tiny little gizmos

E24 11 12 50R 00 0238 und die linke Hand

Wer diese Überschrift verstanden hat, arbeitet vermutlich als Motorradmechaniker, TÜV Prüfer oder Verkehrspolizist. Es geht um zugelassene Anbauteile. Heute habe ich nämlich ein kleines Päckchen bekommen und den Inhalt sofort verbaut.

Ich bin eigentlich nicht so der Tuning-Freund. Schon als ich damals Ende der 80er auf dem Land gewohnt habe, waren meine Autos ziemlich langweilig und serienmäßig. Keine Spoiler, keine Breitreifen, kein Sportauspuff, keine Tieferlegung, kein Fuchsschwanz am Manta (ja, ich hatte tatsächlich auch mal einen – war eine echt schräge Kiste und gut für etliche Stories). Auch heute ist mein Auto genau so, wie es aus der Fabrik kam.

Bei meinem Motorrad ist es etwas anders. Ich hatte die GSX-S 750 im Jahr 2020 neu gekauft. Sie gefällt mir vom Styling gut, aber ich habe zwei optische Mängel sofort vor der Auslieferung ändern lassen: Der klobige Kennzeichenhalter wurde durch einen kurzen ersetzt und die ollen bratpfannengroßen Blinker mit Glühlampen durch schmale, helle Lauflicht-LED Blinker. Das reicht mir eigentlich.

Etwas neues Bling Bling

Seit heute habe ich auch noch neue Brems- und Kupplungshebel. Das hat einen sachlichen Grund: Ich hatte in der Stadt oder im Stau nämlich schnell Probleme mit gereizten Sehnenscheiden am linken Arm. Die Kupplung der GSX-S ist leider nicht butterweich, sondern man muss schon ein bisschen zupacken. Nicht wie der Hulk, aber auf Dauer merkt man es. Serienmäßig ist nur der Bremshebel in der Griffweite einstellbar, während der Kupplungshebel stur und weit absteht. Das konnte nicht so bleiben.

Wenn ich mir schon einstellbare Brems- und Kupplungshebel bestelle, kann man auch gleich noch die Optik etwas aufwerten. Die mehrteiligen Hebel von Raximo sind aus Aluminium gefräst, eloxiert, sowohl in der Griffweite, als auch in der Hebellänge einstellbar, und sollen im Falle eines Umfallers nach oben klappen, anstatt wie die Originale einfach abzubrechen. Und man kann jedes Einzelteil farblich auf sein Motorrad abstimmen. Sie werden also individuell für den Besteller zusammengebaut. Die Montage am Bike war sogar für einem Reparaturlegastheniker wie mich recht einfach zu bewerkstelligen. Beim Bremshebel war es super einfach und beim Kupplungshebel muss man vorher den Bowdenzug verstellen um ihn aushängen zu können. Nach dem Einbau muss man die Kupplung dann natürlich neu einstellen. Fährt jetzt gut und sieht gut aus.

GSX-S 750 mit Original Kupplungshebel
GSX-S 750 mit neuem, einstellbaren Kupplungshebel

Einziger Wehrmutstropfen: Ich muss jetzt immer die ABE (Allgemeine Bertriebserlaubnis) für die Hebel mitführen.

Die E-Nummer aus der Überschrift befindet sich übrigens an den Blinkern. Ich wusste zwar, dass sie da ist, habe sie aber nie gefunden. Heute habe ich die komischen Hubbel auf den winzigen Blinkergläsern mal mit meinem Handy fotografiert. Wenn man reinzoomt, erkennt man die Nummer. Das kann ja lustig werden, falls ich irgendwann in einer Verkehrskontrolle auf einen grummeligen Beamten treffen sollte.

Blinker hinten rechts: Selbst in der Vergrößerung ist die E-Nummer schwer zu erkennen.

Aber mein Herz ist rein – alles ist legal.

Motorradgottesdienst Friedrichswalde 2021

…fiel wie bereits im letzten Jahr wegen Corona aus. Das ist sehr schade, weil es eine wirklich sehr schöne Veranstaltung ist. Auch – aber nicht ausschließlich wegen der Motorräder.

2018

Vor drei Jahren hörte ich zum ersten mal etwas davon, als ich auf dem Turm des Biorama Projektes in Joachimsthal stand. Und zwar wortwörtlich. Ich blickte über die Schorfheide, berauschte mich am Duft der Robinien und fragte mich, weshalb so unglaublich viele Motorräder durch den Ort fuhren. Die Bedienung im Café erzählte mir etwas später, dass das jedes Jahr zum Muttertag so sei, weil der Pastor in Friedrichswalde einen Motorradgottesdienst abhielt.

2019

Vor zwei Jahren bin ich dann selbst hingefahren. Die Veranstaltung fand damals bereits zum 24. mal statt. Ich wusste nicht recht, was mich erwartet, aber die Neugier siegte. Und siehe da – ich fand es richtig gut. Es ist zunächst mal ein entspannter Ausflug in schöner Landschaft. Man trifft Gleichgesinnte. Die Biker waren alle sehr gesittet unterwegs. Keine Möchtegern-Rennfahrer, keine Wheelies, keine Burnouts oder sonstiges Zeug, das Anwohner verdrießlich macht. Stattdessen freundliche Gesichter und Winken in den Dörfern. Keine Selbstverständlichkeit, wenn ca. 1000 Motorräder in ein 800 Seelen Dorf „einfallen“. Das Ganze ist ein richtiges kleines Volksfest mit Livemusik, Bratwurst- und Getränkestand, und allem was so dazugehört. Und auch der Gottesdienst selbst hat mich als Atheist positiv angesprochen. (siehe „Motorradgottesdienst Friedrichswalde 2019„).
Mir war klar – da fährst Du im nächsten Jahr wieder hin.

2020

Tja, leider hatte ein kleines Virus andere Pläne. Alle Veranstaltungen abgesagt – also auch kein Motorradgottesdienst. Der Pastor veröffentlichte ein schönes Video – aber das ist natürlich nur ein schwacher Trost.

2021

Immer noch Corona. Allerfeinstes Wetter ist angesagt – jedoch wieder kein Motorradgottesdienst. Ich bemerkte, daß Pastor Ralf Schwieger auf Facebook einen schönen Text veröffentlicht hat, den man als Einladung verstehen kann, trotzdem in die Gegend zu kommen, um „fröhlich und freundlich“ die schönen Strecken zwischen Schorfheide und Templin abzufahren. Dazu gab es den einen oder anderen Hinweis auf interessante Punkte an denen man innehalten oder auch ein Bratwurst bekommen kann. Er schloss mit den Worten: „Ich wünsche Euch allen einen gesegneten Sonntag. Wir sehen uns“.

Kirche Friedrichswalde – auch 2021 ohne Motorräder

Und so kam es dann auch. Da ich wegen des schönen Wetters ohnehin einen Berlin-Fluchtreflex hatte, kam mir dieser Wink mit dem Zaunpfahl sehr recht. Ich habe ich also auf meine Maschine geschwungen, mich mit gefühlt Millionen anderer daran gemacht, Berlin hinter mir zu lassen. Die ersten 15Km waren zäh, doch jenseits von Bernau wurde der Verkehr dann endlich so dünn, dass ich die Fahrt über Landstraßen, durch Dörfer und Wälder genießen konnte. Weder bummelten vor mir Sonntagsfahrer, noch wurde ich von hektischen Einheimischen durch ihr Revier gejagt.

Natürlich waren auch sehr viele Motorräder unterwegs. Häufig in Gruppen, aber soweit ich es beurteilen kann sehr darauf bedacht leise durch die Orte zu rollen und selbst auf der nicht enden wollenden 60er Strecke entlang des Werbellinsees mit geradezu auffallend korrekter Geschwindigkeit.

Na also – geht doch!

Die „Rennleitung 110“ war an mehreren Stellen anwesend und führte Lasermessungen durch. Mein Eindruck war, dass sie nicht übermäßig viel zu tun hatten.
Daran mag auch der erste richtig warme Tag des Jahres seinen Anteil gehabt haben. Nach einer recht kühlen und feuchten Woche „explodierte“ das Grün regelrecht in der Wärme. Das Bummeln durch die frischen, wohlriechenden Wälder war ein Fest für die Sinne. Wozu sollte man da schnell fahren?

Gegen Mittag erreichte ich den Hofladen Gut Gollin. Passend für ein kleines Mittagsmal. Auf dem Parkplatz standen nur zwei Motorräder – jeweils Moto Guzzi V7. Die eine kam mir recht bekannt vor: Ein auffällig hübscher Umbau mit rotem Rahmen und verchromtem Tank. Die Maschinen gehörten Pastor Schwieger und seiner Frau. Und kaum hatte ich den Helm abgenommen, kamen wir schon ins Gespräch. Wir unterhielten uns natürlich über Motorräder, den Gottesdienst und über Corona. Mich interessierte, wie es sich in einer so dünn besiedelten Gegend auf die Menschen auswirkt. Auch die sehr unterschiedlichen Wertvorstellungen und Weltsicht der jungen Generation waren ein Thema. Das macht sich auf dem Lande wohl ebenso stark bemerkbar, wie im ach-so hippen Berlin. Als ich mittendrin durchblicken ließ, nicht gläubig zu sein, nahm der Pastor das locker und meinte augenzwinkernd, dass es bei mir ja auch etwas länger gedauert hat, bis ich zum Motorrad gefunden habe.

