tiny little gizmos

Meine Musik aus 2017

Neulich haben wir in der Firma festgestellt, dass erstaunlich viele von uns musizieren. Ein Kollege spielt in einer Punkband, eine Kollegin spielt Ukulele, eine andere erzählte von ihrem Setup aus einem alten Synthesizer und eine Drummaschine. Mehrere Kollegen – einer davon ich – bauen ab und zu mal ein paar elektronische Tracks.

Immer war die Frage “…und wo kann man Deine Sachen hören?“.

Ich habe bisher einigen Freunden eine CD gebrannt oder einen USB-Stick kopiert. Nach einigen Überlegen habe ich mich nun dafür entschieden, meine Musik auf meiner eigenen Website zu veröffentlichen. Das mache ich in der traditionellen Form von “Alben”. Mein Rechner ist voll von musikalischen Fragmenten und Versatzstücken. Immer wenn eines dieser Teile die Form eines Songs annimmt, den ich auch mehrfach hintereinander hören mag, kommt der zum nächsten Album. Ich bilde mir ein, dass die Lieder von Album zu Album etwas besser werden, aber das muss jeder Hörer für sich entscheiden. Vier Alben gibt es bis jetzt:

Raw Fragments – 10 Stücke von 2009/2010. Meine ersten Gehversuche. Ich hatte nicht das Gefühl, dass es sich um “richtige Lieder” handelt, sondern eher um kurze Soundschnipsel, daher der Name.

Furthermore – 5 Stücke von 2011/2012, die sich stilistisch an die ersten anlehnen, also immer noch eher experimentell sind.

Red Green – 11 Stücke aus dem Jahr 2016. Hier hatte ich das erste mal das Gefühl “richtige” Lieder produziert zu haben.

Four Seventeen – 10 Stücke aus dem Jahr 2017. Hört sie Euch doch einfach mal an:

Sounds good – IMSTA FESTA Berlin 2017

Am gestrigen Samstag besuchte ich das IMSTA FESTA Berlin 2017, das in den Räumen der SAE in Berlin Kreuzberg stattfand.

Hmm, “Bahnhof”?

Es drehte sich alles um Musikproduktion.

IMSTA Festa Berlin

IMSTA Festa Berlin

Das SAE Institute ist eine private Bildungseinrichtung, die seit 40 Jahren in vielen Ländern Kurse rund um Musik- und Medienproduktion anbietet. IMSTA ist die International Music Software Trade Association. Offensichtlich sind auch einige der Berliner Musiksoftwarehersteller dort Mitglied und so fand der Event nun auch in Berlin statt. Ich wusste nicht so genau, was mich erwartet, aber da man sich zwar registrieren musste, aber der Eintritt frei war machte ich mich auf den Weg nach Kreuzberg.

Zunächst wuselte ich wie die anderen Besucher durch die Räume der SAE und schaute mal hier und mal dort rein. Die Räumlichkeiten in dem ehemaligen Speicher in der Cuvrystr. auf zwei Geschossen sind noch neu. Alles ist modern. Interessant fand ich den Grundriss im Musikbereich im oberen Stockwerk. Dort gab es keine rechten Winkel und keine parallel laufenden Wände um Schallreflexionen zu minimieren. Es gab kleine und mittlere Übungsräume, in denen Workshops und Vorführungen stattfanden und natürlich auch ein vollwertiges Tonstudio.

Danach habe ich die Showrooms der Hersteller abgeklappert.

Hard- und Software

Akai hatte seine aktuelle MPC Hardware am Start. Mit dieser Art Instrument werde ich aber irgendwie nicht warm. Mir liegt die Bedienung und Arbeitsweise nicht.

Arturia hatte auch etwas Hardware aufgebaut. Das kompakte Keylab49 Masterkeyboard hat ein schönes Design, ist recht leicht und ziemlich preiswert. Da ich aber stolzer und zufiedener Besitzer eines Keylab88 mit gewichteter “Klavier” Tastatur bin, habe ich dafür keinen Bedarf. Nachdem ich etwas an dem winzigen Analogsynthesizer MicroBrute und etwas länger an dem ebenfalls analogen Drumcomputer DrumBrute herumgeschraubt hatte, vertiefte ich mich für längere Zeit in den Soundsphären des großen Analogsynthesizers MatrixBrute. Im Gegensatz zu den anderen Instrumenten hing der an Lautsprechern. Da mich in der Zeit fünf Leute angesprochen haben und mich für einen Arturia Mitarbeiter hielten, kann mein Geklimper nicht so schlecht gewesen sein. Ein sehr schönes Instrument. Klingt gut, fühlt sich gut an und macht Spaß.

Neben Hardware gab es natürlich auch viel Software zu sehen. Die Berliner Szene war mit Native Instruments (die sitzen ungefähr drei Häuser weiter), U-HE und Bitwig gut vertreten. Ableton konnte ich hingegen nicht entdecken, obwohl sie auch IMSTA Mitglied sind. Steinberg aus Hamburg waren auch dabei, wie Hersteller aus anderen Ländern, wie z.B. Image Line mit FL Studio (A.K.A Fruity Loops).

Mein Interesse galt aber vornehmlich Bitwig. Diese Software nutze ich selber gerne und ich finde das Team nett. Am Stand wurde ich sogar wiedererkannt (“Du warst doch auch auf der Party damals in Neukölln, oder?”). Nice! Leider hat mir das letzte Update auf 2.2 mein Audio Setup zerschossen und dazu hatte ich einen kleinen Schnack. Mal sehen, ob wir die Ursache finden.

Workshops

Den ganzen Nachmittag hindurch gab es Song Reviews und diverse Workshops. Die drei, die ich besucht habe, waren interessant.

Bitwig gab einen einstündigen Überblick in das User Interface ihrer Software. Obwohl ich das System seit zwei Jahren nutze, habe ich einige neue Dinge erfahren.

Im Mischraum des Tonstudios gab der Produzent Sonus030 einen Einblick in FL Studio. Ich habe ihm offen gesagt, dass das HipHop Genre nicht so meins ist, und ich Bitwig als Audio Workstation verwende, aber gerne mal sehen würde, wie er daran geht, einen Track zu bauen. Und so gab er mir Einblick in seine Arbeitsweise anhand eines Songs, den er mit anderen Musikern Tags zuvor aufgenommen hatte. Interessanterweise unterscheidet sich das gar nicht so sehr davon, wie ich arbeite, abgesehen davon, dass er mehr Audiomaterial verwendet und ich mehr über die Keys einspiele. Netter Kerl und der fertige Song hat mir dann übrigens sogar gut gefallen.

Im Studio

Im Studio

So richtig überrascht war ich dann von dem Vortrag über Modular Sythesizer. Ich bin völlig ahnungslos in den Raum, in dem Wohnzimmeratmosphäre herrschte. Ein Teil des Publikums saß auf Stühlen, der Rest fläzte entspannt auf 70er Jahre Sitzsäcken. Ich sitze in Reihe zwei. Vorne stand ein modulares Synthesizerrack von Doepfer und ein Keyboard und davor saß ein netter Herr aus den USA in seinen 60ern mit Karohemd und Ecco Schuhen, die Haare zum Zopf zusammengebunden. Er fing mit seinen Erklärungen ganz vorne an: Was ist ein Oszillator, wie klingt ein Sinus, wie sind die Obertöne einer Dreieckswelle usw.

Modular Synthesizer 101

Modular Synthesizer 101

Parallel zur Erklärung hat er immer alles sofort gezeigt, am Gerät zusammengesteckt und eingestellt. Als er dann zum Thema Rauschen und Filtertypen kam, musste er ein wenig am Rack suchen und einmal kam der Kommentar, dass etwas anders, als bei seinem Moog funktionieren würde. Er hat sich artig bei Döpfer bedankt, dass sie ihm das Rack zur Verfügung gestellt haben und gemeint, dass er noch nie vorher an einem Eurorack System gearbeitet hat. 10 Sekunden später hat er dann aber die Einstellung so geändert, dass es weitergehen konnte. Zweifellos ein Profi.

