, Benelli oder Vogue. Man hat sich dort richtig Zeit genommen mir die Modelle zu zeigen, die als Mietfahrzeug zur Verfügung standen, und einen Schnack über dies und jenes war auch noch mit drin. Eigentlich hat es mich gereizt, die elektrische Zero SR/F auszuprobieren. Neben der recht üppigen Miete (die Maschine kostet ja immerhin €22.000), hielt mich aber letztlich die Frage ab, ob eine Akkuladung reichen würde, um die Tour, zu der ich mit einem Bekannten verabredet war, zu fahren. Wie sich im Nachhinein herausstellte, wäre das auch wirklich knapp geworden.
Vordergrund: Die Vogue Dahinter die BMW meines Bekannten.
Also habe ich mich für die Vogue 500 DS Adventure entschieden. Die Maschine im Stil eines Adventure Bikes ist genauso positioniert, wie die sehr ähnliche HondaCB500 X. Sie hat ebenfalls einen Zweizylinder Reihenmotor mit 471ccm und 47PS. Der Verkaufspreis von €5.700,- liegt €1.000,- unterhalb der Honda, die Ausstattung ist mit Gepäckvorbereitung, farbigem Graphik-Display (mit automatischer Hell/Dunkel Umschaltung je nach Umgebungslicht) USB-Steckdose und Bluetooth Anbindung aber besser.
Vogue 500 DS vor dem Flensburger Segelclub
Vogue ist eine Marke des chinesischen Loncin Konzerns, der unter anderem für BMW die Einzylindermotoren der G-Baureihe und die Zweizylinder für die F-Modelle herstellt. Es war also nicht zu befürchten auf minderwertigem muckeligem Material die Straße entlangzueiern.
Ganz im Gegenteil. Die Qualitätsanmutung ist gut. Sowohl Material, als auch die Verarbeitung wirken solide. Die Sitzbank hat eine Höhe von 835mm und ist bequem. Die Sitzposition ist aufrecht, für meine 1,89 sehr bequem. Die Spiegel bieten eine gute Sicht nach hinten, Kupplungs- und Bremshebel ließen sich in der Weite einstellen. Die Scheibe musste ich auf die untere Position verstellen, um keine Verwirbelungen am Helm zu haben. Die Schraube dafür ist leider etwas fummelig. Das war aber schon der einzige Punkt, den ich zu bemängeln habe.
LCD Cockpit im Tagmodus und USB Steckdose
Die Vogue hatte gerade einmal 25 km auf dem Tacho, als ich sie übernommen habe. Also habe ich die Tour mit Rücksicht auf Motor, neue Bremsen und Reifen vorsichtig angehen lassen. Die Kupplung ist nicht übermäßig leichtgängig, aber in Ordnung. Die Schaltung funktionierte gut. Stets war eindeutig zu spüren, wenn der Gang einrastete und den Leerlauf musste ich auch nie suchen. Das Handling ist durch die aufrechte Sitzposition und den breiten Lenker leicht und spielerisch. Die Bremsen von Nissin (vorne 298mm Doppelscheibe und und hinten 240mm) fand ich auf den ersten km etwas fade, aber die Beläge und Scheiben waren ja auch noch neu. Im Laufe der Fahrt wurde das besser. Der Motor ist gemessen an meiner GSX-S 750 natürlich ziemlich zahm und vibriert auch ein bisschen, aber das ist bei zwei Zylindern und fast 70PS weniger auch nicht anders zu erwarten. Nach einigen km Fahrt hatte ich mich daran gewöhnt und dann machte es richtig Spaß mit der Maschine über die schmalen, kurvigen Nebenstrecken zu wuseln.
Grund dafür ist die Kombination aus der kommoden Sitzposition, dem guten Handling und dem komfortablen Fahrwerk. Möglich, dass es bei mehr Zuladung und forscherer Fahrt etwas zu weich ist, aber mir kam das so gerade recht. Das fabrikneue Triebwerk habe ich natürlich im unteren Drehzahlbereich bewegt, dafür war der Durchzug aber erfreulich. Interessant wäre der direkte Vergleich mit der CB500X, aber damit kann ich leider nicht dienen.
Vogue 500 DS von rechts
Die vollgetankt 205 kg schwere Maschine ist mit einem Verbrauch von 4,2 l/100km angegeben. Ich bin beim gemütlichen cruisen sogar mit nur 3,5l hingekommen. Mein Bekannter, der mit seiner 20 Jahre alten 1100 Boxer BMW vorneweg gefahren ist, hat 5,5 l/100km auf der Runde benötigt. Dafür war seine Maschine sehr leise und die Vogue akustisch deutlich präsenter. Sie ist mit 98dB Standgeräusch angegeben, also leider nicht Tirol-tauglich.