Treffpunkt Gut Gollin

Es war ein sehr angenehmes, interessantes und anregendes Gespräch mit zwei wirklich sympatischen Menschen. Alleine dafür hat sich die Fahrt schon gelohnt.

Das Gut Gollin vermietet übrigens Baumhäuser. Im Ernst! Also jedenfalls, sobald Tourismus wieder erlaubt ist. Guckt gerne mal auf die Homepage.

Kirche Friedrichswalde ohne Gottedienst

Die weitere Tour führte mich über Templin und Milmersdorf noch einmal nach Friedrichswalde. Ich habe mir noch die Ausstellung in der Kirche angesehen, meinen Teil zur Kollekte beigetragen bevor ich mich wieder auf den Rückweg über Eichhorst, Prenden, Lanke und Bernau nach Hause gemacht habe.

Ein wirklich schöner Tag nach etlichen grauen Wochen, die das Gemüt belastet haben.

Voll / Leer – Eine Ortsbegehung

Berlin nervt. Zu voll, zu viel Verkehr, zu viele Menschen. Immer. Überall.

Am Donnerstag hatte ich das komplette Kontrastprogramm. Ich bin aus Gründen nach Wittenberge im Nordwesten Brandenburgs gefahren um mir die Stadt einmal genauer anzusehen. Die 17.000 Einwohner Stadt liegt an der Elbe ungefähr in der Mitte zwischen Berlin und Hamburg an der Bahnstrecke. Man braucht mit dem Zug in beide Städte jeweils ungefähr eine Stunde. Mit dem Auto deutlich länger, weil man noch ein ganzes Stück über die Landstrasse fahren muss.

Wittenberge liegt in der Prignitz – mit nur 36 Einwohnern pro km2 eine der am dünnsten besiedelten Gegenden in Deutschland. Etwas Flussabwärts auf der anderen Seite der Elbe liegt das ebenfalls sehr dünn besiedelte Wendland in Niedersachsen.

Prignitz – Landschaft

Die Gegend lebt hauptsächlich von Landwirtschaft und (vor Corona) etwas vom sanften Tourismus. Radwandern entlang der Elbe, kleine Städte ansehen – so etwas in dieser Richtung. Touristen sind zur Zeit natürlich nicht zu finden und die paar Läden, die die Stadt hat, waren geschlossen. Daher blieb vor allem ein Eindruck:

Leere.

Blick über Elbe, Hafeneinfahrt / Stepenitz Mündung

Da ich gerade aus dem hypernervigen Berlin kam, war das gefühlt wie eine Vollbremsung aus 180 km/h.

Sehr wenige Menschen.
Wenig Verkehr.
Ruhe.
Unheimlich viel Ruhe.

Früher hatte die Stadt einen aberwitzig großen Bahnhof, ein Eisenbahnreparaturwerk einen Hafen mit Lagerhäusern und Ölmühle und eine große Nähmaschinenfabrik (Singer, später Veritas). Davon sind nur noch der Bahnhof und das Instandhaltungswerk der Bahn in Betrieb. Die Ölmühle ist wohl zu einem Veranstaltungsort mit Hotel umgebaut (und zur Zeit logischerweise geschlossen). Es gibt von der Wirtschaftförderung recht rührige Bemühungen zur Ansiedlung neuer Betriebe und Branchen.

Sanierte Lagerhäuser und neuer Hochwasserschutz an der Elbe

Dennoch ist die Stadt und die Region sehr strukturschwach. Entsprechend ist das Stadtbild. Es gibt viele sehr schön restaurierte alte Gebäude, aber Wittenberge ist noch nicht vollständig saniert. Es gab noch immer etliche baufällige Gebäude und sehr viele Baulücken im zentralen Bereich und unheimlich viel gewerblichen Leerstand.

Schönes altes Kaufhaus – leider leerstehend

Man merkt, dass die Stadt Potential hat und bemüht ist, möglichst viel aus fast nichts zu machen. Jeder Euro ist hier sehr hart erarbeitet. Es bleibt schwierig.

Hier noch ein paar Eindrücke:

Altstadt – Kirchplatz
Noch immer einige unsanierte Gebäude
Altstadt Lagerhaus „Hinter den Planken“
Sehr leckerer Kaffee (hoffentlich übersteht das Geschäft Corona)
Ölmühle – jetzt Hotel und Veranstaltungszentrum

1000 km um Berlin

Ende Juli habe ich meine funkennietennagelneue Suzuki GSX-S 750 bekommen. Und wie es bei fabrikneuen Fahrzeugen so ist – man muss sie erst einmal vorsichtig einfahren. Da ich momentan eigentlich gar nicht so viel unterwegs bin, habe ich in den letzten Wochen einige kleinere Touren in das Berliner Umland unternommen und am letzten Sonntag die 1000km Marke überschritten. Die erste Inspektion hat die Lady nun bekommen und ich könnte nun die Zurückhaltung im Bereich Fahrdynamik sein lassen.

Da war sie nagelneu mit 5km auf dem Tacho

Aber ehrlich gesagt, habe ich gar nicht so großes Verlangen, ordentlich am Gasgriff zu drehen. Die Maschine hat so viel Power hat, dass sie einem auch mit 1/3 Gas schon recht ordentlich die Arme langzieht. Die im Fahrzeugschein eingetragenen 225 Km/h werde ich sicher niemals live erleben, weil es mir ab 120 Km/h ohnehin zu ungemütlich wird. Ich bin ja nicht mehr Anfang 20, dass ich jeden Scheiß ausprobieren muss. Aber darum soll es jetzt auch gar nicht gehen, sondern um die Frage:

Wo bin ich denn überhaupt so lang gefahren?

Ich habe das Berliner Umland in fast jede Himmelsrichtung abgefahren. Die Touren in chronologischer Reihenfolge:


Nordosten: Das Schiffshebewerk Niederfinow

Angefangen hatte ich mit einem klassischen Ausflugsziel für Motorradfahrer, das ich auch schon in der Fahrschulausbildung während meiner Pflichtstunden besucht hatte: Das recht beeindruckende Schiffshebewerk Niederfinow.

Ich wollte mit dem Bike nicht die Hauptstraßen, sondern kleine Nebenstraßen fahren und habe mir bei kurviger.de eine entsprechende Strecke herausgesucht:
Schwanebeck, Birkholz, Börnicke, Tempelfelde, Beerbaum, Heckelberg, Kruge, Hohenfinow, Niederfinow.
Ganz klare Empfehlung:

MACHT DAS NICHT!

Alles was zwischen Birkholz und Hohenfinow liegt kann ich nur als absolut Motorraduntauglich bezeichnen. Es fängt mit sehr(!) holperigem Asphalt an, wird zu einer Schlaglochpiste, die mit max 30Km/h befahren werden kann, streckenweise verschwand die komplette Fahrbahn unter einer 5cm dicken Schicht Rollsplit und zwei Ortsdurchfahrten hatten so übles Kopfsteinpflaster, dass ich ernsthaft überlegt hatte, die 214 Kg schwere Maschine zu schieben, weil ich Angst hatte, mir die Reifen an den scharfkantigen Steinen zu beschädigen.

Interessantes Ausflugsziel: Schiffshebewerk Niederfinow (links alt, mitte neu)

Wenn man um diesem Mist jedoch einen Bogen macht und z.B. die schöne Strecke zwischen Niederfinow und Eberswalde und dann weiter Biesenthal und Bernau wählt, kann man an einem Ausflug dorthin aber viel Freude haben.
Das neue, zweite Schiffshebewerk ist mittlerweile fast fertig. Es gibt also genug zu sehen.

Norden: Ziegeleipark Mildenberg

Ein weiteres interessantes Industriedenkmal liegt rund 80 Km nördlich von Berlin landschaftlich schön zwischen Löwenberger Land und Schorfheide: der Ziegeleipark Mildenberg. Ich war hier bereits zum Chaos Communication Camp 2015 gewesen (seit damals steht das „Neuland Ortsschild“ als Kommentar des Chaos Computer Clubs dort). Und genau wie damals war es beim meinem Besuch über 30 Grad warm und sehr trocken. Neben dem Ziegeleipark laden zwei kleine baumbestandene Marinas und ein nettes Restaurant an der Havel zum Verweilen ein. In der Gegend gibt es u.a. durch den Tonabbau recht viele Seen und auf dem Weg fährt man durch viele Waldgebiete. Eine sehr angenehme und entspannte Tour.

Ringofen mit „Neuland“-Schild vom CCC
Ziegeleipark Mildenberg – Blick auf das Gelände
Sportboothafen und Restaurant am Ziegeleipark

Osten: Alt Landsberg

Das war eigentlich nur eine kurze Rundfahrt kurz hinter der Stadtgrenze. Frankfurter Allee nach Osten raus und hinter Hoppegarten nach Norden abgebogen. Durch Neuenhagen und Alt-Landsberg und dann über Ahrensfelde, Lindenberg und Malchow wieder zurück.
Zwar liegt Alt-Landsberg kurz hinter der Stadtgrenze, aber gefühlt ist es recht weit weg. Ein nettes kleines Städtchen und eine schöne kurze Tour. Hier war ich 2003 das erste mal auf einem Chaos Communication Camp – damals noch recht klein und überschaubar auf einer Pferdekoppel, aber auch extrem nerdig und bunt. Von der Tour habe ich leider keine Fotos.