Und was für ein Profi er tatsächlich ist, dämmerte mir im zweiten Teil des Vortrags. Irgendwann fing er dann an so typische 80er Jahre Songs anzuspielen, unser geneigtes Ohr auf einen bestimmten Klang zu lenken und dann zu erzählen, wie der produziert wurde. Hier ein Oberheim OB-8, hier zwei gestackte Prophet 5, hier ein Moog Modular etc…

Okay – der kennt sich aus, dachte ich mir.

Dann spielte er den Anfang von Michael Jacksons “Bad” und sagte, wir sollen auf diesen hohen Sound im 16tel Takt hören (“tschackatschackatschackatschacka”). Dann erklärte er, wie er diesen Sound hinbekommen hat.

Ähm wie jetzt ???

Gleich danach dasselbe Spiel mit Linonel Ritchies “Hello” und nochmal mit einem Song aus Flashdance. Und so ging das ‘ne ganze Weile weiter.

Was zum… Wer ist dieser Kerl?

“Der Kerl” war Michael Boddicker. Eine Sythesizer-Koryphäe aus der Musikszene von L.A., der nicht nur Filmmusik komponiert und produziert, sondern so ungefähr schon mit allen Stars zusammegearbeitet hat: Quincy Jones, Whitney Houston, Diana Ross, Neil Diamond,…

 

Und ich bin so ungefähr aus Versehen in den Vortrag gegangen. Wahnsinn!

Das sind dann so die Augenblicke, in denen ich total glücklich bin, in Berlin zu leben, obwohl mir die Stadt manchmal unfassbar auf die Senkel geht.

Vintage Computing Festival Berlin 2017

Auch in diesem Jahr fand wieder das Vintage Computing Festival Berlin statt. Im Gegensatz zu dem vergangenen Jahren (siehe 2014, 2015 und 2016) wurde die Veranstaltung nicht mehr in der Humbuldt Universität, sondern im Deutschen Technikmuseum am Gleisdreieck abgehalten. Veranstaltugsort war nicht das Hauptgebäude, sondern die Räume am Ende der Ladestrasse auf dem Gelände des ehemaligen Anhalter Güterbahnhofs. Besucher des VCFB hatten auch freien Eintritt in der Dauerausstellung „Das Netz – Menschen, Kabel, Datenströme“. Den Wechsel halte ich für gelungen, weil die Ausstellung nunmehr räumlich luftiger und großzügiger ausfällt (1400qm statt 700qm).

Deutsches Technikmuseum – Ladestrasse

Die Veranstaltung in Zusammenarbeit von Humbold Universität, dem Berliner Hackerspace AFRA mit Unterstützung des CCC Berlin war war auch in den vergangenen Jahren bereits auf hohem Niveau. Da das Technikmuseum in diesem Jahr nicht nur die Räume stellt, sondern auch Personal – insbesondere Ordner – fühlt sich das ganze aber nun noch professioneller an.

Die Schwerpunkte der Veranstaltung waren auch diesmal wieder Vorträge, ein Games-Bereich und natürlich die oft recht besonderen Exponate der privaten Aussteller.

Besucher

Mit 2100 Besuchern ist das VCFB nochmals deutlich größer, als in den vergangenen Jahren. Zudem schien es mir so, dass die Besucher nun gezielt kommen, während in der HU manche Besucher eher „aus Versehen“ in die Ausstellung kamen, weil sie ohnehin gerade in Berlin Mitte spzieren gingen.

Zumindest bei den Besuchern war der Frauenanteil erfreulich hoch. Sehr schön fand ich die vielen Kinder, die sich unvoreigenommen an die teilweise über 30 Jahre alten Systeme gesetzt haben. Computerspiele funktionieren immer – auch mit Pixelgrafik. Selbst eine Pong-Konsole aus Mitte der 70er war fast durchgehend belegt. So lernt der Nachwuchs, dass Computer mehr bedeutet, als Windows und Apple.

Für die Kinder gab es neben den Bereich klassischer Videospiele auch zwei Möglichkeiten selbst aktiv zu werden: Einen Workshop um „Zahnbürstenroboter“ zu basteln und einen Lötworkshop.

Ausstellung

Die Ausstellung bot sowohl einen großen Umfang, als auch eine sehr interessante Spannbreite.

Es gab verschiedene Exponate an denen man mechanisches Rechnen erleben konnte – von klassischen Tischrechnern, über eine Curta bis zu einem für Lehrzwecke neu entwickelten elektromechanischen Mini-Rechner.

Mechanisches Rechnen - Curta

Mechanisches Rechnen – Curta

Selbstgebaute Rechner waren ebenfalls ein Thema: In der ehemaligen DDR war das häufig die einzige Möglichkeit überhaupt an einen Rechner zu kommen. Im Westen stand eher der Erkenntnisgewinn im Vordergrund. Zwei Brüder führten ihren im Jahr 1974 selbst entwickelten Rechner vor. Er nutzt keinen Microprozessor, sondern die 12-Bit CPU ist aus TTL Bausteinen selbst gebaut – mit selbst entwickeltem Befehlssatz. Sehr beeindruckend!

Selbstbaurechner von 1974

Selbstbaurechner von 1974

Daneben stand ein Exemplar des NDR-Klein Computers. Ein Modulares System aus den 80er Jahren, das mit unterschiedlichen Microprozessoren bestückt werden konnte. Einige verschiedene 70er Jahre Single Board Computer waren ebenfalls zu sehen.

Natürlich gab es auch wieder eine schöne Auswahl an Heimcomputern zu sehen, mit einem Schwerpunkt auf Atari Rechnern, aber auch Apple war gut vertreten. Daneben gab es weitere Klassiker, wie TRS-80 Model 1, diverse Spectrum Modelle, Amstrad/Schneider, MSX.

Optisch eindrucksvoller waren die Racks mit Rechnern von Digital Equipment. Die PDP-8/e auf der linken Seite war an ein VT-05 Videoterminal angeschlossen, die lab8/e auf der rechten Seite wurde über einen Teletype Model 33 Fernschreiber bedient.

Rechner von DEC

Rechner von DEC

Zum ersten Mal konnte ich ein Frontpanel einer IBM System/360 in Verbindung mit einer Kugekopfschreibmaschine in Aktion sehen. Der Originalrechner wurde leider verschrottet, aber auf der Rückseite des Panels steckte ein kleines FPGA Board, das den Rechner originalgetreu nachbildete.

IBM System/360 Model 30

IBM System/360 Model 30

Das teilweise oder komplette Ersetzen von originaler Hardware durch moderne Rechneremulationen oder FPGA Nachbauten scheint ein Trend zu werden, wie verschiedene Exponate zeigten. Angesichts des nun bereits mehrjährigen Versuchs, die PDP-11/34 des Hackerspaces AFRA wieder in Betrieb zu nehmen ist das ein verständlicher Weg.

Ebenso gab es aus heutiger Sicht exotische Bürocomputer (8Bit Commodore, 32 Bit Risc Workstation, HP-Grafikworkstations,…) und alternative Betriebssysteme (OS/2, BeOS, GEOS, …) zu sehen.

Interessant fand ich noch die Kollektion verschiedener Handheldsysteme, die die Evolution bis zu aktuellen Smartphones zeigte. Ich konnte neben einem mir unbekannten Z-80 basierten PDA von Amstrad auch das erste Mal einen Apple Newton ausprobieren. Mein Fazit: Die Handschrifterkennung des Amstrad ist langsam und unbrauchbar, die des Newton schneller und genauso unbrauchbar. Den Palmpilot brauchte ich nicht auszuprobieren, da ich selber einmal ein Modell III besessen habe.

Handhelds

Handhelds

Vorträge

Ich habe mir in diesem Jahr lediglich zwei Vorträge angehört, weil man dank des Videoteams des Chaos Computer Clubs alles auch nachträglich im Netz ansehen kann (https://media.ccc.de/c/vcfb2017).