Fazit
Wer ein A2 taugliches Adventure Bike sucht, der sollte sich neben den “üblichen Verdächtigen” Honda CB500X und KTM 390 Adventure ruhig einmal die Vogue genauer ansehen. Das Motorrad ist nicht billig, sondern günstig. Welcher Name auf dem Tank klebt und ob das Bike aus China oder Thailand kommt (wie die Honda und die KTM), halte ich nicht für so wichtig. Bei mir würde im Zweifelsfall die Nähe einer kompetenten und freundlichen Werkstatt den Ausschlag geben und da ist man bei Bruno’s in Flensburg sicherlich gut beraten.
Nachtrag
Als ich diesen Artikel im Urlaub geschrieben habe, meinte ich, dass man diese Maschine mit der Honda CB500X vergleichen sollte. Kaum wieder zu Hause stelle ich fest, dass die Zeitschrift Motorrad in der Ausgabe 18/2021 genau das getan hat. Das Ergebnis lautet wenig überraschend, dass die beiden Bikes sehr ähnlich sind, die Vogue recht gut ist, aber die Honda in Details immer noch etwas besser abschneidet, dafür aber eben auch 20 Prozent mehr kostet.
Ich bin natürlich nicht zum ersten mal Fahrrad gefahren, aber ich habe am Samstag drei besondere Bikes zur Probe gefahren und dabei waren einige “erste male”. Und das kam so:
Zum ersten mal e-Bike
E-Bikes (ich meine stets zulassungsfreie Pedelecs bis 25Km/h) fand ich oll. Ist was für Rentner. Die Dinger sind mit 25Kg oder mehr bleischwer, sehen hässlich aus und haben überhaupt den Charme von Krankenfahrstühlen.
Neulich bin ich recht spontan zum ersten mal mit einem e-Bike gefahren: Einem Ampler Stout. Das gefiel mir, weil es sich optisch nicht von einem normalen Tourenrad unterscheidet, und auch kaum schwerer ist. Es fuhr sich auch wie ein normales, gutes Tourenrad, bloß dass ich damit die (für Berliner Verhältnisse) steile Choriner Straße flott hochfuhr, ohne aus der Puste zu kommen (ich habe ja Asthma).
Na sowas. E-Bike geht ja auch in schick. Mein Interesse war geweckt und ich fing an, mich schlau zu machen.
Zum ersten mal richtig schick
Also Youtube und Blogs durchforstet – was man halt heute so macht. Ich habe schnell festgestellt, dass es einen starken Trend zu hochwertigen Rädern gibt und in den letzten Jahren ziemlich viele neue Manufakturen entstanden sind, die so richtig schickes Zeug bauen.
Uiii, das ist Gefährlich!
Für hochwertige Materialien und Verarbeitung, clevere Detaillösungen und schickes Design habe ich eine echte Schwäche und so wollte ich diese tollen Teile mal im Original sehen. Rein zufällig (* räusper *) gibt es bei mir um die Ecke gibt es einen kleinen Fahrradladen, der sich auf solches Edelmetall spezialisiert hat: Die Bike Dudes.
Da war ich am Samstag Morgen, habe mich eineinhalb Stunden beraten lassen und bin drei Fahrräder zur Probe gefahren. Ich habe sinngemäß gesagt, ich suche ein E-Bike, aber in leicht und schick. Im Laufe der Beratung sind wir dann bei drei Rädern der Marke Schindelhauer gelandet. Das ist eine Manufaktur aus Berlin, die Räder mit sehr edeler Ästhetik anbietet.
Das erste mal Fahrrad ohne Kette
Eine Gemeinsamkeit aller Räder dieser Marke ist, dass sie keinen Kettenantrieb haben, sondern einen Zahnriemenantrieb von Gates. Das ist wohl zur Zeit schwer angesagt. Beim Fahren merkt man eigentlich keinen Unterschied, aber man kann solche Dinge wie Öl, Kettenpflege, usw. vergessen. Das Ding ist nahezu wartungsfrei.
Das erste mal Single Speed
OK, fast das erste mal. Mein einziges Fahrrad ohne Schaltung war mein erstes Kinderrad, auf dem ich fahren gelernt habe. Ich bin eigentlich ein Fan von Kettenschaltungen. Die sind einfach, effizient und ich kann sie selber einstellen, wenn irgendwas rumzickt. Aber für den Riemenantrieb gibt es so etwas nicht. Mir wurde ans Herz gelegt, das Modell Arthur ohne Schaltung wenigstens einmal auszuprobieren, weil es für ein e-Bike mit nur 13,4 Kg extrem leicht ist. Also dann – losgefahren, die Landsberger Chaussee bergab zum Platz der Vereinten Nationen und dann wieder bergauf zurück.