Süden: Bestensee

Den Tag hatte ich mit einem zweiten Frühstück im 45 über Null begonnen. Das ist ein recht origineller Hofladen/ Cafe/ Bar/ Bikertreff in Selchow. Originell insofern, als der Laden am Ende der Startbahn Nord des Flughafens Schönefeld / BER liegt und daher normalerweise ein optimaler Ort für Planespotter ist. Coronabedingt bleibt man dort aber zur Zeit weitgehend vom Fluglärm verschont.

45 über Null – Hühner, Ziegen, Café, Bar, Liegestuhlwiese
45 über Null – Chillen in der Einflugschneise
Die Wiese hat extra Steine für die Seitenständer, damit die Motorräder nicht umfallen.

Von dort habe bin ich weiter nach Bestensee gefahren, um einen Freund zu besuchen, der Berlin mittlerweile hinter sich gelassen hat. Die Landstraßen und Alleen südlich von Berlin sind schön und in wirklich gutem Zustand. Ein schöner Ausflug und ein nettes Wiedersehen.

Südosten um Müggelsee und Dahme

Bei meinen vorletzten Ausflug wollte ich eine Rundtour um Müggelsee und Dahme durch die schöne, Wald- und wasserreiche Gegend südöstlich von Berlin machen um dann über Erkner, Rüdersdorf und Hoppegarten zurück nach Berlin zu fahren. Bei einer Straßensperre kurz vor Erkner klärte mich eine nette Polizistin darüber auf, dass Erkner aufgrund eines Triathlon komplett gesperrt wäre und man den Ort entweder über Köpenick oder über Niederlehme umfahren muss. Das sind mal locker 25 bis 30 Km Umweg. Puh!

Aber ich war ja ohnehin auf einem Ausflug und hatte Zeit. Also bin ich zurück nach Niederlehme und von dort habe ich ausnahmsweise mal ein Stück Autobahn genommen. Über den südlichen und den östlichen Berliner Ring bin ich bis zur Ausfahrt Freienbrink gefahren. Dort ist viel Gegend, ein Logistikzentrum – und die Baustelle von Tesla!

Baustelle Tesla Grünheide am 13.09.2020
Baustelle Tesla Grünheide am 13.09.2020


Also habe ich mich mal an den Bauzaun gestellt um die Wunderbaustelle mal anzusehen. Am Rand der Landstrasse standen viele Autos und Motorräder und bestimmt 50 Leute, die schauten und fotografierten. Die Menschen sind sehr daran interessiert, wie es aussieht, wenn mal etwas richtig gut funktioniert. So etwas ist man in Deutschland ja nicht mehr gewohnt. Das hohe Bautempo scheint übrigens ohne Wochenendarbeit möglich zu sein, denn an diesem Tag bewegte sich dort nichts.

Westen: Wolfslake

Mein letzter Ausflug hat mich zum Jugendspeedway Rennen auf dem Eichenring in Wolfslake geführt. Zunächst habe ich aber ziemlich deppert angestellt. Um das Dorf überhaupt zu finden, bin ich gefühlt eine Stunde immer drumherum über andere Dörfer gefahren und habe den entscheidenden kleinen Pfad dorthin x mal übersehen. Irgendwann habe ich eingesehen, dass es doch der kleine Feldweg aus zwei parallelen Betonstreifen sein muss.

Aber bin ich überhaupt auf Speedway gekommen? Auf den Berliner Motorrad Tagen hatte das Team von Wolfslake einen Stand und ich bin neulich auch noch über den Youtube Kanal von Egon Müller gestolpert. Der war in den 70ern schon das Idol von meinem besten Kumpel. Im zarten Alter von 9 Jahren sind wir zusammen mit seinem Vater beim Grasbahnrennen gewesen. Damit es uns nicht zu langweilig wurde, durften wir (natürlich auf dem Gelände rund um die Rennstrecke) mit einem Mofa herumfahren, das wie ein kleines Motorrad aussah – eine Garelli Bonanza. Damals habe zwei Dinge gelernt: Motorräder sind cool – und ein Auspuff ist heiss und man kann sich daran verbrennen.

Ein bisschen Nostalgie war also dabei. Und in Wolfslake war das Gefühl ähnlich: Irgendwas zwischen Rennatmosphäre und Familienausflug. Die Action kommt in Wellen. Erst ist es sehr nett und chillig, dann kommt etwas Unruhe auf und kurz darauf wird es laut. Und wenn die Kids wieder von der Bahn runter sind, wird es wieder entspannt und die Aschebahn wird wieder geglättet und befeuchtet.

Speedway Wolfslake – Das Fahrerlager
Speedway Wolfslake – familiäre Atmosphäre
Speedway Wolfslake – Vorstellung der jugendlichen Fahrer des Nachmittages

Zwei Sachen haben mich beeindruckt: Selbst die kleinen unter 10 Jahren (der jüngste Teilnehmer war 4 Jahre alt!) drehen den Gashahn ordentlich auf und driften quer um die Kurve, als ob es kein Morgen gibt. Und es ist kein reines Jungshobby mehr. Es waren so einige Mädchen am Start und die fuhren ganz vorne mit. Super!

Nachschlag: Demonstrationen gegen geplante Motorrad Fahrverbote

An diesem Wochenende gab es – sozusagen als „Nachzügler“ zum den Demos vom 04.07. – noch ein paar weitere Demonstrationen gegen die geplanten Motorradfahrverbote. Leipzig war mit offiziell 16.000 (!!) Teilnehmern dabei und auch in Berlin gab es erneut eine Demo. Auch wenn wir bei weitem nicht die Teilnehmerzahlen von Leipzig, Stuttgart oder Düsseldorf erreichen, so waren es doch immerhin wahrscheinlich 2.000 Teilnehmer. Offizielle Zahlen habe ich noch nicht, aber der Olympische Platz war voll!

Nach und nach füllt sich der Olympische Platz
Während der Ansprache vom BVDM

Die Strecke führte vom Olympischen Platz (vor dem Olympiastadion) über Theodor-Heuss-Platz 7km schnurgeradeaus über Kaiserdamm, Bismarckstraße und Straße des 17. Juni bis zum Brandenburger Tor.

Nach der Ankunft am Brandenburger Tor

In den letzten Wochen haben bundesweit bei vielen Aktionen weit mehr als 100.000 Motorradfahrer gegen Fahrverbote demonstriert. Die Zahl ist schon beeindruckend.

Noch wichtiger:
Alle Demos verliefen ruhig und friedlich.
Nirgends gab es Ausschreitungen, Pöbeleien, Rangeleien mit der Polizei, zurückgelassene Müllhalden oder sonstige Probleme. Es gab weder hochdrehende Motoren, noch Wheelies noch sonstige pubertären Einlagen.

Das ewige Trauerspiel: Unsachliche Berichterstattung durch die Medien

100.000 friedlich demonstrierende Menschen. Und trotzdem hören die Medien nicht auf, die Demos kleinzuschreiben, am Thema vorbeizuschwadronieren bis kurz vor die Verleugnung. Beispiele:

  • Bild schreibt von 5.000 Teilnehmern in Leipzig, obwohl selbst die Polizei 16.000 gemeldet hatte.
  • Immerhin hatte Bild aber die zentrale Forderung verstanden und konnte sie wiedergeben, was Christian Stöcker in seiner Kolumne im Spiegel nicht gelang. Er entblödet sich nicht, sein wirres Geschreibsel mit dem Satz „Deutsche Motorradfahrer demonstrieren zu Tausenden für ihr Recht, weiterhin überall und immer Lärm machen zu dürfen“ einzuleiten. Nicht zugehört, nicht nachgefragt, nichts verstanden.
    Thema verfehlt. 5 Minus Herr Stöcker – setzen!
  • In einer anderen Publikation (habe mir leider nicht mehr gemerkt wo) musste der Autor schwülstig von „testosterongetränkter Stimmung“ und „Schwanzverlängerung“ schreiben. Man kann sich natürlich in seinen eigenen Vorurteile suhlen, aber man könnte auch einfach mal hinkommen und erstaunt feststellen, wie viele Frauen mittlerweile Motorrad fahren. Und zwar auch gerne die großen Kaliber.
  • Kein Einziger Bericht, den ich gesehen habe, hat sich wirklich inhaltlich mit dem Thema auseinandergesetzt. Den Forderungskatalog des Bundesrats mit dem geltenden Recht abgeglichen, Betroffene befragt (weder Streckenanwohner, noch Motorradfahrer) oder sonstwie recherchiert.
  • Die ständigen scheinbar subtilen Seitenhiebe und handwerklichen Ungenauigkeiten in der täglichen Berichterstattung tragen zur Verunglimpfung bei. Wenn z.B. in einer Überschrift steht „150 Raser bei Verkehrskontrollen geschnappt“, das Aufmacherfoto selbstverständlich einen Motorradfahrer zeigt, aber von den 150 erwischten nur 20 Motorradfahrer waren. Oder in jeder Randnotiz das Wort „rasen“ steht, anstatt „fahren“. Das ist negtives Framing und es findet ständig statt.

Sicher – man muss Motorräder nicht mögen. Man kann sie auch für überflüssig halten. Ich halte auch so einiges in diesem Land für überflüssig. Ich erwarte von Journalisten aber, dass sie ihren Job machen, sich die Zeit nehmen, die Argumente zu verstehen und diese auch dem Leser mitzuteilen. Einfach nur Meinung abzusondern und auf Gruppen rumzuhacken ist in meinen Augen unprofessionelles Geschreibsel auf dem Niveau von „Giesela’s Dorfblog“ oder schlicht Propaganda.