Wolfgang Stief erweitertete auch dieses Jahr seine Vortragsreihe über Seymour Cray und seine Rolle im Supercomputing. Nach den Vorträgen “Wie das Supercomputing auf die Welt kam” aus dem Jahr 2015 und “Defining Supercomputing — Seymour Cray und die CDC 6600” aus dem Jahr 2016, ging es thematisch weiter in die 70er Jahre mit dem Thema “Cray-1, Ikone des Supercomputing – Wie die Maschine zur Welt kam, und was danach passierte“.

Eine kleine Anekdote: Als ich ihn nach dem Vortrag auf die CRAY-2 hinwies, die keine 30m von dem Vortragsraum entfernt steht, zeigte sich Wolfgang Stief überrascht. Ich hatte mich schon gewundert, weshalb er in seinem Vortrag darauf hingewiesen hatte.

Cray 2 im Deutschen Technikmuseum

Cray 2 im Deutschen Technikmuseum

Den anderen Vortrag, den ich mir angehört habe, hielt Rolf-Dieter Klein, der leider kurzfristig verhindert war, aber  per Skype hinzugeschaltet wurde. Er stellte die Entwicklung des bereits genannten NDR-Klein Computers vor, der Anfang der 80er Jahre in einer 26-teiligen Fernsehserie vorgestellt wurde um dem Publikum die Grundlagen des Computing nahezubringen.

Fazit

Das vierte Vintage Computing Festival Berlin war wieder sehr interessant und anregend. Der neue Veranstaltumgsort ermöglicht es, die Spannbreite historischer Rechentechnik einem breiteren Publikum nahezubringen. Zudem ist es eine hervorragende Ergänzung zu den anderen Artefakten des Museums, die in der Regel nicht operativ betrieben werden und so den Charakter der historischer Rechentechnik nicht so gut transportieren können. Insofern hoffe ich, dass sich das Deutsche Techniskmuseum dazu entschliessen kann, seine Räume auch für das VCFB 2018 zur Verfügung zu stellen.

Pro oder Contra Tegel

In Berlin findet parallel zur Bundestagswahl auch ein Volksentscheid zum möglichen Weiterbetrieb des Flughafens Tegel (TXL) statt. Ich habe meine Stimme bereits vor über einer Woche per Briefwahl abgegeben und möchte mich jetzt mal bekennen:

Ich habe dafür gestimmt, den Flughafen Tegel weiterhin offen zu halten.

Bäng!

Bevor jetzt mit faulen Tomaten oder Eiern nach mir geworfen wird, bitte ich darum, meine Argumente anzuhören.

Ich bin nämlich eigentlich dafür, ihn zu schließen, glaube aber, dass das in der jetzigen Situation nicht richtig wäre.

Was mich an der ganzen Diskussion pro und contra Tegel stört, ist die Oberflächlichkeit der Diskussion. Wer gegen TXL ist, wohnt in der Einflugschneise und will seine Ruhe haben und wer für TXL ist, ist ein Nostalgiker, der zu faul ist, nach Schönefeld zu fahren. Meine Stimmabgabe lässt sich also ganz einfach erklären:

Ich bin halt so ein Pfeffersack, der im Prenzlauer Berg wohnt, viel fliegt und es toll findet, dass der Flughafen nicht so weit weg ist.

Das stimmt zwar – ist aber irrelevant.

Die Fahrzeit nach Tegel und nach Schönefeld (bzw dann BER) ist beinahe identisch. Vom Fluglärm bekomme ich nur dann etwas mit, wenn in Richtung Osten gestartet wird, aber dass man nicht in Ruhe am Weissensee oder in Pankow spazieren gehen kann (geschweige denn dort wohnen) finde ich auch nicht so klasse.

Worum geht es mir also dann?

Der Hintergrund meiner Entscheidung liegt ca. 25 Jahre zurück. Damals habe ich Stadt- und Regionalplanung an der TU-Berlin studiert. Kurz nach dem Fall der Mauer war in Berlin alles zusammengebrochen. Der Osten sowieso, aber auch die hoch subventionierten Betriebe im Westteil wurden geschlossen. Die Zukunft völlig offen. Welche Rolle sollte und könnte die Stadt in Zukunft spielen? Welche Anforderungen würden sich daraus ergeben? Es gab jede Menge Meinungen, die in alle möglichen Richtungen gingen, aber in zwei Punkten herrschte relative Einigkeit:

  • Die Zeiten, in denen in Berlin eine nennenwerte Industrieproduktion hatte, sind endgültig vorbei
  • Egal welche Rolle Berlin zukünftig spielen würde – Eine moderne und leistungsfähige Verkehrsinfrastruktur wäre in jedem Fall nötig

Vor diesem Hintergrund haben wir an der TU eine Luftverkehrsplanung erstellt. Zu diesem Zeitpunkt dienten Tegel, Tempelhof und Schönefeld der Zivilluftfahrt. Die Zahlen von 1993 als Ausgangsbasis unseres Konzeptes waren:

Flughafen Startbahnen Flugbewegungen Passagiere
Tegel (TXL) 2 90.000 7 Mio.
Schönefeld (SXF) 2 31.300 1,6 Mio
Tempelhof (THF) 2 54.000 1,1 Mio

Die Randbedingungen der Überlegungen waren weiterhin:

Keine weitere militärische Nutzung der Flughäfen. Die Russen waren bereits abgezogen, die Franzosen hatten Tegel verlassen, die Amerikaner waren gerade dabei Tempelhof Air Force Base zu räumen und der britische Militärflugplatz Gatow wurde gerade geschlossen.

Berlin würde wieder Regierungssitz werden und daher auch einen Regierungsflughafen benötigen.

Aufgrund des witschaftlichen Zusammenbruchs Berlins wurde kurzfristig nicht mit einem starken Wachstum der Verkehrszahlen gerechnet. Mittel- und langfristig wurde jedoch ein sehr hohes Verkehrswachstum prognostiziert.

Unklar war dabei der Anteil an Luftfracht, die Entwicklung der Privat- und Geschäftsfliegerei und die Frage, ob Berlin mittelfristig wieder zu einem Hub werden würde. Die Optionen sollte auf jeden Fall offen gehalten werden.

Es galt nun, die Hauptfaktoren Ausbaufähigkeit, Lärmschutz, Naturschutz, Anbindung, externe Infrastrukturkosten abzuwägen.

Zu Beginn der Planungen war zunächst alles denkbar. Die Extrempositionen waren der Weiterbetrieb aller bestehenden Flughäfen oder die Schließung aller Flughäfen und Neubau weit im Süden (Sperenberg) oder weit im Norden (Prignitz mit Transrapidanschluss von Berlin und Hamburg).

Nach sehr lebhaften, aber sachlich gut begründeten Diskussionen entschieden wir uns damals für folgende Variante:

Aus Gründen des Lärmschutzes und aufgrund von Sicherheitsbedenken sollte Tempelhof geschlossen werden.

Schönefeld sollte aufgrund seiner guten Erreichbarkeit zum einzigen Flughafen für die Verkehrsfliegerei ausgebaut werden. Um die angestrebte hohe Kapazität zu erhalten, mussten die beiden Startbahnen einen größeren Mindestabstand erhalten. Zudem lag die damalige Nordbahn zu dicht an Bohnsdorf. Unser Vorschlag war, die damalige Nordbahn zu schliessen, die Südbahn zur neuen Nordbahn zu machen und südlich davon den neuen Flughafen zu bauen und südlich davon eine neue Start- und Landebahn.
Das entspricht ziemlich genau dem späteren offiziellen Konzept des BER. So wurde er auch gebaut.

Für Tegel hatten wir vorgesehen, Verkehrsfliegerei dort nicht weiterzuführen, ihn aber als Regierungsflughafen, sowie als Standort für die Privat- und Geschäftsfliegerei weiter zu betreiben. Dadurch hätte man eine saubere Trennung von der Verkehrsfliegerei erreicht, die Kapazität in Schönefeld würde nicht durch Kleinflugzeuge beeinträchtigt, die Berliner würden erheblich weniger Fluglärm als bisher ausgesetzt sein.