Modell Arthur: Gates Riemenantrieb und formschönes, edeles Material wohin man schaut
Das Rad ist ein Träumchen. Es fährt auch ohne Motorunterstützung superleicht, man sitzt sportlich, die hydraulischen Scheibenbremsen sind extrem leichtgängig, gut dosierbar und beißen bei Bedarf richtig fest zu.
Und natürlich die Details: Der Rahmen aus Aluminium in schicker Lackierung, Brooks Ledersattel, Ledergriffe, die StVZO konforme Beleuchtung ist so geschickt in Lenker und Sattelstütze eingebaut dass man sie auch auf den zweiten Blick gar nicht wahrnimmt (im Dunkel natürlich schon), alle Züge im Rahmen verlegt. überall poliertes Aluminium, extrem hochwertiges Finnish. Egal wo man hinguckt – alles super edel. Selbst die Pedale sind hübsche, CNC gefräste Designstücke mit gutem Halt.
Aber die Schaltung fehlt mir doch. Schön – der Motor hilft einem den Berg hoch, aber es geht ja nicht nur um Kraft, sondern auch um eine angenehme Trittfrequenz. Beim Losfahren dreht mir die Kurbel zu langsam und wenn man richtig in Schwung ist, etwas zu schnell.
Das erste mal Pinion Schaltung
Da hat der freundliche Fachberater schnell Abhilfe zur Hand und gibt mir das Modell Arthur VI, das sich durch eine Pinion Schaltung von dem Grundmodell unterscheidet. Die von zwei ehemaligen Porsche Ingenieuren entwickelte Getriebeschaltung ist im Tretlager verbaut und hat die Besonderheit, dass man auch im Stand mehrere Gänge rauf- und runterschalten kann. Funktioniert super und somit kann ich ohne Probleme die Trittfrequenz an die Geschwindigkeit anpassen.
Perfekt!
Bis auf… naja, das enorm leichtgängige Rad verleitet einen ziemlich zum schnell fahren. Und der Preis. Aber dazu am Ende noch mehr.
Modell Arthur VI mit Pinion Schaltung
Das erste mal Bosch Mittemotor
Zum Schluss wurde mir noch das Modell Oskar gegeben. Im Gegensatz zum recht sportlichen Arthur ist Oskar eher für Touren ausgelegt. Die Reifen sind breiter, der Akku hat mehr Kapazität (500Wh, statt 250Wh) und ist entnehmbar und der Bosch Mittelmotor hat mehr Drehmoment. Dafür ist das Rad schwerer (19,7Kg) und durch den Akku etwas weniger elegant. Leider war keine passenden Rahmengröße im Laden, aber ich solle doch auch nochmal den Bosch Antrieb ausprobieren. Tatsächlich fand ich das Konzept und den Antrieb auch sehr ansprechend, aber da ich aufgrund der zu kleinen Rahmens “wie der Affe auf dem Schleifstein” saß, kann ich mir kein abschließendes Urteil erlauben. Ich werde vielleicht nach meinem Urlaub noch einmal nachfragen, ob dann ein passendes Rad zur Verfügung steht. Das Modell Heinrich würde mich auch noch interessieren.
Modell Oskar – etwas gemütlicher, aber der Motor hat Wumms
Das erste mal so richtig teuer
Aus den Beschreibungen wird eines deutlich: Ich bin zum ersten mal richtig teure Fahrräder gefahren.
Was bedeutet “teuer”? Billigen Schrott aus dem Baumarkt zu fahren, macht keine Spaß. Für mein Rennrad hatte ich 1990(!) bereits DM 1.500,- bezahlt und mein aktuelles Rad hat vor 10 Jahren knapp €1.000,- gekostet. Beide hatte ich als “nicht hinterhergeworfen, aber den Preis wert” empfunden.
Aber was ist JETZT teuer, zumal in diesem Segment? Für E-Bikes scheinen €2.000,- und €3.000 Euro normal zu sein. Und wenn es irgendwie besonders wird, auch gerne noch eine Schippe mehr. Und dass ich hier mit ziemlichem Edelmetall unterwegs war, konnte man meinen Zeilen entnehmen. Also kurz und knapp:
Die drei Räder lagen zwischen €3.900,- und €4.700,-
Puh!