Bitte nicht vergessen – Motorräder haben auch Vorteile

Und noch etwas wäre wichtig: Es wird immer so getan, als ob jedes Motorrad ein eigentlich überflüssiges Hobbygerät wäre.
Für viele ist es auch einfach die günstigste Möglichkeit, selbstbestimmt motorisiert von A nach B zu kommen. Für Jugendliche auf dem Land sogar die einzige. Man schaue sich unter der Woche mal vor den Berufsschulen um.
Zum Thema Umwelt: Sie verbrauchen erheblich weniger Rohstoffe und weitaus weniger Treibstoff, als ein Auto und benötigen kaum mehr Stellfläche, als ein Fahrrad.

Mein Fazit

Schön, dass wir mal gezeigt haben, wie viele wir sind und was uns wichtig ist. Auch wenn das Thema in vielen Medien völlig verzerrt wiedergegeben wurde – ich hoffe, dass die politisch verantwortlichen die Position verstanden haben.
So – und jetzt lasst uns zusammensetzen und Lösungen finden. Das wird sicherlich an vielen Stellen schwierig, aber so ist Demokratie nun mal – anstrengend.

Rückblick: Bundesweite Demonstrationen gegen Motorradfahrverbote

In meinem letzte Artikel habe ich mich zu den Hintergründen der bundesweiten Demonstrationen am 4. Juli gegen Motorradfahrverbote. Den Motorradkorso in Berlin bin ich mitgefahren. Zeit für einen Rückblick und einen Blick auf die Reaktionen der Medien.

Der Motorradkorso in Berlin

Sammelpunkt war passenderweise der Platz des 4. Juli in Lichterfelde an der südlichen Stadtgrenze. Alte West-Berliner wissen vielleicht, dass hier früher die McNair Barracks der US Armee waren und sich der Name daher auf den US-Amerikanischen Unabhängigkeitstag bezieht.

Aber genug der Symbolik. Es ist eine ziemlich große asphaltierte Fläche, auf der nach und nach sehr sehr viele Motorräder ansammelten. Chopper, Sportler, Tourer, Naked Bikes – es war alles vertreten. Erfreulich, dass viele Frauen selber fuhren. Die Zeiten der Sozia sind offensichtlich vorbei. Enttäuschend fand ich, dass sich die Jugend ziemlich zurückgehalten hat und ich keinen der einschlägigen Berliner Motorradbloggern gesehen habe. Kuhlewu, Dukein, Toast Riders, Knattercrew – wo wart Ihr?

Alles dabei: lustige kleine 125er neben 1000er Sporttourer.
Ich liebe den Kümelmonsterrucksack!

Zwischendurch ist die Streetbunnycrew rumgegangen (die fahren immer in rosa Häschenkostümen!) und hat Spenden für ein Obdachlosenprojekt in Neukölln gesammelt, während die Motorradstaffel der Berliner Polizei eine Lagebesprechung mit den Fahrern abhielt, die als Blocker mitfuhren um Kreuzungen und Ausfahrten zu sichern.

Schöner, flauschiger Helm… ;-)

Der Platz des 4. Juli war zu 2/3 gefüllt, als es losging. Ich habe fast 20 Minuten benötigt, um nach dem Start vom Platz runter zu kommen und ich war bestenfalls in der Mitte des Korso.

Kurz vor der Abfahrt, bin ich mit der Kamera die Längsseite der Platzes abgelaufen, um später die Anzahl der Maschinen zu schätzen. Meine Schätzung (zwischen 1.000 und 2.000 Motorräder) hat sich im Nachgang als ziemlich gut erwiesen. Die Polizei bestätigte später 1.600 Motorräder.

Der Platz des 4. Juli

Die Fahrt (siehe Google Maps) ging von Lichterfelde über die Steglitzer Schloßstr., Bundesallee Zoologischer Garten, Ernst Reuter Platz, Straße des 17. Juni bis zum Großen Stern, um dann noch einen Bogen vorbei am Schloss Bellevue und dem Haus der Kulturen der Welt (ehem. Kongresshalle) zu machen und am Platz der Republik am Reichstag, wieder südwärts zur Straße des 17. Juni zu machen, wo wir vor dem Großen Stern anhielten und die Ansprache hörten.

Die komplette Veranstaltung verlief von Anfang bis Ende ruhig und friedlich. Die Stimmung war entspannt, es gab kein unnötiges Hochdrehen der Motoren, keine blöden Stunteinlagen, alle Fahrer waren vorsichtig. Es gab weder aufpeitschende Sprechchöre und es wurde kein Müll hinterlassen.
An dieser Stelle ein dickes Dankeschön an die Organisatoren, die Polizei, die Blockerstaffel die Unterstützer und natürlich an die Teilnehmer.

Also alles in allem ein toller Erfolg!

Naja, eigentlich. Aber jetzt komme ich zu dem nicht so schönen Punkt an dem Tag – dem Medienecho.

Die Aktion und die Medien – ein sehr trauriges Bild

Ich hatte sowieso nicht wirklich mit guter Presse gerechnet, aber man kann immer noch enttäuscht werden. Man sollte meinen, dass eine Aktion, die auch für Berliner Demo-Verhältnisse recht groß war, in irgendeiner Weise in den Medien erwähnt wird. Also durchsuchte ich die einschlägigen Berliner Presseorgane, wie Tagesspiegel und Berliner Zeitung, in denen regelmäßig über die Demonstrationen berichtet wird, die Berlin jedes Wochenende lahm legen. Es wurden aufgelistet: Zwei getrennte Veranstaltungen zu Black Life Matters mit zusammen 2000 Menschen und der wöchentliche Autokorso (bestehend aus ca. 25-30 Autos) mit dem uns der Rechts-außen-Veganer Attilla Hildemann beständig „erfreut“.

Aber wahrscheinlich müsste ich eher froh sein. Vermutlich wäre so ein – ich kann es gar nicht anders nennen – „Propagandageschmiere“, das Die Zeit abgesondert hat dabei herausgekommen. Man muss sich als Journalist keine Zeit mehr für Gespräche und Nachfragen zu nehmen. Mann muss sich auch nicht inhaltlich in irgendeiner Weise mit dem Thema beschäftigen oder gar recherchieren. Es reicht ja, wenn man seine geringschätzende Meinung hat und diese dem Volke kundtut. Dennoch bin ich entsetzt, wie man aus dem eigentlich sehr leicht verständlichen Slogan „Gegen Fahrverbote für Motorräder“ inhaltlich ein „unbelehrbare Motorradfahrer wollen weiter lärmen“ werden kann. Dementsprechend war in den Kommentarspalten regelrechte Progromstimmung. Sachliche Argumente kamen da gar nicht nicht mehr an. Stattdessen wurden Vorschläge unterbreitet, wie „Das Problem kann man doch leicht lösen: mit Rollsplit oder Öl in der Kurve oder einem straff gespannten Stahlseil“.

Aufruf zu Selbstjustiz und Mordanschlägen? Ernsthaft? Und der Kommentar wird nicht sofort gesperrt oder gelöscht?

Übersicht über die deutschlandweiten Proteste

Die Demos fanden bundesweit in vielen Städten statt. Häufig kamen wesentlich mehr Teilnehmer, als erwartet. Im ruhigen und bevölkerungsschwachen Emsland rechnete man mit max. 1.000 Teilnehmern, aber es kamen 5 mal so viele!

Eines der Fairnis halber vorneweg: Es gab durchaus Medien, die neutral, oder sogar abwägend waren. Allerdings gab es schon eine Tendenz, alles ein wenig herunterzuspielen, zum Beispiel mit der Formulierung wie „bundesweit sind einige tausend Biker…“.
Schauen wir mal eben wieviel „einige“ sind.

Eine unvollständige Liste mit Zahlen, die meist von der Polizei bestätigt wurden.

Berlin1.600
Dresden5.000
Düsseldorf12.000
Essen800
Friedrichshafen am Bodensee8.000
Gifhorn1.000
Hamburg4.500
Hannover1.600
Karlsruhe (Bundesverfassungsgericht)3.000
Karlsruhe (Neue Messe)7.500
München20.000
Oldenburg2.000
Papenburg8.500
Schweinfurt5.000
Schwerin1.000
Stuttgart12.000
Wiesbaden12.000
Gesamt93.500
Anzahl der Teilnehmer an den bundesweiten Demonstrationen gegen Motorradfahrverbote

Selbst wenn in den Schätzungen ungenau sind: Über 90.000 ist schon mal ’ne Hausnummer, die alle überrascht hat – selbst die Organisatoren. Wer die Zahlen nicht glauben mag, suche bitte auf Youtube die einschlägigen Videos.
Zudem haben 200.000 haben eine Petition gegen Fahrverbote unterzeichnet.

Das ist eigentlich ein Zeichen, dass man es vielleicht mal mit Dialog versuchen sollte. Die meisten Biker sind nämlich durchaus vernünftig. Weshalb auch nicht? Es sind ja ganz normale Bürger: Arzthelferin, Bäcker, Informatiker, Klempner, Zahnarzt, Mechatroniker, Verwaltungsangestellte, Wirtschaftsingenieure – quer durch die Gesellschaft. Und nicht zu vergessen Jugendliche in ländlichen Regionen, die irgendwie zum Ausbildungsplatz, zur Berufsschule oder sonstwohin kommen müssen. Da ist eine kleine 125er der Weg zur selbstbestimmten Fortbewegung.