Diese Überlegung finde ich auch noch immer richtig. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass der BER noch immer nicht eröffnet ist, aber bereits jetzt zu wenig Kapazität aufweist. Es geht dabei ja nicht nur um die Terminals, sondern vor allem um die Slots. Der BER hat nur zwei Startbahnen. Hierüber die normale Verkehrsfliegerei plus Regierungsfliegerei plus General Aviation abzuwickeln halte ich mittelfristig für unrealistisch.

  Startbahnen Flugbewegungen Passagiere
1993 TXL, SXF, THF 6 175.000 9,7 Mio
2016 TXL, SXF 3 282.000 32,9 Mio
Zukünftig BER 2 426.000 max. 27 Mio, 50 Mio max.

Ein Flughafen reicht für eine Stadt, wie Berlin nicht aus. Zwei sind genau richtig.

Paris hat 3, London gar 5 Flughäfen. Oder wir bauen solche Monster wie Chicago O’Hare oder Atlanta Hartsfield, was ich aber in Deutschland für unrealistisch halte.

Meine Erfahrung mit Espressomaschinen

Ich bin zwar kein richtiger Kaffee-Nerd, aber ich lege schon Wert auf eine schöne, schmackhafte Tasse. Im Zweifelsfall ziehe ich einen gut gemachten Filterkaffee einem lieblosen Espresso vor, aber seit ich um 2000 herum in Zürich gearbeitet habe, gibt es bei mir zu Hause eine Espressomaschine.

Damals hatte ich mir eine nette kleine Siebträgermaschine von Krups gekauft, die nach ein paar Jahren den Geist aufgegeben hatte und von mir durch einen Jura Vollautomaten ersetzt wurde.

Das war ein Fehler. Die Maschine, die mich damals immerhin €750,- gekostet hatte machte nur am Anfang schmackhaften Kaffee. Trotz regelmäßiger Reinigung wurde der Kaffee irgendwann etwas muffig. Nach zweieinhalb Jahren ging die Maschine dann kaputt. Ich habe sie für €150,- reparieren lassen und nach weiteren 5 Monaten ging sie wieder kaputt. Das war dann für mich das Zeichen, nur noch Siebträgermaschinen nutzen zu wollen. So einfach wie möglich.

Gesagt – getan. Ich kaufte mir eine klassische kleine Saeco Aroma, die zu dem Zeitpunkt bereits 20 Jahre gebaut wurde.

Saeco Aroma

Ich mag diese Maschine, obwohl sie durchaus ein paar unschöne Eigenschaften hat. Bei der Pflege des sehr robusten Metallgehäuses muss man aufpassen, weil es extrem scharfkantig ist. Zudem passen nur sehr kleine Tassen unter den Siebträger. Auf die Durchlaufmenge des Wassers muss man selber aufpassen und richtige Kaffee-Nerds bemängeln das Druckventil im Siebträger. Aber am Ende zählt, was unten rauskommt – nämlich leckerer Kaffee und die Maschine sieht auch ganz knuffig aus.

Leider hat sie sich vor ein paar Tagen nach sieben Jahren Betrieb ebenfalls verbschiedet. Während der Zubereitung eines Kaffees gab es einen lauten Knall und statt Kaffee aus dem Siebträger lief heißes Wasser aus dem Gehäuse.

Also mal wieder Zeit für eine Neuanschaffung. Ich hätte mir durchaus dasselbe Modell noch einmal gekauft, aber nach über 25 Jahren Produktionszeit wurde die Maschine aus dem Programm genommen. Schade.

Nach zwei Tagen Recherche habe ich mich nun für eine De Longhi Dedica EC685(Hier gibt es Infos zum Vorgänger EC680) entschieden. Die Maschine gibt es in mehrere Farben. Ich fand das gedeckte rot als Farbtupfer in meiner weiß/grauen Küche ganz schick. Überhaupt ist das schmale Design der Dedica schon recht speziell. Nach etwa Überlegung kam ich dann darauf, woran es mich erinnerte; An eine Ständerbohmaschine :-D .

De Longhi Dedica

Die Bedienung ist etwas weniger rudimentär, als bei der Aroma, weil man Wasserhärte, Kaffeetemperatur und Durchlaufmenge einstellen muss, allerdings waren die Voreinstellungen für mich richtig. Ein paar Kleinigkeitene finde funktional nicht so gut:

  • Die Maschine ist so schmal, dass man keine zwei Espressotassen nebeneinander stellen kann. Man muss die zwei Kaffee wirklich nacheinander zubereiten.
  • Beim Festziehen des Siebträgers muss man die Maschine festhalten, weil sie nicht so schwer ist. Ich habe das instinktiv vorne gemacht und bin dabei an die Knöpfe gekommen und habe damit den Brühvorgang zu früh gestartet. Das scheint jedem so zu gehen, der die Maschine das erste Mal nutzt.
  • Der Dampfhahn ist direkt über dem Milchschäumer angebracht. Ich hätte es beim ersten Mal fast geschafft, mich an dem Dampf zu verbrühen.
  • Einige Gehäuseteile bestehen aus verchromten Plastik. Sieht etwas billig aus und die Frage ist, ob die Beschichtung in 5 Jahren noch komplett ist. War das nötig?
  • Der Netzschalter ist im Fuss so unscheinbar angebracht (im Foto gleich neben der Dampfdüse), dass man gerne übersieht, die Maschine wieder auszuschalten.

Nach etwas Nörgelei will ich aber vor allem auf die positiven Seiten hinweisen:

  • Die Dedica ist ein echter Hingucker in de Küche
  • Es passen auch größere Tassen unter den Siebträger, wenn man die Tropfschalte entfernt (darunter ist noch eine weitere sehr flache Schale).
  • Die Maschine ist extrem schnell auf Betriebstemperatur
  • Der Kaffee ist lecker. Richtig lecker. Und genau darum geht es ja letztlich.

Instructions to a 6510 for Sound

Am Nachmittag des 02.07.2017 fand in der Toskanahalle in Berlin Weissensee die Finissage der Ausstellung “Computerbögen” statt. Daran war ich mit meiner Installation “Instructions to a 6510 for Sound” beteiligt.

Es handelt sich um eine Installation aus 32 Blatt Tabellierpapier mit kommentiertem Assemblercode, Lautsprecher und einem Einplatinenrechner, der programmgesteuert im 5 Minuten Intervall drei Musikstücke abspielt.

Installation im Überblick

Installation im Überblick

Detail: Raspberry Pi und Erläuterung

Detail: Raspberry Pi und Erläuterung

Detail Ausdruck

Detail Ausdruck

Über das Werk:

Das Werk hat mehrere Interpretationsebenen.

Der Name der Installation weist auf die einfachsten Interpretationsebene hin. Es ist Musik zu hören, die mittels einer Software erzeugt wurde. Auf den 32 Blatt Papier sind Anweisungen für einen MOS6510 Prozessor zu sehen um diese Musik zu erzeugen.

Eine andere Interpretationsebene ist das Spiel mit Zeit. Artefakte aus den 80er Jahren, die im Jahr 2017 genutzt werden.

Die zugrunde liegende Software (Sound-Monitor von Chris Hülsbeck) stammt aus dem Jahr 1986. Sie ist für den Commodore 64 programmiert, einem Heimcomputer aus dem Jahr 1982.

Das verwendete Tabellierpapier erinnert aber an typische Computerausdrucke aus den 70er und 80er Jahren. Die Schrifttype stammt von einem Epson Nadeldrucker aus dem Jahr 1980.

Der Ausdruck zeigt eine kommentiert Interpretation des Assemblercodes von Dirk Ollmetzer aus dem Jahre 2017.

Die abgespielte Musik stammt von Dirk Ollmetzer aus dem Jahr 2014 und 2017.