Die grausame Wahrheit – das Preisschild
Das muss man schon wirklich wollen. Ist alle superschick, aber der Gedanke solche Schmuckstücke mal eben vor einem Geschäft anzuschließen versetzt einen innerlich in Aufruhr.
Der “Haben-wollen-Faktor” ist allerdings ziemlich hoch.
Das Auto ist ja bekanntermassen das Grundübel der heutigen Welt. Es versaut die Umwelt, steht überall im Weg rum, tötet Radfahrer und ist sowieso prinzipiell völlig überflüssig, yada, yada…
Reality check
Meine werte Mitbewohnerin fragte mich, ob ich demnächst zu einer Ausstellung im Schloss Rheinsberg mitkommen möchte. Ja gerne. Ist ja ganz hübsch dort oben. Wir wären zu dritt und möchten / müssen am Wochenende dort hin, weil man ja unter der Woche arbeitet. Also wie fahren wir:
Mit der Bahn oder mit dem Auto?
Ich bin zwar Autofahrer, aber das heißt nicht automatisch, dass ich immer die Blechkiste nehmen muss oder will. Innerhalb Berlins fahre ich selten und so einen gemütlichen Ausflug kann ich mir auch ganz gut mit der Bahn vorstellen. Wie kommt man also dort hin?
Schnell mal auf der Website der Bahn Start, Ziel und gewünschte Uhrzeit eingegeben. Wobei der Startpunkt gar nicht so einfach ist, weil ich nicht weiß, von welchem Bahnhof der Zug (vermutlich Regionalexpress?) abfährt. Also gebe ich einfach meine Adresse ein. Zur Auswahl wurden drei verschiedenen Verbindungen ausgegeben: Mit drei oder viermal Umsteigen und einer Gesamtfahrzeit von drei Stunden oder länger.
Ähm – wie bitte?
Zum Vergleich: Mit dem Auto benötigt man für die 93km ungefähr 1:20h.
Meine Mitbewohnerin meinte, dass dort die Niederbarnimer Eisenbahn hinfährt und nicht die DB. Ich solle mal dort nachsehen.
Danke für den Hinweis. Woher sollte ich das wissen? Und wieso kann die Bahn nicht auch die Verbindungen der Konkurrenz anzeigen, wenn sie schon im Verkehrsverbund fahren?
Also auf die Website der NEB. Die Usability ist grausam, die Funktionen teilweise kaputt. Start und Ziel musste ich mehrfach eingeben und wurde schließlich auf eine kaputte Seite des VBB (Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg) weitergeleitet.
Das erklärte Ziel der verkehrswendebegten Mitbürger ist es, die Autofahrer dazu zu bewegen, das Auto stehen zu lassen. Alleine das Gehoppel über drei verschiedene Websites ist nervig und hat an einer Stelle Vorwissen vorausgesetzt, dass ich nicht hatte. Ich möchte an dieser Stelle kein “stell Dich nicht so an” oder “wenn Du gleich da und dort geguckt hättest…” hören. Klar – jemand der laufend mit der Bahn fährt weiß so etwas vermutlich, aber derjenige muss ja auch nicht mehr “zum rechten Glauben bekehrt” werden.
Es wird von den Autokritikern immer so getan, als ob Bequemlichkeit kein valides Argument für das Auto sei. Diese ignorante Haltung ist vermutlich auch der Grund, weshalb sich in den letzten 30 Jahren nichts im Verkehrssektor verbessert hat. Denn jeder, der den Menschen etwas verkaufen möchte – also sie zu etwas überzeugen – weiß, dass Bequemlichkeit und Einfachheit zu den absolut wichtigsten Argumenten überhaupt zählt – noch weit vor dem Preis. Glaubst Du nicht? Frag mal Apple…
Von den technischen Problemen der Websites einmal abgesehen, gibt es Sonntags nur zwei Verbindungen: eine früh morgens und eine früh abends.
Kurz gesagt: Es klappt einfach nicht.
Aber nehmen wir mal an wir hätte eine passende Verbindung gefunden. Der Fahrpreis beträgt €10,50. Für drei Personen hin- und zurück sind das €63,- gegenüber €25,- Benzinkosten.
Ja – ich weiß, dass das Auto mehr kostet, als nur Benzin. Aber das sind im Wesentlichen Fixkosten, die ich ohnehin trage. Für die konkrete Fahrt ist (fast) nur Benzin und ggf. Parkgebühr fällig.
Und für diese Tour wäre nicht einmal die Ökobilanz der Bahn besser, weil ein mit drei Personen besetztes Auto relativ geringe Emissionen per Personenkilometer hat.