Sonderfall München

Aber man kann natürlich auch „harte Kante“ fahren, wie es die Stadt München versucht hat. Sie haben die Demo nämlich schlicht verboten. Und das sogar mehrfach. Zunächst auf der Theresienwiese, wo jährlich das Kollektivgelage namens Oktoberfest abgehalten wird. Die absolut hahnebüchene Begründung war „Coronagefahr“. Ja klar. Bei Bikern, die in Kombi neben ihrer Maschine auf einem riesigen Festplatz stehen. Sehr einleuchtend.

Daraufhin hat der Veranstalter gesagt: „Gut, dann fahren wir eben im polizeibegleiteten Konvoi einmal um den Ring“. Exakt in dem Augenblick, in dem die Gerichte in München schließen (Freitag 15:00) bekommt der Veranstalter wiederum ein Verbot zugestellt, wegen „zu erwartender Gefährdung und Verkehrsbehinderung“.

Nun ja, das ist demokratisch extrem zweifelhaft. Kann man natürlich machen, wenn man nicht weiß, was der Streisand-Effekt ist. Die bayerischen Biker sind total auf der Palme gewesen, aber alle haben sich gesagt „Na gut, wenn die Demo verboten wurde, kann sie natürlich nicht stattfinden. Ist in Ordnung. Also was mache ich denn nun am Samstag? Vielleicht einen kurzen Einkauf in der City, oder ich treffe mich mit ein paar Kumpels bei Mc Donald oder einer Eisdiele…“

Also fuhren zigtausend Motorräder gleichzeitig in die Stadt. Ja mein Gott, kann man ja nicht ahnen, wie viele Leute zufällig dieselbe Idee hatten. Muss ja ’ne tolle Eisdiele sein…
Das Ergebnis war ein komplett verstopfter Innenring. Die Polizei wurde dorthin beordert und die Beamten sagten „Es ist keine Demo und kein Korso. Wir können ja dem einzelnen nicht verbieten, in die Stadt zu fahren. Wir passen nun auf, dass nichts passiert“.

Daraufhin sind natürlich die Verantwortlichen in der Stadt an die Decke gegangen und haben gleich die Medien in Stellung gebracht. BR und Merkur haben Gift und Galle gespuckt. Jetzt sind die Biker erst recht die Bösen.

Die zweifelhaften Handlung der Stadtverwaltung, die eine absolute harmlose Demo auf einem Festplatz hätte haben können, aber unbedingt einen auf „Ich bin hier der Landvogt“ machen musste, wurde mit keinem Satz erwähnt.

Umso erstaunlicher, dass ausgerechnet der Bundesverkehrsminister (CSU) darauf hinweisen musste, dass es gesetzliche Regelung gibt, und diese bitte erst mal anzuwenden seien. Wahre Worte, aber leider hat Herr Scheuer ein gewisses Glaubwürdigkeitsproblem – bei allen im Lande.

Und wie jetzt weiter?

Wenn man es sportlich sehen will, hat jetzt jede Seite erst mal kurz die Muskeln spielen lassen. Auf die Machtdemonstration von ca. 100 vorwiegend süddeutschen Gemeinden folgte die Demonstration von fast 100.000 Motorradfahrern, die gezeigt haben, an welcher Stelle ihre Akzeptanz endet.

Jetzt wäre es an der Zeit, die Diskussion in gesittete Bahnen zu lenken und sinnvolle und wirksame Maßnahmen zur Lärmreduzierung auf den Weg zu bringen. Keiner hat das Recht, anderen mit extremen Lärm zu belästigen, aber es hat auch niemand das Recht, anderen prinzipiell die Durchfahrt zu verweigern. In diesem Sinne ist einer der besten Kommentare von Carsten Knop in der FAZ unter dem Titel „Verboten, verboten, verboten“ zu finden, der für genau diesen Weg wirbt und auf ein immer weiter um sich greifendes Gesellschaftliches Problem aufmerksam macht. Ich zitiere:

„Warum finden es derzeit so viele Menschen gut, wenn Dinge verboten werden sollen? Und warum gerät dabei der juristische Grundsatz der Verhältnismäßigkeit aus dem Blick? […] Das kann man alles gut finden, bis das nächste Verbot die eigenen Interessen trifft.“

Da sollte man mal ganz in Ruhe drüber nachdenken.

Bundesweite Demos gegen Motorradfahrverbote am 4.7.2020

Am 4.7.2020 werden Bundesweit mehrere Demos gegen die Einführung von Fahrverboten für Motorräder stattfinden. Eine davon auch in Berlin (Treffpunkt Platz des 4. Juli um 12:00). Ich werde dabei sein und vermutlich auch einen Bericht schreiben.

Vorher möchte ich Euch kurz erklären, worum es geht und weshalb ich die Proteste unterstütze.

Gegen die Einführung von Motorradfahrverboten

Worum geht es?

Der Bundesrat hat am 15, Mai eine Entschließung zur wirksamen Minderung und Kontrolle von Motorradlärm an die Bundesregierung gestellt. In dieser Entschließung sind eine Reihe von Maßnahmen aufgeführt, für die die Bundesregierung eine gesetzliche Grundlage schaffen soll – bis hin zum Wochenendfahrverbot für Motorräder.

Was spricht dafür?

Die Initiative geht auf von den Bundesländern Baden-Württemberg und Nordrhein Westfalen aus. Dort eskaliert bereits seit längerem ein Konflikt um Motorradlärm in Gegenden, wie Schwarzwald und Eifel.

Diese normalerweise eher ruhigen Gegenden sind beliebte Ausflugsziele am Wochenende und wegen der landschaftlich schönen und kurvigen Strecken auch bei Motorradfahrern sehr beliebt. Unter den Motorradfahrern gibt es natürlich auch einige schwarze Schafe, die zu laut, zu schnell und zu Risikoreich fahren. Gerade bei schönem Wetter am Wochenende steigt dort also die Lärmbelastung und das Unfallrisiko stark an. Der Wunsch nach Sicherheit und weniger Lärm ist also gut begründet und das stellen die meisten Motorradfahrer auch gar nicht in Abrede.

Was spricht dagegen?

So berechtigt das Anliegen ist – der Forderungskatalog selbst ist an vielen Stellen juristisch und technisch problematisch und undurchdacht.

1. Forderung nach Reglungen, die bereits Gesetz sind.
Ein Beispiel: Die Nutzung nicht zugelassener Auspuffanlagen, oder Manipulationen, wie die Entfernung des DB-Killers aus den Endschalldämpfern führen bereits heute zum Erlöschen der Betriebserlaubnis, zur sofortigen Stilllegung des Motorrades und zu empfindlichen Strafen, wie z.B. der Berliner Motorradblogger Kawaque feststellen durfte (siehe das Video „Warum mein Motorrad beschlagnahmt wurde„). Im Wiederholungsfall drohen Führerscheinentzug und MPU („Idiotentest“).
Die Strafen sind also hart genug – aber offensichtlich wird nicht genügend kontrolliert. Da nützt auch kein neues Gesetz.

2. Einführung einer „Sippenhaft“ für Motorradfahrer.
Die meisten Motorradfahrer halten sich an Regeln. Alleine schon deshalb, weil ihr Leben daran hängt. Natürlich gibt es einige „Knallchargen“ und die sind auch durchaus nicht sehr beliebt in der Szene. Bei der Extremmaßnahme „Fahrverbot für alle Motorräder am Wochenende“ stellt sich die Frage, wieso alle, die ordentlich fahren, für die wenigen Rowdies mit bestraft werden sollen?
Auch hier würde es reichen, die Kontrolldichte zu erhöhen und ggf. neue Massnahmen wie „Lärmblitzer“ einzusetzen.

3. Verletzung der Gleichbehandlung
Gerade der problematische Ausflugsverkehr an den bekannten Hotspots besteht ja nicht nur aus Motorrädern, sondern auch gerne aus hochpreisigen Autos, die ebenfalls extrem laut werden können (AMG Mercedes, Audi R8 etc.).

Hier möchte ich auf den den Bericht „Konzertierte Kontrolle gegen Motorradraser“ der nicht unbedingt Motorradfreundlichen Stuttgarter Zeitung vom 28. Juni hinweisen. An einem neuralgischen Punkt hatte die Polizei eine „Raserfalle“ aus zwei kurz hintereinander aufgestellten Kontrollen eingerichtet um die Motorradfahrer, die zu laut und zu schnell sind zu erwischen. Tatsächlich fuhren jedoch alle Motorräder gesetzeskonform. Erwischt wurden getunte Autos.

Das zeigt das Problem: Motorräder bekommen generelles Fahrverbot und die anderen Brüllbüchsen dürfen weiter fahren? So einfach geht es also nicht. Auch hier helfen in erster Linie vor allem häufigere Kontrollen aller Verkehrsteilnehmer.

4. Forderungen die Sicherheitsprobleme aufwerfen.
Es wird gefordert, dass Motorräder vorne ein Kennzeichen haben müssen. So etwas gab es früher bereits und wurde aus gutem Grund abgeschafft: Die Verletzungsgefahr bei einem Unfall durch ein dünnes Stück Blech im vorderen Bereich des Motorrades ist extrem hoch. Daher werden Kennzeichen am Heck angebracht.

Eine ebenfalls hochgefährliche Maßnahme sind Geschwindigkeitsbeschränkungen nur für Motorräder. Diese führen regelmäßig zu extrem dicht auffahrenden und drängelnden Autos, was für die Motorradfahrer lebensgefährlich sein kann.

5. Sonstiges
Das ist nur eine kleine Auswahl an Problemen. Der Maßnahmenkatalog beinhaltet noch weitere juristisch und technisch heikle Punkte. So wie er dort steht, kann man ihn eigentlich nur ablehnen.