Nicht zuletzt ist die Installation auch ein Spiel mit Authentizität.

Die Software, um die es in diesem Werk geht, ist in ihm selber nicht vorhanden. Der Ton kommt von einem kleinen Einplatinenrechner aus dem Jahr 2016, der drei vorgefertigte MP3 Sounddateien abspielt. Diese wurden zwar mit dem Soundmonitor erzeugt, jedoch nicht auf einem echten Commodore 64, sondern auf einer Softwareemulation des Commodore 64, die auf einem aktuellen PC lief.

Auf dem Ausdruck ist auch nicht der Maschinencode selbst zu sehen, sondern eine für den kundigen Menschen lesbare Form (6502 Assemblercode) mit Kommentaren und Sprungmarken, anhand der die Funktion der Software nachvollzogen werden kann.

Der scheinbar alte Computerausdruck wurde mittels einer Textverarbeitung und einer speziellen Schrifttype zunächst auf normales A4 Papier ausgedruckt und anschließend mit modernen Kopierern auf das Tabellierpapier vergrößert kopiert.

Nichts ist so, wie es zunächst scheint. Alles ist echt, aber nichts authentisch.

Venedig

Ich hatte Sehnsucht nach Sonne und Kultur – da liegt eine Reise nach Italien auf der Hand. Meine Wahl fiel auf Venedig. Irgendwie scheint jeder außer mir schon einmal dort gewesen zu sein und das wollte ich ändern. Ich war neugierig auf die Geschichte, Kultur, Architektur und den Städtebau. Andererseits hatte ich Bedenken wegen der Touristenmassen, Angst vor Nepp und stinkenden Kanälen. Aber wer nicht wagt, der nicht gewinnt.

Wenn ich Folgenden von Venedig rede, meine ich den für Touristen interessanten historischen Teil in der Lagune (Stadtteile San Marco, San Polo, Cannaregio, Dorsoduro, Castello und Giudecca) und nicht die Industriestadt auf dem Festland mit der Petrochemie.

Ich hatte Glück und der kaum eineinhalb Stunden dauernde Flug verlief ruhig und wolkenfrei. Das ermöglichte mir tolle Blicke auf München, Innsbruck und die Alpen, sowie auf die Lagune und Venedig im Landeanflug. Auf dem Flughafen habe ich sofort ein 72 Stunden Ticket von ACTV mit Flughafentransfer gekauft (€ 46,-) und los ging es mit der Buslinie 5 über die 3,6 Km lange Brücke zum Piazzale Roma in der Lagune. Und dann steht man im Gewusel am Canal Grande und versucht herauszubekommen, wo denn nun Vaporetto (Quasi der Wasserbus) Line 1 anlegt.

Erster Eindruck: Blick vom Piazzale Roma auf den Canal Grande

Erster Eindruck: Blick vom Piazzale Roma auf den Canal Grande

Nur wenige Minuten später kommt das Boot und es geht los…

…ungefähr 200m weit. Dann gibt es die nächste Haltestelle auf der anderen Kanalseite. Und so geht es im Zickzack ungefähr 20 Minuten weiter, bis wir unter der Rialtobrücke durchfahren und ich am nächsten Anleger aussteige. Dann noch etwa 200m durch eine schmale Gasse zum Hotel und eingecheckt. Bis dahin wurde ich bereits mit den verschiedensten Eindrücken überflutet:

  • Mein Gott, das sieht ja wirklich alles genauso aus, wie im Film!
  • Die Kanäle riechen überhaupt nicht unangenehm.
  • 28 Grad Lufttemperatur, stechende Sonne und überall Wasser – das macht das Klima etwas anstrengend.
  • Herrjeh, ist das ein Gewusel auf dem Wasser!
  • Au weia! Ist das ein Gedränge in den Gassen!
Canal Grande von Dorsoduro aus gesehen

Canal Grande von Dorsoduro aus gesehen

Später fiel mir noch auf

  • Das Hotel ist gut, sehr sauber und es gibt zu meiner freudigen Überraschung ein anständiges Frühstück.
  • Die Zikaden in den Bäumen sind ganz schön laut.
  • Die Gondeln sind zwar unfassbar kitschig (und teuer). Aber es ist schon elegant, wie sie lautlos durch das Wasser gleiten.
Gondoliere in grandi quantità

Gondoliere in grandi quantità

Vom Gepäck befreit führt mich mein erster Weg direkt zum Markusplatz. Das sind nur 200m halbwegs geradeaus und das Hauptziel der meisten Besucher. Der Weg ist aber nicht nur kurz, sondern auch extrem schmal. An der breitesten Stelle vielleicht 2,5m und an der schmalsten kaum 1,5m. Trotzdem ist es einer der beiden Hauptwege zwischen Rialtobrücke und Markusplatz. Dementsprechend drängen die Menschen hier durch.

Wahnsinn!

Markusplatz am Abend

Markusplatz am Abend

Den Markusplatz hat vermutlich jeder schon einmal auf Bildern gesehen: Die langen Arkaden, Der große Campanile, die Basilika mit ihren unglaublichen Marmorverzierungen und natürlich der Dogenpalast. Obwohl der Platz mit 180m x 80m ziemlich groß (für venezianische Verhältnisse geradezu riesig) ist, erdrückt einen doch die schiere Masse an Touristen. Also schnell die üblichen Beweisbilder gemacht und weiter geht es (Ich bin abends noch einmal wiedergekommen – immer noch viele Menschen, aber man hat endlich etwas mehr Platz).

Ich lasse mich durch Gassen über Brücken und Plätze in Richtung Accademia treiben. Schnell merke ich: Man kann die Kamera in eine beliebige Richtung halten und abdrücken – das Fotomotiv ist immer malerisch bis zum geht nicht mehr. Das werde ich in den nächsten vier Tagen auch extrem häufig machen. Tatsächlich habe ich 860 Aufnahmen gemacht und nur ganz wenige sind Ausschuss.

Campo San Moisè

Campo San Moisè

Calle Dose da Ponte

Calle Dose da Ponte

Canal Grande von der Ponte dell' Accademia

Canal Grande von der Ponte dell’ Accademia

Das frühe Aufstehen, die Anreise, das unglaubliche Gewusel in den Gassen und nicht zuletzt der Temperatursprung um 10 Grad fordern schnell ihren Tribut. Meine Kondition lässt zu wünschen übrig und ich beschließe, dass ich ich Venedig nicht gleich am ersten Tag komplett erkunden muss. Am Anleger Accademia nehme ich ohne großen Vorsatz das nächste Vaporetto. Es ist wieder die Nummer 1. Da ich gerade ganz bequem sitze, fahre ich bis zur Endhaltestelle Lido mit. Der Lido ist eine 12Km lange, schmale Insel, die die Lagune von der Adria trennt. Hier ist die Bebauung völlig anders. Der Hauptort hat sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts zu einem mondänen Badeort entwickelt. Hier geht es luftiger und ruhiger zu und ich bleibe bis zum frühen Abend am Strand sitzen, um auf die Adria zu gucken und mich auszuruhen.

Tag zwei fängt mit einem guten Frühstück an (holla!) und danach geht es gleich zum Arsenale um die Biennale anzusehen (davon berichte ich getrennt im Artikel “Venedig – Kunstbiennale 2017“). Nachdem ich Nachmittags das Ausstellungsgelände verlassen habe bin ich wiederum ziemlich geschafft und kann eine etwas längere Bootsfahrt gebrauchen. Ich beschließe, den Anleger an der kleinen Insel St. Pietro di Castello zu nehmen und lande in einer verschlafenen Ecke von Venedig. Keine Sehenswürdigkeiten, keine Touristen, dafür einige Einheimische. Schau an – das gibt es auch noch. Wie beruhigend!