Machen wir also (für diesen konkreten Fall) mal eine Abwägung:
Bahn
Auto
Reisevorbereitung
–
+
Flexibilität
—
++
Direktverbindung
–
+
Reisezeit
–
+
Komfort
+
–
Kosten
–
+
Ökobilanz
o
o
Es steht in diesem Fall also 5 zu -5 für das Auto. Einzig die Tatsache, dass ich keine Lust habe, mich hinter das Lenkrad zu setzen spricht für die Bahn. Aber eigentlich auch nicht wirklich. Am Ende wird es wohl darauf hinauslaufen, dass ich mir die Ausstellung nicht ansehen werde. Das wäre für die Umwelt natürlich am besten: Wenn man mit seinem Hintern zu Hause bleibt.
Ist das am Ende mit dem Begriff “Verkehrswende” gemeint?
Wer diese Überschrift verstanden hat, arbeitet vermutlich als Motorradmechaniker, TÜV Prüfer oder Verkehrspolizist. Es geht um zugelassene Anbauteile. Heute habe ich nämlich ein kleines Päckchen bekommen und den Inhalt sofort verbaut.
Ich bin eigentlich nicht so der Tuning-Freund. Schon als ich damals Ende der 80er auf dem Land gewohnt habe, waren meine Autos ziemlich langweilig und serienmäßig. Keine Spoiler, keine Breitreifen, kein Sportauspuff, keine Tieferlegung, kein Fuchsschwanz am Manta (ja, ich hatte tatsächlich auch mal einen – war eine echt schräge Kiste und gut für etliche Stories). Auch heute ist mein Auto genau so, wie es aus der Fabrik kam.
Bei meinem Motorrad ist es etwas anders. Ich hatte die GSX-S 750 im Jahr 2020 neu gekauft. Sie gefällt mir vom Styling gut, aber ich habe zwei optische Mängel sofort vor der Auslieferung ändern lassen: Der klobige Kennzeichenhalter wurde durch einen kurzen ersetzt und die ollen bratpfannengroßen Blinker mit Glühlampen durch schmale, helle Lauflicht-LED Blinker. Das reicht mir eigentlich.
Etwas neues Bling Bling
Seit heute habe ich auch noch neue Brems- und Kupplungshebel. Das hat einen sachlichen Grund: Ich hatte in der Stadt oder im Stau nämlich schnell Probleme mit gereizten Sehnenscheiden am linken Arm. Die Kupplung der GSX-S ist leider nicht butterweich, sondern man muss schon ein bisschen zupacken. Nicht wie der Hulk, aber auf Dauer merkt man es. Serienmäßig ist nur der Bremshebel in der Griffweite einstellbar, während der Kupplungshebel stur und weit absteht. Das konnte nicht so bleiben.
Wenn ich mir schon einstellbare Brems- und Kupplungshebel bestelle, kann man auch gleich noch die Optik etwas aufwerten. Die mehrteiligen Hebel von Raximo sind aus Aluminium gefräst, eloxiert, sowohl in der Griffweite, als auch in der Hebellänge einstellbar, und sollen im Falle eines Umfallers nach oben klappen, anstatt wie die Originale einfach abzubrechen. Und man kann jedes Einzelteil farblich auf sein Motorrad abstimmen. Sie werden also individuell für den Besteller zusammengebaut. Die Montage am Bike war sogar für einem Reparaturlegastheniker wie mich recht einfach zu bewerkstelligen. Beim Bremshebel war es super einfach und beim Kupplungshebel muss man vorher den Bowdenzug verstellen um ihn aushängen zu können. Nach dem Einbau muss man die Kupplung dann natürlich neu einstellen. Fährt jetzt gut und sieht gut aus.
GSX-S 750 mit Original KupplungshebelGSX-S 750 mit neuem, einstellbaren Kupplungshebel
Einziger Wehrmutstropfen: Ich muss jetzt immer die ABE (Allgemeine Bertriebserlaubnis) für die Hebel mitführen.
Die E-Nummer aus der Überschrift befindet sich übrigens an den Blinkern. Ich wusste zwar, dass sie da ist, habe sie aber nie gefunden. Heute habe ich die komischen Hubbel auf den winzigen Blinkergläsern mal mit meinem Handy fotografiert. Wenn man reinzoomt, erkennt man die Nummer. Das kann ja lustig werden, falls ich irgendwann in einer Verkehrskontrolle auf einen grummeligen Beamten treffen sollte.
Blinker hinten rechts: Selbst in der Vergrößerung ist die E-Nummer schwer zu erkennen.