Soll also alles bleiben wie es ist?

Nein. Die Reduzierung der Lärmbelästigung und die Erhöhung der Verkehrssicherheit sind berechtigte Anliegen. Der Erhalt der individuellen Bewegungsfreiheit von immerhin 4,5 Millionen allerdings auch.

Was wir benötigen, sind sinnvolle und gut umsetzbare Maßnahmen.

Mehr Kontrollen anstatt schlechter Gesetze

Zunächst hilft es sicher, wenn die Einhaltung bestehender Gesetze und Vorschriften einfach besser kontrolliert und durchgesetzt wird, anstatt handwerklich schlechte Gesetze durchzudrücken. Davon haben wir in Deutschland schon mehr als genug.

Tricksereien bei Zulassungsverfahren verbieten

Es gibt aber auch das Problem, dass manche neu zugelassen Maschinen in den letzten Jahren im Schnitt real immer lauter geworden sind, obwohl die schärferen Grenzwerte auf dem Papier eingehalten werden. Das ist auf Tricksereien, wie Klappenauspuffanlagen zurückzuführen, die im Messzyklus die Maschine leise machen – und jenseits davon auf „Durchzug“ schalten. Solche Tricksereien kennt man ja schon von den Deutschen Autoherstellern bei Abgaswerten.
Gegen so einen Mist muss der Gesetzgeber ohne Frage vorgehen.

Sensibilisierung und Problembewusstsein

Außerdem müssen die Motorradfahrer und auch die Hersteller sensibler für das Thema werden. Mir ist bei der Suche nach einem neuen Motorrad aufgefallen, dass man sämtliche technische Daten der Maschinen von der Fahrwerksgeometrie bis zur Zündfolge der Zylinder nachlesen kann, aber niemand – wirklich kein einziger Hersteller – die Lautstärke der Maschine in die Datenblätter mit aufnimmt?
Für mich war zu hohe Lautstärke tatsächlich ein K.O.-Kriterium (siehe „Probefahrt Suzuki GSX-S 750„).

Nicht zuletzt hat jeder Fahrer das Problem ein Stück weit selbst in der (Gas)Hand. Direkt am Ortsausgangsschild die Maschine aufzudrehen ist nicht sehr nett. Es ist ja nicht immer böser Wille, sondern häufig einfach nur Gedankenlosigkeit. Einige Gemeinden haben mit elektronischen Hinweistafeln zur Erinnerung, die auf die Lautstärke hinweisen gute Erfahrungen gemacht.

Wenn dieser Vorstoß etwas Gutes hat, dann, dass das Thema Lautstärke in der Motorradcommunity angekommen ist. Einige sind (wie immer in Gruppen) bockig und unbelehrbar, die meisten haben aber Verständnis. Einige versuchen sogar aktiv etwas zum Besseren zu wenden, wie zum Beispiel der Blogger DucStyle, der das Gefühl hatte, dass seine 20 Jahre alte Ducati Monster lauter als erlaubt war. Er hat daraufhin nachgemessen und den Endschalldämpfer leiser gemacht („Vorbereitung Schalldämpfer neu dämmen + Infos zur Lautstärke„).

Mein Schlussplädoyer

Bestehende Vorschriften besser durchsetzen, gesetzliche Schlupflöcher schließen und das Problembewusstsein stärken. Dann funktioniert es auch mit dem Nachbarn.

Es wäre superschade, wenn ein tolles Verkehrsmittel, das erheblich weniger Umweltschädlich, als Autos ist und dazu noch richtig Spass macht, durch Borniertheit auf allen Seiten kaputt gemacht wird.

Fünf Wochen in der Bude – und draußen Halli Galli?

Der blöde Coronavirus nervt alle – mich auch. Zumal ich schon eine Woche länger in der Bude hocke, als der Rest. Am 12.03. bin ich krank geworden und zu Hause geblieben. Als ich wieder gesund war, wurde Deutschland geschlossen. Und in der ganzen Zeit ist wie zum Hohn draußen tolles Frühlingswetter. Fünf Wochen und kein Ende in Sicht. Boah ey!!!

Na gut – hilft ja nix. Immerhin habe ich noch meine Arbeit und die Aussicht, dass das so bleibt ist ganz gut. So hat man tagsüber etwas zu tun und dreht nicht so schnell am Rad.

Etwas irritiert war ich von den Meldungen in den Medien, dass die Berliner angeblich so diszipliniert seien und der Verkehr stark abgenommen habe. Wenn ich in der Mittagspause eine kleine Runde um den Block gegangen bin um mir die Beine zu vertreten und den Kreislauf etwas in Gang zu bringen, sind mir stets Massen von Menschen in meinem Viertel aufgefallen. Der Park Friedrichshain platzt vor Joggern. Spazierengehen macht dort zur Zeit so viel Spaß wie ein Picknick auf dem Rasen eines Fußballplatzes während eines Spiels. Es ist sehr sehr unentspannt!

Und der Verkehr? Zumindest bei mir in der Danziger Straße ist er kaum weniger geworden – nur die Straßenbahn fährt fast leer durch die Gegend. Also habe ich mich gefragt:

„Wo zum Geier soll Berlin denn leer sein? Hier jedenfalls nicht!“

Am Freitagmorgen hatte ich endgültig Lagerkoller und habe mich für eine kleine Runde auf mein Motorrad gesetzt. Das ist zwar nicht verboten, aber auch nicht gerade ratsam. In der Szene wird von unnötigen Fahrten gerade dringend abgeraten.

Aber ich musste mal raus, weil ich kurz vorm Platzen war. Und siehe da – ich habe das leere Berlin gesehen. Es ist dort, wo es sonst von Touristen und Bürodrohnen nur so wimmelt – in Mitte! Also genau dort, wo man als Berliner eigentlich nie hingeht, wenn man nicht unbedingt muss.

Lustgarten und Altes Museum
Karl Liebknecht Straße
Freie Sicht zum Brandenburger Tor

Der Pariser Platz vor dem Brandenburger Tor – fast vollständig leer. Genauso wie Unter den Linden und der Lustgarten. Die sechsspurige Straße des 17. Juni zwischen Brandenburger Tor und großem Stern: 1,8km durch den Tiergarten habe ich mir mit einem(!) Auto geteilt, das 800m hinter mir fuhr. Der Tiergarten selbst war im Vergleich zu „meinem“ Park auch recht leer.

Marlene Dietrich Platz
Potsdamer Platz

Den Potsdamer Platz hatte ich fast für mich alleine. Hat schon ein wenig von Endzeitstimmung gehabt.

Ähnlich sah es am Flughafen Tegel aus. Er wird aus strategischen Gründen offengehalten, obwohl es momentan kaum Flüge gibt. Ich bin hingefahren um zu sehen, wie viele Flugzeuge dort abgestellt sind. Nun- es sieht nicht wie in Amsterdam, Zürich oder Glasgow aus, wo die Maschinen teilweise sogar auf den Startbahnen abgestellt sind. Alle Gates sind belegt und die Triebwerke der Maschinen abgedeckt.

19 Flüge auf der Tafel – für die nächsten drei Tage!!!

Ansonsten herrscht Leere. Ein älteres Paar fährt kam auf Fahrrädern zum Terminal um mal zu gucken, ein paar Busfahrer von der BVG sonnten sich am Busterminal, bevor sie zur Rücktour starteten. Der Flughafen wird auch jetzt noch von der BVG angefahren. Im Gebäude nur ein paar gelangweilte Techniker und Grenzschutzpolizisten. Das Flughafengebäude ist offen und kann / darf betreten werden, aber es ist alles geschlossen.

Kein Mensch, alles geschlossen – außer den Toiletten

Wie oft habe ich mich hier schon durch die Menschenmassen gewühlt und nun sieht man hier maximal 20 Leute innerhalb einer halben Stunde. Ein sehr sehr eigenartiges Gefühl.

Immerhin – ich bin mal aus meiner Bude raus gekommen. Nach dieser Mini-Tour war ich wieder etwas entspannter und kann so hoffentlich die nächsten paar Tage zu Hause ertragen. Bis die Seuchenmaßnahmen wieder heruntergefahren werden, wird es ja vermutlich noch etwas dauern. :-(

London Calling

Letzte Woche war ich für ein paar Tage in London. Zwei Dinge waren diesmal neu: Erstens war war das mein erster Besuch in London seit dem Austritt des United Kingdom aus der EU. Zweitens war ich diesmal kein „Voll-Tourist“, weil ich einen Freund besucht habe.

Sonderausstellung im Museum of London

Von ersterem habe ich nicht allzu viel mitbekommen. Wie bereits seit über tausend Jahren bezahlt man dort weiterhin mit dem Pfund. Ebenfalls wie bereits vor dem Brexit musste man mit Ausweis oder Reisepass reisen, da das Vereinigte Königreich sich nie dem Schengen Abkommen angeschlossen hatte. Ein Visum ist zumindest für einen einfachen Besuch nicht nötig. Ich hoffe, das bleibt auch so. Man muss es ja nicht auf die Spitze treiben.

So weit also alles, wie bereits bekannt.

Einen anderen Charakter hat die Reise für mich aber dadurch bekommen, dass ich einen Freund besucht habe, der seit kurzem in London arbeitet. Also habe ich nicht in einem Hotel in der Innenstadt übernachtet, sondern in seinem Mini-Appartement in West Hampstead. Das fühlt sich mit seinen typischen zweigeschossigen Reihen- und Doppelhäusern und der Hauptstraße mit den kleinen Geschäften dann schon wie in einer Kleinstadt an – bloß dass diese „Kleinstadt“ zig Kilometer in jede Himmelsrichtung geht.