Einfache Wohnhäuser in Castello

Einfache Wohnhäuser in Castello

Die Fahrt ging an der Nordseite Venedigs entlang. So konnte ich einen Blick auf die Friedhofsinsel San Michele werfen, mich davon überzeugen, dass es in dieser historischen Stadt ein sehr modernes Krankenhaus mit Hubschrauberlandeplatz und Notaufnahme (natürlich per Boot) gibt. Der Blick auf die Häuser des Stadtteils Cannaregio zeigt, dass auch dort “richtige Menschen” leben. Gut zu wissen, dass es sich trotz der Touristenmassen doch noch um eine richtige Stadt handelt.

Fondamenta Cannaregio

Fondamenta Cannaregio

Am Anleger Tre Archi steige ich aus und laufe in glühender Sonne den Fondamenta Cannaregio hinunter. Mein Ziel ist das jüdische Viertel. Hätte ich nicht vor einiger Zeit einen längeren Bericht über die Historie des Ghetto gesehen, wäre ich vermutlich achtlos vorbeigegangen. Beim ersten Laden an dessen Türrahmen mir ein kleiner, zylinderförmiger, schief angebrachter Behälter auffiel, bog ich in den nächsten torartigen Durchgang links ab.

Und schon war ich mittendrin im Calle Ghetto Vecchio zwischen koscheren Lebensmittelläden und Synagogen, die man nur erkennt, wenn man weiß wo sie sind.

Campo del Ghetto Nuovo

Campo del Ghetto Nuovo

Zudem befindet sich hier einer der schönsten Plätze Venedigs: Der Campo del Ghetto Nuovo. Er ist groß und lebendig. Kaum Touristen, dafür viele einheimische und spielende Kinder. Leider scheint es auch nötig zu sein, hier ein Häuschen hinzustellen, in dem mehrere bewaffnete Polizisten die friedliche Szene bewachen. Das ist bei uns in Berlin an Stellen, die für das jüdische Leben wichtig sind ja auch nicht anders. Aber irgendwie empfinde ich es als Schande, dass so etwas heutzutage in Europa nötig ist.

Abends bin ich dann noch etwas am Rialto und in San Marco umher gelaufen und habe bei einem leckeren Eis die Szenerie genossen.

Canal Grande von der Rialto Brücke aus gesehen

Canal Grande von der Rialto Brücke aus gesehen

Nächtlicher Blick auf San Giorgio Maggiore

Nächtlicher Blick auf San Giorgio Maggiore

Am nächsten Tag habe ich mich wiederum zur Biennale begeben (diesmal in den Giardini) und am Nachmittag den Stadtteil St. Elena angesehen. Keine expliziten Sehenswürdigkeiten, dafür wieder normale Einwohner, breitere Strassen und sogar ein Park. Dort hinten kann man es aushalten.

Wohnstrasse für richtige Menschen

Wohnstrasse für richtige Menschen

Am letzten Tag bin im Stadtteil Dorsoduro, südlich der Accademia gewesen. Noch recht touristisch – unter anderem ist dort die Peggy Guggenheim Collection und diverse andere Palazzi mit Kunst, aber es ist nicht ganz so überlaufen wie San Marco. Hier bin ich den (das, die?) Fondamente Zattere al Ponto Lungo entlagflaniert. Der Blick schweifte über das Wasser in Richtung des Stadtteils Guidecca. Dort hinüber kommt man wirklich nur noch mit dem Boot, weil es keine Brücke über die breite Fahrrinne zum Hafen von Venedig gibt.

Zurück zum Flughafen ging es dann direkt mit dem Boot über die Lagune. Sobald das Boot von Alilaguna aus den Kanälen der Stadt heraus und in der offenen Lagune war, hieß es Vollgas. Ein bisschen Wellen muss man da schon vertragen. Aber ehrlich – wie geil ist des denn, mit dem Boot direkt in den Flughafen zu fahren?

Bootsanleger am Flughafen

Bootsanleger am Flughafen

Leider war mein Besuch damit bereits wieder beendet. Der Rückflug war ordentlich verspätet und ich bekam auf Facebook den Rat, ein Boot mitzubringen, weil in Berlin gerade die Strassen wegen Dauerregen überschwemmt sind.

Ich sehe es lieber so: Einige Dinge, die mich interessieren, habe ich noch nicht gesehen und somit einen Grund noch einmal wiederzukommen. Zum Abschluss noch ein paar Gedanken, die ich während des Besuchs hatte:

 

Größe und Entfernungen

Größe, Entfernung und Zeit nimmt man in Venedig einfach komplett anders wahr, als in normalen Städten. Die Lagunenstadt misst ca. 4,5 Km in Ost/West und 2,7 Km in Nord/Süd Richtung. Aber die Gassen sind selbst für südeuropäische Verhältnisse unfassbar eng und verwinkelt. Gassen von kaum 1,5m Breite sind nicht ungewöhnlich. Zudem sind zwar überall Kanäle aber längst nicht überall Brücken, wo man sie braucht. Das führt zu Situationen, in denen man für eine Entfernung von ein paar Hundert Metern Luftline lieber in das Vaporetto steigt, anstatt sich durch das enge und mit Touristen überfüllte Labyrinth zu drücken.

Tourismus – Fluch und Segen

Tatsächlich wird die Stadt von der Menge der Touristen schier erdrückt: Es sollen ca. 30 Millionen pro Jahr sein. In einer Stadt, die nur ca. 60.000 Einwohner hat. Im Gegensatz zu Rom, das ebenfalls von etlichen Millionen Besuchern jährlich heimgesucht wird, hat Venedig (in der Lagune) kaum noch andere wirtschaftliche Funktion, außer dem Tourismus.

Andererseits wäre diese historisch bedeutende Stadt ohne die Besucher vermutlich schon weitgehend zerfallen und verlassen. Das Leben dort ist erheblich anstrengender und teurer als auf dem Festland. Das fängt mit der Ver- und Entsorgung an und endet beim aufwändigen Erhalt der historischen Bausubstanz noch lange nicht. Es gibt nur sehr wenige Läden für den normalen Einkauf. Jede Lieferung muss zunächst auf ein Boot umgeladen werden, dann eventuell noch mal auf den Handkarren und durch die Gassen und über die Brücken mit ihren Stufen geschoben werden. Egal ob es das Päckchen von Amazon ist, die Lieferung für den Supermarkt oder die Müllabfuhr. Das dauert, und ist aufwändige und schwere Handarbeit.

Lieferboot von DHL

Lieferboot von DHL

Venedig – Kunstbiennale 2017

In der letzten Juniwoche habe ich die schöne Stadt Venedig besucht. Das hatte einen Grund und einen Anlass.

Der Grund: Ich war noch nie dort und war neugierig auf die Besonderheit der Stadt.

Der Anlass: Die Kunstbiennale (L’Esposizione Internazionale d’Arte, La Biennale di Venezia).

In diesem Artikel geht es nur um letzteres. Ich hatte mir am Dienstagmorgen ein 48 Stunden Ticket gekauft. Das ist mit €30,- nur unwesentlich teurer als das Tagesticket zu €25,- und bequemer, da man ausreichend Zeit für beide Teile der Biennale hat. Dienstag habe ich die Ausstellung im Arsenale angesehen und am Mittwoch die Pavillons in den Giardini.

Arsenale

Teile des Geländes der ehemaligen Marinewerft und Flottenbasis der Venezianischen Republik werden seit 1999 für die Biennale genutzt. Der Ort hat neben seiner geschichtlichen Bedeutung jede Menge Charme.