Diesmal anders: London privat – und mit Schneefall

Mein Freund hat mich am Dienstag vom Flughafen Heathrow abgeholt und wir sind zunächst per Bus zu seiner Bude gefahren, damit ich meine Sachen dort ablegen kann. Ich hatte mich in London bisher immer mit der U-Bahn fortbewegt. Mit dem Bus dauert es zwar länger, aber man bekommt ein ganz anderes Gefühl für die Struktur der Stadt. Wie die Orte zusammenhängen, welche Gebäude und Geschäfte dort sind, wer vermutlich dort wohnt (mit viel oder wenig Geld, eher britische oder eher ausländische Bewohner usw.). Das waren neue Eindrücke mich.

Camden Town – vermutlich überwiegend Mittelklasse
St. John’s Wood – vermutlich etwas mehr als Mittelklasse

Ein weiterer Vorteil der Busse: Sie sind mit pauschal 1,50 wirklich günstig und fahren in kurzen Abständen in fast jeden Winkel der Stadt. So bin ich „aus Versehen“ an interessanten Ecken der Stadt vorbeigekommen – zum Beispiel an den Abbey Road Studios. Umweltschonend sind die Busse dank Hybridantrieb ebenfalls. Die meiste Zeit fahren sie elektrisch.
Trotzdem – wenn man es eilig hat kommt man um die Bahn nicht herum. Ich habe am Mittwochnachmittag vom Piccadilly Circus nach Cricklewood (Luftlinie ca. 8Km) mit dem Bus weit über eine Stunde benötigt. Tags drauf vom Shard am Bahnhof London Bridge (10km Luftlinie) nur 40 Minuten.

Sightseeing

Mein Freund arbeitet seit knapp drei Monaten in London und war seit dem mit Arbeiten, Wohnungssuche, Arbeiten, Sonderschichten und Arbeiten beschäftigt – hat also von der Stadt bisher kaum etwas gesehen.

Dagegen hatte sich bereits meine Mutter brennend für London interessiert und das hat ein wenig auf mich abgefärbt. Daher kenne ich auch die eine oder andere Annekdote, geschichtliche Eckdaten und Orte abseits der üblichen Touristenrouten und habe ich den „Reiseleiter“ gespielt.

Den ersten Abend haben wir zum Teil im Bike Shed Motorcycle Club verbracht. Ein wirklich netter Treffpunkt für die Custom Motorrad Szene mit Restaurant, Bar/Lounge, Barber und Shop für stilsichere Motorrad Klamotten. Es gibt eine Bike Garage für Gäste und es stehen mehrere interessante Maschinen verteilt im Laden. Das Ganze findet sich etwas versteckt in den Bögen des Bahnviaduktes in der Old Street in Shoreditch.

The Bike Shed in der Old Street
Selten und teuer: Brough Superior SS100

Den halben Mittwoch haben wir in Camden verbracht. Ein Bummel über den Camden Market auf dem ich auch bereits mit meiner Schwester war, durch Camden Town, am Regent’s Canal entlang bis zur Wellington Road.

„Landsitze“ am Regent’s Canal

Dann musste mein Freund leider zur Arbeit und ich habe mich in die City begeben um eine TARDIS zu kaufen, die ich jemandem als Mitbringsel versprochen hatte. Es stellte sich zu meiner Verblüffung als relativ schwierig heraus, Dr. Who Merchandise zu finden. Zauberstäbe (Harry Potter) gab es überall, aber eine Raum-Zeitmaschine fand ich nur noch als Restposten bei Hamleys in der Regent Street. In diesem erstklassigen Spielzeuggeschäft war ich vor genau 40 Jahren mit meiner Mutter gewesen. Das fiel mir ein als ich das Geschäft wieder verlassen hatte. Dann dachte ich daran, dass sie seit 5 Jahren tot ist und bin sentimental geworden. Ein Spaziergang um den St. James’s Park entlang an der Royal Society, dem Institute of Contemporary Arts, den Horse Guards und dem Buckingham Palace hat mich wieder etwas beruhigt bevor ich zurück zum Appartement fuhr.

Institute of Contemporary Arts an der Mall

Der Donnerstag Morgen überraschte uns mit Schneefall und so haben wir zunächst nach Indoor Aktivitäten gesucht. Eine Besonderheit, die ich mir seit langem ansehen wollte war das Postmuseum. Dort kann man unter anderem die 2003 außer Dienst gestellte Mail Rail besichtigen: Ein komplexes Mini-U-Bahn System zum Transport von Briefen, das sich mit einer Netzlänge von 35Km von der Paddington Station im Westen bis zum Eastern District Post Office in Whitechapel unter der City hindurchzieht und insgesamt 8 Bahnhöfe und Umladepunkte unter wichtigen Postämtern hat.

Unscheinbarer Eingang zur Londoner Unterwelt

Die Tunnel liegen durchschnittlich in 20m Tiefe und wurden mit derselben Technik, wie die Tube errichtet. Sie sind aber wesentlich enger. Die Züge fuhren automatisch auf 610mm Schmalspur. Mer Information gibt es hier. Zwischen Tube und Mail Rail gibt es keine Verbindung.

Im Mount Pleasant Mail Centre kann man teile des Streckennetzes mit speziell angefertigten Mini-Zügen als Besucher befahren. Man darf allerdings weder zu groß, noch zu dick sein und unter Platzangst sollte man auch nicht leiden, weil die Züge und Tunnel wirklich extrem eng sind. Die Präsentation ist sehr gelungen. Ein echter Tipp für Technikinteressierte.

Mail Rail: Mini-Züge für winzige Tunnel
Tunnel mit Abzweig

Nach dem Besuch des Postmuseums wurde das Wetter freundlich. Daher liefen wir zu einem weiteren Ort, der mich als halber Stadtplaner interessierte: Zum Barbican. Dieser riesige Gebäudekomplex aus dem 70er Jahren ist im Brutalismus Stil gebaut worden und beherbergt neben über 2000 Wohnungen viele Einrichtungen für Kunst, Kultur, Musik und Theater.

Barbican von der gleichnamigen U-Bahn Station aus gesehen

Das Barbican weist alles auf, was den Brutalismus ausmacht: Quadratkilometerweise Sichtbeton, Punkthochhäuser, Überbauung von Straßen, höhergelegte Fußgängerbereiche, mehrgeschossig aufgeständerte Zeilenbauten, Abschottung zur Stadt, verwinkelte Durchgänge und Treppen.

Neben der schieren Größe faszinierte mich vor allem der gute Zustand der Anlage. Alles im Originalzustand. Nichts war kaputt oder sichtbar geflickt, kein Balkon hatte eine Satellitenschüssel. In keiner der zahlreichen Ecken, Treppen und Durchgänge roch es nach Urin, nirgendwo lungerten zwielichtige Gestalten herum und nirgendwo war Graffiti. Nicht etwa, dass es entfernt worden wäre – es war nie Graffiti auf den jungfräulichen Betonwänden.

Stattdessen gab es ruhige Innenhöfe mit Gras, Bäumen, Wasser und einigen Besuchern, die sich im Windschatten der Hochhäuser sonnten. Die ganze Szene wirkte, wie direkt vom Reißbrett der Planer aus den 60er Jahren. Ich fragte mich, weshalb genau diese Anlage von den üblichen Verwüstungen verschont geblieben ist.

Direkt neben dem Barbican liegt das Museum of London, das halb über einen Kreisverkehr gebaut wurde. Abgesehen von der aktuellen Sonderausstellung „London Calling“ über The Clash liefert das Museum einen umfassenden Überblick über die Geschichte der Stadt von vorgeschichtlicher Zeit über die Zeit der Römer, des Mittelalters bis zur großen Pest und dem großen Feuer. Der zweite Teil der Ausstellung beginnt mit der Renaissence und reicht über die Viktorianische Zeit bis zur Gegenwart.

Der Eintritt ist kostenlos. Die Ausstellung so sehr umfangreich und liebevoll gestaltet, dass ich mich im Anschluss zu einer Spende entschlossen habe. Kurz vor dem Ausgang hat uns ein junger Mitarbeiter gefragt, ob wir an einer Umfrage zu einem Teil der Ausstellung teilnehmen würden, was wir taten. Im Anschluss ergab sich noch ein recht spannendes Gespräch über London, Berlin, Stadtplanung und Geschichte in dessen Verlauf wir die beiden Gründe für den hervorragenden Zustand des Barbican erfahren haben.
Erstens ist die zentrale Lage sehr begehrt – dementsprechend wohlhabende Klientel wohnt dort. Zudem gehört dieser Bereich von London aufgrund der höchsten Terrorwarnstufe zu den bestüberwachten Gebieten des Vereinigten Königreiches, für das zudem eine eigene Polizeieinheit abgestellt wurde. Und das nicht erst seit 2001. Ich erwähnte, dass ich mich noch an die IRA Anschläge aus den 70er und 80er Jahren erinnerte, was mit Nicken erwidert wurde.

Den Rest des Nachmittags schlenderten wir durch die City. Die St. Pauls Cathedral konnten wir leider nicht besichtigen. Wer kann schon damit rechnen, dass dort ein Gottesdienst abgehalten wird? ;-)

The Shard am Bahnhof London Bridge

Der Abschluss war ein Spaziergang durch Southwark zum Bahnhof London Bridge, wo wir durch die Massen der Büroangestellten, die gerade aus den Hochhäusern in die Underground strömten mitgerissen wurden. Die Tube haben wir in Kilburn verlassen um dort noch einmal zusammen essen zu gehen.