Wassertor Ingresso di Terra des Arsenale

Wassertor Ingresso di Terra des Arsenale (erbaut 1574)

Meine Tour begann am Eingang in der Campiello Tana und führte zunächst durch die hohen und langen Hallen am südlichen Ende des Geländes. Bald hatte ich meine ersten Eindrücke zusammen:

  • Was ist das denn? Eine Öko-Textil-Schamanenausstellung? Halt die Axt!
  • Generell zu viel Wolle, zu viel zerschnittene Bücher, zuviel Video.
  • lives and works in Berlin” scheint eine wichtige Voraussetzung zur Teilnahme zu sein. Jedenfalls habe ich das gefühlt an jedem zweiten Werk über den jeweiligen Künstler gleich welcher Nationalität gelesen. Muss das so sein? Von den Berliner Künstlern, die ich kenne, war jedenfalls niemand dabei.
  • Der Ort ist trotzdem genial
Blick durch die Hallen am Südende des Arsenale

Hallen am Südende des Arsenale (Seilerei von 1443)

Schöne Deckenkonstruktion

Schöne Deckenkonstruktion

Zwischen den Gebäuden im Südosten des Geländes

Zwischen den Gebäuden im Südosten des Geländes

Ungefähr bis zur Mitte der Ausstellung war ich alles andere als begeistert von der Kunst. Ich sah dann allerdings doch noch Arbeiten, die mich richtig ansprachen:

Der türkische Beitrag von Cevdet Erek zeigte eine raumfüllende, begehbare Installation aus Gerüstteilen, Holzbohlen, Rampen und Maschendrahzäunen, auf deren höchstem Punkt aus einem Feld mehrerer Flachlautsprechen leise Geräusche und Sprachfetzen kommen. Die Wirkung ist beklemmend. Ein subtiler, aber sehr wirkungsvoller Hinweis auf die aktuelle Situation.

Der italienische Beitrag ist ebenfalls beklemmend, aber eher das Gegenteil von subtil. Man hat den Eindruck durch ein Biotechnologie Labor zu gehen, in dem Lebewesen hergestellt werden sollen. Die riesige Installation zeigt Tanks, Gussformen für Körper, Eine Anlage mit verschiedenen Brutzellen und eine Kryogene Anlage zum Einfrieren. Die Herstellung scheint aber nicht recht zu funktionieren, da überall defekte Körper und Teile von Körpern herumliegen.

Eine weitere Großinstallation belegte ebenfalls eine komplette Halle. Man ging in sehr schwachem Licht unter einer flachen, raumgroßen Gerüstinstallation hindurch um am Ende eine Treppe hinauf, die breit wie eine Tribüne ist. Von dort kann man auf das Gerüst von oben sehen. Jedoch alles was in dem beinahe dunklen Raum zu sehen ist, ist die Deckenkonstruktion und ihr Spiegelbild. Der Effekt ist verblüffend, weil das Gehirn den optischen Eindruck zunächst nicht mit dem erlebten Raum zusammenbringen kann.

Der Beitrag “Life in the folds” von Carlos Amorales aus Mexiko war ebenfalls spannend. Es läuft ein Film, der in einer Art Scherenschnitt-Puppenspiel eine düstere, märchenartige Geschichte erzählt – die einer Flucht. Der Film hat teilweise Untertitel. Diese sind aber nicht lesbar, da sie in einer Art moderner Keilschrift verfasst sind. Zu der Ausstellung kann man eine Zeitung mitnehmen, die ebenfalls in dieser Schrift gedruckt ist. Im Raum stehen Tische, auf denen diese Schriftzeichen als Keramikstücke herumliegen. An der Wand sind Grafiken und “Keilschrift-Noten” zu sehen. Alles ist in sterilem Schwarz/Weiß gehalten.

Arsenale Gaggiandre (1573)

Arsenale Gaggiandre (1573)

Den Abschluss des ersten Tages auf der Biennale war für mich dann ein Cappuccino im Giardini delle Vergini am Ende des Arsenale. Dort konnte ich der brennenden Sonne im Schatten der Bäume entgehen und entspannen.

 

Giardini

Vor 1999 wurde die Biennale ausschließlich in den Giardini ausgetragen. Den Gedanken, im Schatten von großen Bäumen zu wandeln, hatte bei 28 Grad und stechendem Sonnenschein etwas schönes. Das Ambiente in der Parkanlage, die in den Stadtteilen Castello und St. Elena liegt, unterscheidet sich erheblich von dem der Ausstellung im naheliegenden Arsenale.

Mitten zwischen den großen Bäumen stehen 28 feste Pavillions verschiedener Staaten. Diese sind in völlig unterschiedlichen Architekturstilen gehalten und stammen aus unterschiedliche Zeiten. Die ersten Pavillons wurden 1907 errichtet, der sehr schöne und schlichte Schweizer Pavillon stammt von 1952 und der extrem filigrane Skandinavische Pavillon aus dem Jahr 1962.

Eingang zu den Giardini

Eingang zu den Giardini

Viele Staaten, die keinen Pavillion auf dem Gelände erbaut haben, stellen in verschiedenen Räumlichkeiten im Stadtgebiet aus. So bin ich bereits am Montag Nachmittag bei einem ersten Stadtrundgang über die Ausstellung von Aserbaidschan am Campo Santo Stefano aufmerksam geworden.

Aserbaidschan "Pavillon"

Aserbaidschan “Pavillon” in der Stadt

Das ist verständlich, weil der Platz in den Giardini nun mal begrenzt ist, aber leider auch etwas undankbar. Man läuft als Biennale-Besucher vermutlich nicht auch noch die komplette Stadt ab, um jeden Länderbeitrag zu sehen. Und die zigtausend “normalen” Touristen wissen eventuell gar nicht, was das soll.

Aber zurück in die Gärten.

Biennale Zentralpavillon

Biennale Zentralpavillon

Wie bereits am Vortag fand ich die Architektur interessant, aber meine Begeisterung für die Kunst hielt sich in Grenzen. Gleich zu Beginn kam ich am Deutschen Pavillon vorbei und mich überkam sogar massives Unwohlsein.

Deutscher Pavillon

Deutscher Pavillon mit langer Warteschlange

Das Gebäude selbst wurde 1938 umgebaut – was man ihm deutlich ansieht. Als ob der Pavillon von Albert Speer persönlich verbrochen wäre (er war es tatsächlich nicht) steht auch noch “Germania” (wie die geplante Hauptstadt des “1000 jährigen Reiches”) über allem. Vorne pa­t­rouil­lie­ren zwei massive Dobermann Weibchen. Aus dem inneren dröhnen schwere, depressive Töne, gegen die Wagners Ritt der Walküren wie leichtfüßiger Samba wirkt.

Mein erster Eindruck: Nazi-Geisterbahn – bloß weg.

Jedoch – nachdem ich den Rest der Ausstellung gesehen hatte, verstand ich, weshalb der Beitrag von Anne Imhoff den Hauptpreis für den besten Beitrag gewonnen hat; Eben genau weil er so starke Gefühle auslöst.

Russischer Pavillon

Russischer Pavillon

Im russischen Pavillon aus dem Jahr 1914 wurden verschiedene Werke gezeigt, die sich ebenfalls mit der Vergangenheit und der Gegenwart des Landes befassen. Eine rundum Video-Projektion und eine Installation spielten mit der ruhmreichen(?) Vergangenheit der UDSSR. Ein weitere Beitrag war dafür im hier und jetzt. Menschliche Körper, die in weissen Kuben feststeckten symbolisieren die automatische Kategorieiserung, die Computer anhand von Social Media Profilen. Den kompletten Körper konnte man nur sehen, wenn man ein Tablet mit einer entsprechenden Augumented Reality-App davor hielt.

Der Pavillon von Griechenland wird mir schon deshalb in Erinnerung bleiben, weil er Zuflucht vor einem heftigen Gewitter bot, dass sich in dem extrem schwülen Klima am Mittwoch Nachmittag entlud. Deshalb bin ich auch leider nicht dazu gekommen, das Gebäude zu fotografieren.

Ich verbrachte eine gute dreiviertel Stunde in dem Gebäude. Das fiel umso leichter, weil es eine wirklich sehr gute Installation enthielt. Man geht eine Treppe nach oben und kann dort von einem Rundgang in ein dunkles Labyrinth sehen. Es sind in Abständen Monitore installiert, die die Vorbereitung eines offensichtlich wichtigen wissenschaftlichen Experimentes zeigen. Das Ambiente in den Filmen wirkt grau-bräunlich und erinnert im Stil an die späten 60er Jahre. Nach dem Rundgang geht es hinunter in das Labyrinth – das wohl die Durchführung des Experimentes selber symbolisieren soll. Hier kann man an einigen passende Soundschnipsel hören. Den Abschluss bildet eine Leinwand, auf der ein Komitee über den Ausgang des Experimentes berät. Offensichtlich hat es möglich gefährliche Nebenwirkungen gegeben und man diskutiert, wie damit umzugehen sei. An der Diskussion sind neben dem Professor und seinen Assistenten auch der Institutsleiter, der für die Finanzierung des Institutes und die von Charlotte Rampling gespielte graue Eminenz von außen (politisch?) beteiligt. Wenn man lange genug sitzenbleibt, bemerkt man, dass sich die Diskussion im Kreis dreht und nie aufhört.

Neben dem griechischen, dem russischen und dem deutschen Beitrag vor allem das Café im Gedächtnis. Als ich es betrat war ich spontan begeistert. Eine Einrichtung im konsequenten 80er Jahre Memphis-Stil, was zu einer Ausstellung über Ettore Sottsass passen würde, die gleichzeitig in Venedig stattfand. Später erfuhr ich dann, dass das Café von Tobias Rehberger zur Biennale 2009 gestaltet wurde und er von der Jury dafür mit einem goldenen Löwen als bester Künstler ausgezeichnet wurde.

 

80er Jahre Design Cafeteria

80er Jahre Design Cafeteria

 

Fazit

Dafür, dass die Biennale eine der wichtigsten Kunstausstellungen weltweit sein soll, fand ich sie in Gänze überraschend fade. Dennoch bereue ich den Besuch auf keinen Fall. Immerhin habe ich einige Werke gesehen, die ich interessant fand. Dass diese fast immer einen düsteren Aspekt hatten (sowohl in der Aussage als auch rein optisch) mag an mir liegen. Wäre ich ausschließlich für die Biennale nach Venedig gereist, dann wäre ich etwas enttäuscht. Das Gesamtpaket aus Venedig und der Biennale hat mich aber sehr angeregt und gefallen.

Warum nicht mal etwas Kunst machen?

Neulich bei einer Vernissage in der Toscanahalle in Berlin Weißensee wurde ich zufällig darauf aufmerksam, dass ich an einer der kommenden Kunstausstellungen teilnehmen sollte. Ich stand bereits auf der Teilnehmerliste.

Ähm – wie jetzt? Kunst? Ich?

Das letzte Mal, dass ich aktiv sowas wie Kunst gemacht habe war im letzten Jahrtausend kurz vor dem Abitur im Leistungkurs. Aber die Dame, die mich einfach so auf die Teilnehmerliste gesetzt hat (Susanne Knaack), hat sich schon etwas dabei gedacht. Für die Ausstellung mit dem Namen “COMPUTERBÖGEN” wurde jeder der Teilnehmer mit einem Schwung Tabellierpapier ausgestattet um sich damit thematisch auseinanderzusetzen.

 

Ausstellung Computerbögen

Ausstellung Computerbögen

Nun gut. 80er Jahre, Retro, irgendwas mit Computern – das passt natürlich zu mir. Also habe ich mich des Themas angenommen und ein Werk geschaffen.

Es hat etwas mit Papier, Code, 80er Jahre Computern, Musik und Wahrheit zu tun. Einen kleinen akustischen Teaser gibt es hier:

Wer findet, dass das interessant klingt, ist herzlich eingeladen, die Ausstellung vom 17.06.2017 bis zum 02.07.2017 in der Neumagener Str. 25 in Berlin Weißensee anzusehen.

 

Recap: code.talks commerce Berlin 2017

Eigentlich wollte ich ja diesmal gar nichts schreiben (*zwinker*), aber Lars Jankowfsky hat sich mit den aufmunternden Worten von mir verabschiedet “Du schreibst doch hoffentlich wieder etwas in Deinen Blog”. Na, dann will ich mich mal nicht so zieren… ;-)

Ich wollte nichts schreiben, weil ich in diesem Jahr nicht ganz bei der Sache war – wortwörtlich. Es war aus zeitlichen Gründen für mich bis zum Vorabend leider nicht ganz klar, ob ich überhaupt teilnehmen kann. Tatsächlich musste ich sowohl am Donnerstag, als auch Freitag für ein paar Stunden ins Büro. So habe ich leider nur zwei halbe Tage auf der Konferenz verbringen können.

Es hat sich trotzdem gelohnt.

Wie auch schon im letzten Jahr fand der auf eCommerce spezialisierte Ableger der großen Hamburger code.talks Konferenz im Kino in der Berliner Kulturbrauerei statt. Die angekündigten Themen lasen sich spannend. Mal abgesehen davon, dass ich ohnehin nur zwei halbe Tage zur Verfügung hatte, bestand hier wieder das Luxusproblem, dass stets mehrere interessante Vorträge parallel stattfanden. Die Vorträge, die ich sehen konnte waren durchwegs gut und informativ.

Kulturbrauerei Berlin

Unterhaltsam war der “Stellungskrieg” in der Paneldiskussion zur Entwicklung von eCommerce Plattformen zwischen Kelly Goetsch von Commercetools und Pierluigi Meloni von Oxid eSales pro und contra Microservices. Obwohl ich den Dialog (die anderen Teilnehmer gingen dagegen fast unter) ganz amüsant fand, halte ich ihn inhaltlich nicht für sonderlich nahrhaft. Bereits von den Vorträgen des letzten Jahres habe ich für mich mitgenommen, dass Microservices eine tolle Sache sind – falls man riesige und komplexe Shops (Kategorie Otto, Zalando, Amazon) und sehr große Teams hat die man anders nicht weiter skalieren kann. Am Ende des Tages verlagert man lediglich die Komplexität aus dem Monolithen in die Architektur und fängt sich eine Menge Synchronisationsprobleme ein. Für kleine und mittlere Shop ist das sicherlich nicht geeignet.

Reger Austausch am Abend

Ein richtiges Highlight war der Vortrag “Decrease your conversions – common ways to lock people out” von Stefan Judis. Er navigierte das Publikum durch ein Meer von Fehler, die man bei der Frontendentwicklung machen kann um Leser/Kunden zu verlieren. Angefangen bei dem unverständlicherweise sehr häufigen Fehler völlig fettleibiger mobiler Website (30MB für eine unnütze Startseite), die nicht nur langsam sind, sondern auch das teuer bezahlten Datenvolumen der Kunden in Rekordzeit aurauchen. Massgeblich sind hier neben dem Einsatz von Libraries vor allem nicht optimierte Bilder. Weiter ging es mit nicht mehr ganz so offensichtlichen Fehlern kleiner Schriften, zu geringem Kontrast und Farbwahl, die Farbenblinden die Benutzung unmöglich machen. Den letzten Teil nahmen Gestaltungshinweise ein, die die Nutzung von Seiten mit Screenreadern ermöglichen.

Weniger detailiert war der Vortrag “Learnings from building a marketing data pipeline using Hadoop, Spark, and Airflow” von Tamara Mendt (HelloFresh). Dafür bekam ich hier einen soliden Überblick über die Möglichkeit, Business Intelligence Infrastruktur aufzubauen. Ein Thema, in dem ich mich nicht auskenne, dessen Bedeutung aber sehr schnell steigt. Gerne hätte ich hier noch mehr gehört, aber das war leider schon der letzte Track am Freitag Nachmittag.

Vortrag zu Business Intelligence

Am wertvollsten waren für mich aber die Gespräche, die ich am Rande der Veranstaltungen und am Donnerstag Abend auf der After Party im Kesselhaus führen konnte. Ich möchte mich an der Stelle bei meinen Gesprächspartnern bedanken (in willkürlicher Reihenfolge: Norbert, Sascha, Markus, Alexander, Thomas, Joscha, Jeremy, Lars, das Team von Spryker u.a.).

Gerne nächstes Jahr wieder.

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