Leider war mein Aufenthalt damit schon wieder beendet, aber ich habe ja jetzt einen guten Grund, wieder nach London zu reisen. Mir wird auch für das nächste Mal sicher das eine oder andere einfallen.

Berliner Motorrad Tage 2020

Am Wochenende vom 7. bis 9. Februar fanden wieder die Berliner Motorrad Tage in den Hallen der Station am Gleisdreieck statt. Trotz Sturmwarnung für den späten Sonntag Nachmittag haben Sonne und 12 Grad viele Besucher dazu veranlasst hat, selber mit dem Motorrad anzureisen.

Leider fehlten auch diesmal wieder Honda, Harley Davidson, Royal Enfield und Zero. Schade. Dennoch war das Angebot an interessanten Motorrädern wieder groß. Auch diesmal gab es beim Probesitzen für mich die eine oder andere Überraschung und ich habe mich tatsächlich auch für mehrere Probefahrten angemeldet.

Von Suzuki werde ich hoffentlich am 10 Mai beim Motorradgottesdienst in Friedrichswalde die eine oder andere Maschine zur Probe fahren. Auch wenn es seit Jahren keine echten Neuheiten mehr von der Firma gibt: die Vierzylinder sind ja immer noch echte Sahnestücke.

Von Triumph finde ich die komplette Modellpalette klasse. Egal welches Modell – stilsicher bis zur letzten Schraube. Optisch spricht mich zwar die Klassik Linie am meisten an, am Ende habe ich mich aber für eine Probefahrt auf der neuen Street Triple RS angemeldet. Ich bin einfach auf diesen legendären Dreizylinder gespannt. Und auch diese Maschine glänzt mit wunderschönen Detaillösungen und einem extrem gelungenen Finish.

Klassische Schönheit: Triumph Bonneville T120
Truimph Thruxton RS: Klassisches Design, Materialauswahl, Verarbeitung – zum Niederknien.
Triumph Street Triple RS: Mein Kandidat für eine Probefahrt

Ich bin eigentlich kein Fan von BMW – weder bei Autos, noch bei Motorrädern: Zuviel Klimbim und Schnickschnack. Aber da BMW die meisten Motorräder in Berlin baut, gebe ich dem Stand einen Heimatbonus und schau mal drüber. Etwas unerwartet und überraschend war, dass ich die neue BMW F900XR nicht uninteressant fand. Nicht so ein überladener Riesenklumpen, wie die große GS 1250, sondern ein Tourensportler mit super Sitzposition. Probefahrt folgt.

Gold geht gar nicht! Aber die Sitzposition war super.

Wenn sich die Gelegenheit schon mal bietet, nimmt man auch gerne auf Maschinen Platz, die nicht unbedingt dem eigenen Beuteschema entsprechen (zum Beispiel Sportler). Dabei hatte ich auch die eine oder andere Überraschung:

Mit ihrer Bikini-Verkleidung liegt die APRILIA Tuono V4 Factory irgendwo zwischen Supersportler und Nakedbike. Die 175PS aus dem 1100ccm V4 Motor verheißen Wahnsinn. Dafür sitzt man verblüffend zivil auf der zierlichen Maschine. Material, Design und Verarbeitung sind über jeden Zweifel erhaben. Auch wenn das definitiv nichts für mich ist – ein wunderschönes Stück italienischen High-End Maschinenbaus für €20.000,-

Aprilia Tuono V4 Factory: Schönheit mit Halbschale
Aprilia Tuono V4 Factory: Sehr schlank trotz Extrempower

Bei Ducati hatte ich letztes Jahr auf einigen Scrambler Modelle zur Probe gesessen und war etwas ernüchtert. In diesem Jahr habe ich ein Modell anvisiert, dass ich zwar optisch schön finde, das mich mit dem Namen „Supersport“ jedoch eher abgeschreckt hat.

Nun – der Name ist etwas irreführend. Die Ducati Supersport sieht mit ihrer Verkleidung zwar recht sportlich aus und ist mit dem 937ccm großen und 110PS leistenden Motor auch sicherlich kein Schwächling, aber zur echten Supersportlerin Panigale V4S mit sage und schreibe 214 PS fehlt dann doch noch so einiges. Die ausgestellte Maschine gab mit den montierten Seitenkoffern dann auch den richtigen Hinweis: Sie ist ein Sporttourer – für Singles. Die Sitzposition ist zwar schon etwas nach vorne gebeugt, aber noch sehr zivil. Fun Fact: Es gibt sie auch mit 48PS für A2 Führerscheininhaber.

Ducati Supersport – eher ein Sporttourer

Elektroantrieb kam ein wenig zu kurz. Zero fehlte und da Harley Davidson ebenfalls nicht vertreten war, gab es auch keine Livewire zu sehen. Aber Energica war mit einem Stand vertreten. Die Italiener zeigten verschiedene Modelle. Auf der Energica Eva konnte ich dann auch Platz nehmen. Sie sieht aus, wie ein normales, kräftiges Motorrad. Und das ist sie auch. 145PS, krasse 200Nm Drehmoment. Natürlich hat sie weder Kupplung, noch Schaltung, was sich zunächst etwas seltsam anfühlt. Leider hat sie noch einige der typischen Nachteile von Elektrofahrzeugen: Hoher Preis, hohes Gewicht und geringe Reichweite.
Je nach Modell und Ausstattung liegen die Energica Modelle zwischen €24.000 und €30.000,-.
Das Gewicht von ca. 260Kg merkt man schon, sobald man die Maschine etwas ankippt. Immerhin hat sie einen Rückwärtsgang, der beim Rangieren helfen kann.
Die Reichweite ist mit „bis zu 200km“ angegeben. Laut mehreren Berichten sollen ca. 130km realistisch sein. Immerhin verfügt die Maschine über eine Typ 2 Ladebuchse und kann daher an Ladesäulen für E-Autos in ca. 20min voll geladen werden.

Energica Eva

Ich habe die Triumph Rocket III zum ersten mal live gesehen und war platt. Die Maschine ist ein Monster. Ein Dreizylindermotor mit 2,5 Liter Hubraum. 300Kg. Drehmoment wie ein kleiner Traktor. Völlig sinnbefreit, aber lustig. Würde ich nie fahren – aber aufsitzen musste ich aus Neugier doch mal. „Gelandet“ bin ich in einem englischen Clubsofa. Unfassbar bequem. Zum Ohrensessel am Kamin fehlt da nicht mehr viel.

Triumph Rocket III R

Am Stand von Yamaha habe ich auf drei Modellen Probe gesessen. (Sorry für die blöden Bildausschnitte – der Stand war sehr eng und voll.)

Zunächst habe ich auf der Yamaha MT 09 SP Platz genommen. Das Naked Bike ist mit einem kraftvollen Dreizylindermotor und Öhlins Fahrwerk für nur €10.300 fast schon ein Schnäppchen. Leider zwingt sie einen mit dem breiten Lenker in eine sehr seltsame Sitzposition, irgendwo zwischen Sportler und Enduro.

Yamaha MT 09 SP

Sehr viel angenehmer war die Sitzposition auf der Yamaha Tracer 900 GT, die denselben Dreizylindermotor hat, aber als Tourenmotorrad ausgelegt ist. Man sitzt dort höher, aufrechter und recht bequem.

Noch aufrechter, aber nicht ganz so bequem ist die Yamaha Ténéré 700. Die vielgelobte Neuheit aus 2019 huldigt dem Prinzip „weniger ist mehr“ und ist weniger für den Toureneinsatz, sondern eher für Abstecher ins Gelände gedacht. Durch die langen Federwege ist sie sehr hoch. Es ist die erste Maschine auf der ich die Knie nicht anwinkeln muss, wenn ich die Füße auf den Boden stelle. Nichts für kleine Menschen!

Yamaha Ténére 700 (vorne) und Tracer 900 GT (hinten)

…und sonst so?

Ansonsten gab es wieder alles Mögliche rund um das Motorradfahren: Klamotten jeglicher Art, Schuhe und Stiefel, Helme, Handschuhe èn Masse. Polizei und Bundeswehr waren vertreten, Stände an denen Fahrsicherheitstrainings angeboten wurden und andere, mit Touristischen Angeboten für Motorradfahrer. Clubs stellten sich vor, Motorsport verschiedenster Art (Speedway, Dragster, Kindercross, usw.).

Custom Showbike bei BMW mit dem neuen 1800er Boxermotor

Ich habe herumgeschaut, ob ich Leute aus der Berliner Moto-Vlogger Szene erkenne. Die „jungen Wilden“ wie Dukein oder Kawaque habe ich nicht gesehen, aber Pepe Lila. Sie war allerdings im Gespräch und daher habe ich sie nicht angesprochen.

Viele fröhliche Farben bei Vespa

Als ich dann Nachmittags wieder aus der Station rauskam und das Wetter noch immer freundlich war, musste ich natürlich noch eine kleine Runde fahren. Nachdem ich an diesem Tag so viele interessante und hübsche Maschinen gesehen und angefasst habe – meine Suzi gefällt mir noch immer. Auch wenn ich die eine oder andere Probefahrt im Frühjahr machen werde, glaube ich nicht, dass ich sie so schnell eintauschen werde.

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